Lemma von Zorn

Das Lemma von Zorn, auch bekannt als Lemma von Kuratowski-Zorn oder Zornsches Lemma, ist ein Theorem der Mengenlehre, genauer gesagt, der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre, die das Auswahlaxiom einbezieht. Es ist benannt nach dem deutsch-amerikanischen Mathematiker Max Zorn, der es 1933 entdeckte (unabhängig von der Entdeckung durch Kazimierz Kuratowski 1922), und verwandt mit Hausdorffs Maximalkettensatz von 1914.

Die Zuschreibung an Zorn erfolgte schon in der Ausgabe der Mengenlehre von Nicolas Bourbaki (als Theorem von Zorn, verfasst von Claude Chevalley, der Zorn aus seiner Zeit bei Emil Artin in Hamburg Anfang der 1930er Jahre kannte) von 1939, die Bezeichnung Lemma erfolgte in einer Veröffentlichung von John W. Tukey (1940). Es gab noch verschiedene andere Autoren (neben den erwähnten Hausdorff und Kuratowski), die Maximum-Prinzipien veröffentlichten, die aus dem Auswahlaxiom oder dem Wohlordnungssatz folgten (wie Salomon Bochner 1928, R. L. Moore 1932). Zorn vermutete aber zuerst (in seiner Arbeit von 1935), dass Auswahlaxiom, Wohlordnungssatz und Zornsches Lemma (das er Maximum-Prinzip nannte) äquivalent sind und kündigte einen Beweis in einer Folgearbeit an, die nie erschien.

Aussage

Das Lemma von Zorn besagt:

Eine halbgeordnete Menge, in der jede Kette eine obere Schranke hat, enthält mindestens ein maximales Element.

Erläuterung:

Bemerkungen:

Das Besondere am Lemma von Zorn ist also, dass man aus verhältnismäßig schwachen Aussagen über sehr spezielle Teilmengen T von P zu einer recht starken Aussage über die Menge P selbst kommt.

Verwendung

Wie auch der Wohlordnungssatz ist Zorns Lemma äquivalent zum Auswahlaxiom, d.h. man kann mit einem dieser drei Sätze zusammen mit der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre die beiden anderen beweisen. Zorns Lemma wird in vielen wichtigen Beweisen benutzt, zum Beispiel für

Ein Beispiel der Anwendung

Wir beweisen als typische Anwendung des Lemmas von Zorn, dass jeder Ring mit 1, der nicht der Nullring ist, ein maximales Ideal hat. Die Menge P besteht hier aus allen (beidseitigen) Idealen in R, die die 1 nicht enthalten. Diese Menge ist nicht leer (sie enthält das Nullideal, da 0\neq 1 vorausgesetzt ist) und bezüglich der Mengeninklusion halbgeordnet. Wenn wir ein maximales Element dieser Menge finden können, dann sind wir fertig, denn das ist ein echt in R enthaltenes Ideal und jedes größere Ideal liegt nicht in P, enthält also die 1 und damit als Ideal auch jedes Element r=r1 von R, d.h. es gibt kein größeres echt in R enthaltenes Ideal.

Um Zorns Lemma anwenden zu können, nehmen wir eine nichtleere totalgeordnete Teilmenge T von P und müssen zeigen, dass sie eine obere Schranke hat, also ein Ideal I in R existiert, das alle Ideale in T enthält, aber ungleich R ist (sonst wäre es nicht in P). Wir wählen I als die Vereinigung aller Elemente von T. Dann ist I nicht leer, denn T enthält mindestens ein Ideal als Element, das wiederum in I als Teilmenge enthalten ist. I ist ein Ideal, denn sind a und b Elemente von I, dann gibt es Ideale J,K in T, so dass a in J und b in K liegt. Da T totalgeordnet ist, liegt eins der beiden Ideale im anderen, wir können ohne Einschränkung annehmen, dass J in K enthalten ist. Dann sind a und b beide in K, also liegen a+b und für jedes r in R auch ra und ar in K und damit in I. Somit ist also I tatsächlich ein Ideal von R. Da keines der in T liegenden Ideale die 1 enthält, enthält auch I die 1 nicht, also liegt I in P. Somit ist I eine in P liegende obere Schranke von T.

Da die Voraussetzungen für Zorns Lemma erfüllt sind, erhalten wir die Existenz eines maximalen Elements in P, und das ist ein maximales Ideal von R.

Dieser Beweis benötigt die Voraussetzung, dass der Ring eine 1 hat. Ohne das wäre er nicht durchführbar und tatsächlich wäre die Behauptung falsch. Ein Beispiel für einen Ring ohne maximales Ideal (und ohne 1) ist \mathbb {Q} mit der Multiplikation ab=0 für alle a,b. Ideale sind in diesem Ring identisch mit (additiven) Untergruppen und für jede echte Untergruppe A ist die Faktorgruppe \mathbb{Q} /A ebenso wie die Ausgangsgruppe teilbar, folglich nicht endlich erzeugt, hat dadurch eine nicht-triviale echte (z.B. zyklische) Untergruppe, und diese liefert als Urbild ein A enthaltendes, echtes Ideal.

Äquivalenz von Auswahlaxiom und Lemma von Zorn

Zuletzt skizzieren wir noch die Äquivalenz zwischen dem Lemma von Zorn und dem Auswahlaxiom.

Folgerung von Zorns Lemma aus dem Auswahlaxiom

Angenommen, das Lemma wäre falsch. Dann gäbe es eine halbgeordnete Menge P, in der jede total geordnete Teilmenge eine obere Schranke hätte, aber trotzdem jedes Element ein echt größeres hätte (es gäbe kein maximales Element in P). Für jede total geordnete Teilmenge T definieren wir nun ein Element b(T), das größer ist als jedes Element in T, indem wir eine obere Schranke von T nehmen und b(T) auf ein Element setzen, das noch größer ist als diese Schranke. Um b hierdurch als Funktion definieren zu können, benötigen wir das Auswahlaxiom (denn wir sagen nicht, welche obere Schranke und welches größere Element wir nehmen).

Mit dieser Funktion b bestimmen wir dann Elemente a_{0}<a_{1}<a_{2}<a_{3}<\dotsb \, in P. Diese Folge wird wirklich lang: Die Indizes sind nicht nur alle natürlichen Zahlen, sondern alle Ordinalzahlen. Diese Folge ist zu lang für die Menge P, denn es gibt mehr Ordinalzahlen, als Elemente in irgendeiner Menge enthalten sein können, und so erhalten wir einen Widerspruch.

Die a_{v} definieren wir durch transfinite Induktion: Für jede Ordinalzahl v setzen wir

a_{v}:=b(\lbrace a_{w}|w<v\rbrace ).

Das geht, da die a_{w} durch diese Konstruktion total geordnet sind.

Folgerung des Auswahlaxioms aus Zorns Lemma

Sei M eine beliebige Menge nichtleerer Mengen. Dann müsste es eine Auswahlfunktion f geben, d. h. eine Funktion, die jeder Menge X\in M ein Element von X zuordnet (es gilt also f(X)\in X für alle X\in M).

Nun betrachtet man jene Funktionen, welche eine Auswahlfunktion einer (endlichen) Teilmenge von M sind. Die Menge F dieser partiellen Auswahlfunktionen ist halbgeordnet:

Für f,g\in F gilt f<g genau dann, wenn f und g auf dem Definitionsbereich von f gleich sind und dieser echt im Definitionsbereich von g enthalten ist.

Durch diese Halbordnung entstehen auch Ketten in F. Vereinigt man alle Definitionsbereiche der Funktionen in einer Kette T, so kann man eine Funktion s auf dieser Vereinigung konstruieren mit s(X)=f(X) für ein beliebiges f\in T, das auf X definiert ist. Dieses s ist eine obere Schranke von T, also hat F nach Zorns Lemma mindestens ein maximales Element m.

Wäre m auf einem X\in M nicht definiert, so ließe sich ein m' konstruieren, das die Eigenschaften von m hat und gleichzeitig X auf ein beliebiges Element von X abbildet. Dann wäre aber m nicht maximal, ein Widerspruch.

Also muss m auf ganz M definiert sein und ist damit eine Auswahlfunktion von M.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 05.08. 2022