Archimedisches Axiom

Veranschaulichung des archimedischen Axioms: Egal wie klein die Strecke A ist, wenn man diese Strecke nur hinreichend oft aneinander legt, wird die Gesamtlänge größer als bei der Strecke B

Das sogenannte archimedische Axiom ist nach dem antiken Mathematiker Archimedes benannt, es ist aber älter und wurde schon von Eudoxos von Knidos in seiner Größenlehre formuliert. In moderner Präzisierung lautet es folgendermaßen:

Zu je zwei Größen y>x>0 existiert eine natürliche Zahl n\in \mathbb {N} mit nx>y.

Geometrisch lässt sich das Axiom derart interpretieren: Hat man zwei Strecken auf einer Geraden, so kann man die größere von beiden übertreffen, wenn man die kleinere nur oft genug abträgt.

Eine (an)geordnete Gruppe oder ein (an)geordneter Körper, in welchem das Archimedische Axiom gilt, heißt archimedisch (an)geordnet.

Für den Körper \mathbb {R} der reellen Zahlen wird es manchmal axiomatisch eingeführt. Man kann allerdings mit den Axiomen eines geordneten Körpers und dem Supremumsaxiom (Jede nach oben beschränkte Teilmenge des Körpers besitzt ein Supremum) beweisen, dass die reellen Zahlen archimedisch geordnet sind.

Das Archimedische Axiom besagt folgendes:
Egal welche Zahlen x und y ich nehme, solange sie positiv sind, kann ich immer ein n finden, sodass ny größer ist als x, egal wie groß x ist. Daraus folgt, dass es für jede Zahl eine Größere gibt.

Beweis aus dem Supremumsaxiom für einen geordneten Körper

Es sei x>0.

Behauptung: Für jedes y>x gibt es eine natürliche Zahl n, so dass nx>y gilt.

Gegenannahme: Es gibt ein y>x, so dass nx\leq y für alle natürlichen Zahlen n.

Aus der Gegenannahme folgt, dass y für alle natürlichen Zahlen n eine obere Schranke für nx ist. Mit dem Supremumsaxiom folgt daraus die Existenz einer kleinsten oberen Schranke y_{0}. Gilt aber nx\leq y_{0} für alle natürlichen Zahlen n, so gilt auch \left(n+1\right)x\leq y_{0} und somit auch nx\leq y_{0}-x für alle natürlichen Zahlen n. Dann ist aber auch y_{0}-x eine obere Schranke für nx. Wegen y_{0}-x<y_{0}, ist also y_{0} keine kleinste obere Schranke, was im Widerspruch zur Definition von y_{0} steht. Somit muss die Gegenannahme falsch sein und die Behauptung ist bewiesen.

Folgerungen aus dem archimedischen Axiom

Zu jeder Zahl x\in\mathbb{R} gibt es n_{1},n_{2}\in {\mathbb  {N}}, so dass n_{1}>x und -n_{2}<x. Daraus folgt: Zu jedem x\in\mathbb{R} gibt es eine eindeutig bestimmte Zahl n\in \mathbb {Z} mit

n\leq x<n+1.

Dabei wird n mit \lfloor x\rfloor oder \operatorname {floor} (x) bezeichnet. Ebenso existiert eine eindeutig bestimmte Zahl m\in {\mathbb  {Z}} mit

m-1<x\leq m

welche mit \lceil x\rceil oder \operatorname {ceil} (x) bezeichnet wird. Damit gilt auch: für alle \varepsilon >0 existiert ein n\in \mathbb {N} mit n>1/\varepsilon und daher umgekehrt 1/n<\varepsilon . In der Analysis ist dieser Zusammenhang nützlich, um beispielsweise die konvergieren oder Divergenz von Folgen nachzuweisen.

Weiterhin folgt aus dem archimedischen Axiom, dass es für zwei reelle Zahlen a,b\in {\mathbb  {R}},a<b immer eine rationale Zahl q\in {\mathbb  {Q}} mit a<q<b gibt und dass die Menge der natürlichen Zahlen im Körper \mathbb {R} nicht nach oben beschränkt ist.

Archimedisch geordnete Gruppen

Eine geordnete Gruppe ist ein Gruppe mit einer (hier additiv geschrieben) Verknüpfung + und einer mit der Gruppenstruktur verträglichen Ordnungsstruktur \leq .

Für die Ordnungsstruktur gelten die beiden Axiome:

Für alle x\in G gilt x\leq x, das heißt \leq  ist reflexiv.
Aus x\le y und y\leq z folgt x\leq z für alle x,y,z\in G, das heißt \leq  ist transitiv.

Dazu kommt noch das Axiom der Gruppenverträglichkeit:

Aus x\leq y folgt {\displaystyle x+z\leq y+z} für alle x,y,z\in G.

Eine geordnete Gruppe ist archimedisch geordnet, wenn gilt:

Zu je zwei Elementen x und y der Gruppe mit y>x>0 existiert eine natürliche Zahl n\in \mathbb {N}  mit nx>y.

Satz von Hölder

Jede archimedisch geordnete Gruppe G ist kommutativ und isomorph zu einer additiv geordneten Untergruppe von \mathbb {R} .

Dabei ist für ein e\in G mit e > 0 und additiv geschriebener Gruppenverknüpfung die Abbildung

{\displaystyle x\mapsto r=\sup \,\left\{{\frac {z}{n}}\mid z\in \mathbb {Z} ,n\in \mathbb {N} ,z\cdot e<n\cdot x\right\}}

ein Isomorphismus von G in eine additive geordnete Untergruppe von \mathbb {R} , wobei {\displaystyle n\cdot x=\underbrace {x+x+\dotsb +x} _{n{\text{-mal}}}} für x\in G und n\in N und z\cdot e=-z\cdot (-e) für z\in Z und z<0.

Das Element e kann dabei als Einheit verwendet werden, mit dem jedes Gruppenelement x „gemessen“ werden kann. Das bedeutet: Für jedes Element x der Gruppe existiert ein r so, dass x=r\cdot e(r\in \mathbb{R} ).

Beispiel: Die Intervalle in der Musiktheorie bilden eine archimedisch geordnete kommutative Gruppe und können alle mit der Einheit Oktave oder Cent gemessen werden.

Klassifizierung: Entweder ist eine archimedisch geordnete Gruppe G von der Form G = {0} oder G = {…, −3a, −2a, −a, 0, a, 2a, 3a, …} (isomorph zu der additiven Gruppe der ganzen Zahlen) oder es gibt kein kleinstes Element, was im Folgenden präzisiert wird.

Zu jedem Element a>0 gibt es ein b mit {\displaystyle 0<2b<a}. (Gibt es nämlich kein minimales positives a, dann gibt es zu jedem a>0 sicher ein c mit {\displaystyle 0<c<a}. Falls {\displaystyle 2c<a} kann man b = c wählen. Falls {\displaystyle 2c=a} gibt es ein b mit {\displaystyle 0<2b<2c=a} und falls {\displaystyle 2c>a} gilt für {\displaystyle b=a-c} die Ungleichung {\displaystyle 0<2b=2a-2c<2a-a=a}.)

Nichtarchimedisch angeordnete Körper

Ein Beispiel für einen angeordneten Körper, in dem das Axiom des Archimedes nicht gilt, ist der in der Nichtstandardanalysis studierte Körper der hyperreellen Zahlen.

Ein einfacheres Beispiel besteht aus den rationalen Funktionen R(x) über dem rationalen (oder dem reellen) Zahlenkörper, die so geordnet werden, dass x größer ist als alle Zahlen (das geht auf eindeutige Weise).

Historisches

Euklid gibt in den Elementen in Buch 3 Proposition 16 ein explizites Beispiel für Größen, die das archimedische Axiom nicht erfüllen, sogenannte hornförmige Winkel, die von sich berührenden gekrümmten Kurven gebildet werden, in Euklids Beispiel von einem Kreis und seiner Tangente. Sie tauchen nur an dieser Stelle in den Elementen auf.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 17.09. 2021