Anatomische Lage- und Richtungsbezeichnungen

Die anatomischen Ebenen

Die Lage- und Richtungsbezeichnungen des Körpers der meisten Gewebetiere (inklusive des Menschen) dienen in der Anatomie zur Beschreibung der Position (situs), der Lage (versio) und des Verlaufs einzelner Strukturen. Zum Teil sind diese Termini auch Bestandteil anatomischer Namen. Während sich die standardsprachlichen Lagebezeichnungen wie „oben“ oder „unten“ je nach Körperposition ändern können, sind die anatomischen Lagebezeichnungen eindeutig, denn sie sind relativ zum Körper und damit unabhängig von seiner Position.

Bis auf die Schwämme und die radiärsymmetrischen Hohltiere (Coelenterata, Radiata) gehören alle vielzelligen Tiere (95 Prozent) zu den Bilateria (Bilateralia, „Zweiseitentiere“), die aufgrund ihrer bilateralen Körpersymmetrie (Ausnahme Stachelhäuter: Pentamerie) so genannt werden. Bilateralsymmetrisch ist ein Körper, wenn er sich entlang der Medianebene (Spiegelebene, Symmetrieebene) in zwei äußerlich gleiche spiegelbildliche Hälften teilen lässt. Anders als bei radiärsymmetrischen Gewebetieren, durch die sich viele Symmetrieebenen legen lassen (Polysymmetrie), haben die Bilateria eine eindeutige Symmetrieebene in Körperlängsrichtung (Monosymmetrie), anhand der sich verschiedene Ebenen und Richtungen definieren lassen.

In übertragener Weise werden diese Begriffe auch auf manche Einzeller, insbesondere Geißeltierchen wie etwa Dinoflagellaten angewendet. Ein Beispiel findet sich bei Lee et al. (2019).

Manchmal ist der Rückgriff auf die anatomische Grundposition nötig. Beim Menschen ist diese wie folgt definiert: aufrechter Stand, die Augen geradeaus, die Hände supiniert (Handflächen nach vorn); die Füße stehen parallel.

Von hinten
von vorne

 

Allgemein

Anatomische Hauptrichtungen am Beispiel des Menschen
Anatomische Hauptrichtungen am Beispiel des Pferdes
Weitere anatomische Richtungen am Beispiel des Hundes

Anatomische Hauptrichtungen

   In Bezug auf die Medianebene (Spiegelebene der Körpersymmetrie) unterscheidet man:

Weitere allgemeine Lage- und Richtungsbezeichnungen

  • antapikal an der Spitze von vorne,
  • subapikal (direkt) hinter der Spitze befindlich,

*  Diese Bezeichnungen können kombiniert werden, um präzisere Angaben machen oder intermediäre Positionen angeben zu können, indem die ursprüngliche Endung „-al“ beim ersten Wortbestandteil durch ein Fügungs-„o“ ersetzt wird, z.B. kraniodorsal: kopfwärts-rückenseitig; ventrolateral: halb seitlich, halb bauchseitig; posterolateral: seitlich hinten. Achsenorientierungen, relative Streckenlängen und Richtungsverläufe können durch Komposita aus gegensätzlichen Adjektiven angegeben werden, z.B. apikobasal: von der Basis bis zur Spitze; lateromedial: quer zur Medianebene orientiert.

Lage- und Richtungsbezeichnungen am Rumpf

Neben den üblichen Bezeichnungen für die Hauptrichtungen verwendet man in der Humananatomie im Bereich des Rumpfes häufig die Begriffe

Obige Begriffe sind in der Tieranatomie ausschließlich am Kopf erlaubt.

In Bezug auf die Wirbelsäule:

In Bezug auf das Brustbein:

Lage- und Richtungsbezeichnungen am Kopf

Bezugsrichtungen der ana­tomi­schen Attribute rostral und kaudal (okzipital) bei einem menschlichen Schädel, Hinterhauptsbein (Os occipitale) grün hervorgehoben. Man beachte, dass die „Rostro-Occipital-Achse“ beim Schädel des Menschen um ca. 90° gebogen ist, während sie bei nahezu allen anderen Wirbeltieren gestreckt ist.

Am Kopf ist die Bezeichnung kranial nicht sinnvoll. Für an der Vorderseite des Schädels gelegene oder zur Vorderseite bzw. zum vorderen Ende des Schädels hin orientierte Strukturen verwendet man daher die Begriffe:

  • adoral: am Mund
  • postoral: hinter der Mundöffnung

Für hinten liegende Strukturen verwendet man auch den Begriff:

Statt lateral und medial verwendet man am Kopf, insbesondere am Auge, auch die Begriffe:

Lage- und Richtungsbezeichnungen an den Gliedmaßen

Während bis zur Hand- bzw. Fußwurzel noch die gleichen Bezeichnungen wie am Rumpf gelten, verwendet man an der Hand bzw. am Fuß:

Durch die mögliche Rotation des Unterarms und des Unterschenkels sind die Bezeichnungen medial und lateral nicht eindeutig definiert. Daher sagt man normalerweise beim Unterarm

und in gleicher Weise beim Unterschenkel

Lage- und Richtungsbezeichnungen bei Körperhöhlen

In den Körperhöhlen verwendet man zusätzlich die Begriffe:

Adjektivbildungen zu weiteren Körperteilen

Zu praktisch allen Körperteilen und Organen können Adjektive gebildet werden, um die Zugehörigkeit zu bezeichnen. Dazu wird der lateinische Wortstamm in der Regel mit der Endsilbe -al versehen, zum Beispiel

Mit Präfixen wie sub (unter) und supra (über) können Positionen relativ zu dem Körperteil oder Organ angegeben werden, zum Beispiel


** Diese Bezeichnungen können kombiniert werden, indem die ursprüngliche Endung „-al“ beim ersten Wortbestandteil durch ein Fügungs-„o“ ersetzt wird, z.B. anogenital: sowohl den After als auch die Geschlechtsorgane betreffend.

Lage- und Richtungsbezeichnungen an den Zähnen

Bei den Zähnen sind sonst übliche Bezeichnungen wie medial („zur Mitte“) wegen der Krümmung des Zahnbogens nicht brauchbar. Stattdessen werden andere Bezeichnungen wie mesial verwendet. Die Bezeichnung distal hat beim Gebiss eine spezifische Bedeutung.

Die einzelnen Zähne selbst werden mit dem Zahnschema bezeichnet, wobei heute fast ausschließlich das EDV-gerechte FDI-Schema gebräuchlich ist.

Bezeichnungen am Beispiel der Zähne 16 und 21 (Oberkiefer von unten gesehen)

Flächen der Zahnkrone

Entlang des Zahnbogens

Äußere Fläche (Vorhof- oder Vestibulärfläche)

Innere Fläche (Lingual- oder Zungenfläche)

Kaufläche (Okklusionsfläche)


***  Diese Bezeichnungen können kombiniert werden, um präzisere Angaben machen oder intermediäre Positionen angeben zu können, indem die ursprüngliche Endung „-al“ beim ersten Wortbestandteil durch ein Fügungs-„o“ ersetzt wird, z.B. mesiobukkal: halb vorne, halb wangenseitig.
§ Achtung! In der Neurologie bezieht sich vestibulär auf das Gleichgewichtsorgan! In der Zoologie werden statt vestibulär zumeist die Ausdrücke labial und buccal synonym verwendet, ohne Rücksicht darauf, ob das Tier die überwiegend nur für Säugetiere typischen Backen hat oder sich bis zum Ende der Zahnreihen ziehende Lippen.

Krone, Hals, Wurzel und Pulpa

Kieferknochen und Zahnfleisch

Sonstige Lage- und Richtungsbezeichnungen

Körperebenen

Beispiele für Körperebenen aus jeweils einer der drei Haupt­scharen. Die rot darge­stellte Sagittal­ebene ist zugleich auch die Medianebene

Es gibt drei Hauptscharen von Körperebenen: Transversalebenen, Frontalebenen und Sagittalebenen. Die mittlere Sagittalebene ist die Medianebene. Entsprechend unterscheidet man die Richtungen:

In der Bildgebung des Kopfes werden Schnitte entlang dieser Körperebenen wie folgt benannt:

Verlaufsbezeichnungen

Literatur

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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 06.03. 2024