Fremdarbeiter bei Zeiss Jena
Vorspann
Der Begriff „Fremdarbeiter" meint ausländische Zivilarbeiter. Ostarbeiter war in der Zeit des Zweiten Weltkrieges die offizielle Bezeichnung für Arbeitskräfte nichtdeutscher Volkszugehörigkeit,
die im Reichskommissariat Ukraine,
im Generalkommissariat Weißruthenien[Weißrussland] oder in Gebieten, die östlich an diese Gebiete und an die früheren Freistaaten Lettland und
Estland angrenzten,
erfasst wurden und für Nazideutschland arbeiteten.
„Westarbeiter"
nannte man Zivilarbeiter aus West- und Nordwesteuropa, d.h. Belgier,
Holländer, Franzosen, Luxemburger, Schweizer oder Skandinavier.
Der
Begriff „Zwangsarbeiter" fand in den Quellen während des Krieges keine Anwendung. Von Zwangsarbeitern im Sinne von freiwilligen oder
zwangsverpflichteten ausländischen Zivilarbeitern sprach man erst
nach dem Zweiten Weltkrieg z.B. in den Protokollen der Nürnberger Prozesse von November 1945 bis Oktober 1946.
Allgemein spielten ausländische Zivilarbeiter und Kriegsgefangene in den Industriebereichen solange keine nennenswerte Rolle, als das Hitler-Regime während der Blitzkriegsphase darauf hoffen konnte, sich aus den Eroberungen zu sanieren und die dortigen industriellen und sonstigen Kapazitäten zu nutzen, gleichzeitig jedoch die heimgekehrten deutschen Soldaten wieder in jenen Werken einzusetzen, denen sie entstammten. Dieses Bild änderte sich jedoch im Herbst 1941 dramatisch, als deutlich wurde, dass Deutschland einen aufreibenden und womöglich recht langen Mehrfrontenkrieg bis zum „Endsieg" würde führen und dafür zusätzliche eigene Kräfte mobilisieren müsse.
Es gab wohl kein rüstungswichtiges industrielles Großunternehmen im Deutschen Reich, das teilweise vor, jedenfalls aber während des Zweiten Weltkrieges nicht Fremdarbeiter und/oder Zwangsarbeiter und/oder KZ-Häftlinge in seinen Kernbetrieben oder Ablegern beschäftigte. Zu diesen Unternehmen gehörte auch das Stiftungsunternehmen Zeiss mit seinen zahlreichen Beteiligungs- und Tochterfirmen in Jena, Dresden, Stuttgart, Berlin usw.
Lage bei Zeiss
Der Stiftungskonzern bestand bei Kriegsbeginn 1939 aus mindestens 14 inländischen und vier ausländischen Werken.
(vergl.: Struktur 1943)
Im Erfassungsbereich des Einwohner-Meldeamts Jena arbeiteten zwischen 1940 und 1945 15.259 ausländische Staatsangehörige
aus 26 Nationen in einer Vielzahl von Einrichtungen, davon 8.081
bei Carl Zeiss Jena und 5.502 bei Schott & Genossen.
Nach den Unterlagen der Firma Zeiss waren im Stammwerk Jena des Stiftungskonzerns während des Krieges insgesamt 8.090
Ausländer (Zivile und Kriegsgefangene) beschäftigt, also eine Zahl,
die der genannten sehr nahe kommt.
(vergl.: BACZ 12559 Zusammenstellung der bei uns während des Krieges beschäftigten Ausländer(Zivil und Kriegsgefangene)
mit Ausnahme der Oesterreicher und Japaner)
Im Einzelnen waren es
2.558 (28,9 Prozent) Belgier, 1.716 (21,2 Prozent) Franzosen, 1.505 (18,6
Prozent) Russen, 780 (9,6 Prozent) Holländer und 598 (7,4 Prozent) Italiener. Weitere größere Gruppen stammten aus dem Protektorat Böhmen und Mähren,
Kroatien, Polen, Serbien und Lettland. Die meisten
Fremdarbeiter bei Zeiss Jena stammten somit aus dem Westen. (R. Walter Zeiss Bd. 2 S. 268)
Mit Schreiben vom 10.08. 1942 (BACZ 13855) waren für den Standort Jena geplant:
Lager II | Lichtenhain | gef. Franzosen | |
Lager IIIa | Südwerk | Holländer (m) | 2 Baracken |
Speise-Baracke | Südwerk | ||
Lager IV | Talstraße | Ost-Arbeiterinen | 6 Baracken |
Lager V | Löbstedter Straße Am Schlifter |
gef. Russen | 2 Baracken |
Lager VI | Wöllnitzer Straße | (Maidenlager) | 3 Baracken |
lager VII | Oberaue | Ostarbeiter | 9 Baracken |
Die Baracken waren für die Unterbringung von jeweils 108 bis 200 Personen vorgesehen.


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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 22.05. 2015