Wernher Magnus Maximilian Freiherr von Braun

deutscher und später US-amerikanischer Raketeningenieur

geboren: 23. März 1912 in Wirsitz, Provinz Posen, Deutsches Reich
gestorben: 16. Juni 1977 in Alexandria, Virginia, USA

8. Juli 1943 Ernennung zum Professor
29. Oktober 1944 Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern
1959 Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
insgesamt 25 Ehrendoktortitel

Wernher von Braun interessierte sich schon als Kind für Musik und Naturwissenschaften. Mit 13 Jahren experimentierte er im Berliner Tiergarten mit Feuerwerksraketen. Als er das Buch Die Rakete zu den Planetenräumen von Hermann Oberth in die Hände bekam, erlangten die Utopien, die er aus den Abenteuerromanen von Jules Verne und Kurd Laßwitz aufgenommen hatte, für ihn etwas Reales. Um das fachwissenschaftliche Buch verstehen zu können, strengte er sich an, seine bis dahin mäßigen Leistungen in Mathematik zu verbessern. Inspiriert wurde er ebenfalls durch das Buch Das Problem der Befahrung des Weltraums des slowenischen Astronomen und Astrophysikers Herman Potočnik.

Er besuchte bis 1925 das Französische Gymnasium Berlin und wohnte anschließend im Internat der Hermann-Lietz-Schule auf Schloss Ettersburg bei Weimar. Ab 1928 besuchte er die gerade gegründete Hermann Lietz-Schule Spiekeroog. Aufgrund guter Leistungen konnte er dort vorzeitig mit 18 Jahren im April 1930 die Abiturprüfung ablegen.

Von Braun studierte ab 1930 an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg und im ersten Halbjahr 1931 für ein Semester an der ETH Zürich. Im November 1932 legte er seine Prüfung zum Vordiplom im Fach Maschinenbau an der TH Berlin ab. Danach wechselte er das Studienfach und immatrikulierte zum 30. November an der Universität Berlin im Fach Physik.

Am 1. Dezember 1932 trat er, auf Initiative des Abteilungsleiters der Abteilung 1 des Heereswaffenamts Prüfwesen, Ernst Ritter von Horstig, als Zivilangestellter in das Raketenprogramm des Heereswaffenamtes ein.
Im selben Jahr wurde er in den Vorstand des Vereins für Raumschiffahrt gewählt. Seine Experimente führte er auf dem Gelände der Heeresversuchsanstalt Kummersdorf etwa 30 Kilometer südlich von Berlin durch. 1934 wurde er an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin zum Dr. phil. mit einer Arbeit über „Konstruktive, theoretische und experimentelle Beiträge zu dem Problem der Flüssigkeitsrakete“ promoviert.
Im selben Jahr 1934 erreichte das von von Braun konzipierte Aggregat 2, gestartet von der Nordseeinsel Borkum aus, eine Höhe von 2200 Metern. In den Jahren 1935–1937 entwickelte von Braun in enger Zusammenarbeit mit dem Team Ernst Heinkels und dem Testpiloten Erich Warsitz ein Raketentriebwerk, das zuerst in Kummersdorf und später in Neuhardenberg an einem Flugzeug, einer Heinkel He 112, erprobt wurde.

Ab 1937 war von Braun technischer Direktor der neuen Heeresversuchsanstalt Peenemünde (HVP). Hier leitete er unter anderem die Entwicklung des Aggregats 4, kurz A4 genannt, der ersten Großrakete mit Flüssigtreibstoff.
Am 12. November 1937 beantragte Wernher von Braun seine Aufnahme in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, in die er am 1. Dezember 1938 aufgenommen wurde (Mitgliedsnummer 5.738.692).
Am 1. Mai 1940 wurde Wernher von Braun Mitglied der Allgemeinen SS, wo er die SS-Nummer 185.068 erhielt. Seine Beförderung zum SS-Sturmbannführer erhielt er am 28. Juni 1943.
Die zum 1. Oktober 1944 herausgegebene Dienstaltersliste der SS (SS-Obersturmbannführer und SS-Sturmbannführer) führt ihn unter der lfd. Nr. 3.230, wo er im Stab des Oberabschnitts Ostsee geführt wurde.

Karriere in der Zeit des Nationalsozialismus

A4-Rakete auf dem Gelände der HVA Peenemünde, März 1942

Ende 1935 wurde mehr und mehr klar, dass das Gelände in Kummersdorf ungeeignet war, das stark expandierende Raketenprogramm weiterhin zu beherbergen. Zum Test der neuen, deutlich größeren Raketen brauchte man eine mehrere hundert Quadratkilometer große Testzone, wofür nur die Ostsee infrage kam. Luftwaffe und Heer einigten sich darauf, eine gemeinsame Versuchsanstalt auf der Insel Usedom zu errichten.
Ab 1937 war von Braun technischer Direktor der neuen Heeresversuchsanstalt Peenemünde (HVP). Hier leitete er unter anderem die Entwicklung des Aggregats 4, kurz A4 genannt, der ersten Großrakete mit Flüssigtreibstoff. Ab August 1943, nach dem Bombenangriff der Operation Hydra auf Peenemünde, wurde die Serienfertigung der Rakete an andere Orte im Deutschen Reich verlagert.

Das Aggregat 4 war die erste einsatzfähige Boden-Boden-Rakete mit Flüssigkeitstriebwerk überhaupt. Neu war an dieser Rakete auch, die Flugbahn mit einem Kreiselsystem zu verfolgen und durch aktiv gesteuerte Strahlruder und Luftruder zu stabilisieren und Abweichungen automatisch auszugleichen.
Im Jahr 1942 überschritt ein Prototyp erstmals eine Gipfelhöhe von mehr als 80 km, 1945 wurden um 200 km erreicht. Die Rakete Aggregat 4 war damit nach Definition der Internationalen Aeronautischen Vereinigung (FAI) das erste von Menschen geschaffene Objekt im Weltraum, indem es eine Höhe von über 100 km erreichte.

In Peenemünde existierte ab Juni 1943 ein KZ-Außenlager. Zusätzlich gab es ein zweites KZ, ein Kriegsgefangenenlager in Karlshagen und die Lager bei Trassenheide, in denen insgesamt 1400 Häftlinge untergebracht waren. Dazu kamen über 3000 „Ostarbeiter“ aus Polen und der Sowjetunion. Von Braun selbst wird im Protokoll zu einer Besprechung vom 25. August 1943 zitiert: „Die Belegschaft für […] Mittelteile- und Heckfabrikation könnte aus dem Häftlingslager F1 gestellt werden.“
In einer Aktennotiz vom 16. April 1943 erwähnte der Verantwortliche für den Bau der A4-Fabrik, Arthur Rudolph, später Direktor des Entwicklungsprogramms der Saturn V, die äußerst schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiter, darunter viele Ostarbeiter und Franzosen. HVP-Leiter Walter Dornberger ließ zum Umfang an beschäftigten HVP-Zwangsarbeitern, im von ihm unterzeichneten Besprechungsprotokoll vom 4. August 1943, festhalten: „Das Verhältnis der deutschen Arbeiter zu den KZ-Häftlingen soll 1:15, höchstens 1:10 betragen“.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau von Mittelbau-Dora und der anschließenden Fertigung der A4-Rakete und anderer Waffen kamen nach offizieller Zählung in den SS-Akten ca. 12.000 Zwangsarbeiter ums Leben. Neueren Schätzungen zufolge könnte die Zahl der tatsächlichen Todesopfer sogar bis zu 20.000 betragen haben. Der Einsatz der Waffe forderte insgesamt ca. 8000 Opfer, hauptsächlich in der Zivilbevölkerung. Die V2 war somit die einzige Waffe, deren Produktion mehr Opfer forderte als ihr Einsatz.

Magnus von Braun, Walter Dornberger, Herbert Axster, Wernher von Braun, Hans Lindenberg und Bernhard Tessmann (v. l.) am 3. Mai 1945, nach ihrer Verhaftung durch US-Truppen in Oberjoch nahe dem „Haus Ingeburg auf der Höhe“

Nach der Besetzung Oberbayerns durch US-amerikanische Truppen kontaktierte der Englisch sprechende Bruder Magnus von Braun die US-Amerikaner, mit deren strategischem Interesse am deutschen Raketen-Know-how sie fest rechnen konnten. Noch zu Kriegszeiten suchten die Amerikaner in der Aktion Operation Overcast gezielt nach deutschen Wissenschaftlern, um sich ihres Wissens bemächtigen zu können. Am 2. Mai 1945 stellte sich von Braun zusammen mit einigen Wissenschaftlern aus seinem Team den US-Streitkräften in Reutte in Tirol.

Werdegang in den USA

Am 17. Juni 1945 wurde von Braun nach Witzenhausen in Nordhessen gebracht und unterstützte die amerikanischen Truppen, die übrigen in Thüringen verbliebenen A4-Experten in den Westen zu holen, bevor es an die Sowjetische Besatzungszone übergeben wurde wie in der Konferenz von Jalta vereinbart.
Am 12. September 1945 wurde er von Witzenhausen nach Paris gebracht und dann zusammen mit einer 7-köpfigen Vorausgruppe als Teil der geheimen Operation Overcast in die Vereinigten Staaten geflogen.

1950 zog von Braun mit seinem Team nach Huntsville, um dort die Entwicklung der Redstone aufzunehmen. Die Redstone basierte auf dem Aggregat 4, war jedoch größer und leistungsstärker. Im August 1953 fand ihr erster Testflug statt. Zu der Zeit war von Braun für etwa 1000 Mitarbeiter verantwortlich.
Im November 1955 wurde die Entwicklung einer Nachfolgerakete für die Redstone, der Jupiter, beschlossen. Die neu geschaffene Army Ballistic Missile Agency sollte für die Entwicklung zuständig sein. Ihr Leiter wurde Bruce Medaris, von Brauns Vorgesetzter.

Am 4. Oktober 1957 startete die Sowjetunion den ersten künstlichen Erdsatelliten Sputnik in eine Umlaufbahn. Inmitten des Kalten Krieges wurde der amerikanischen Öffentlichkeit die sowjetische Überlegenheit auf dem Gebiet der Raketentechnik vor Augen geführt. In der Folge des Sputnikschocks wurden die Raumfahrtausgaben abermals aufgestockt. Nachdem die Vanguard-Rakete der Marine beim Start versagt hatte, brachte am 1. Februar 1958 eine Jupiter-C Explorer 1 ins All.

Von Braun und sein Team wurden offiziell im Oktober 1959 der NASA überstellt. Bereits vorher war die Entscheidung zum Bau der Saturn-Rakete (der späteren Saturn I) gefallen. Außerdem wurde das Mercury-Programm vorangetrieben, das erstmals den Flug eines Astronauten in den Weltraum ermöglichen sollte.

1960 wurde von Braun Direktor des Marshall Space Flight Centers in Alabama, eine Position, die er bis 1970 innehatte. Das Mercury-Raumschiff war immer noch in der Testphase, als im April 1961 Juri Gagarin mit Wostok 1 einmal die Erde umrundete. Erst drei Wochen später folgte Alan Shepard auf einer Redstone, wobei lediglich ein suborbitaler Flug erfolgte.
Am 25. Mai verkündete Präsident Kennedy den bemannten Flug zum Mond innerhalb des Jahrzehnts als Ziel vor dem amerikanischen Kongress.

In den nächsten Jahren wurde die Entwicklung beschleunigt und das Mercury-Programm vom Gemini abgelöst. Schließlich arbeiteten bis zu 400.000 Menschen am Apollo-Programm. Zwei Jahre vor dem von Kennedy gesetzten Termin startete 1967 die unter von Brauns Leitung entwickelte Saturn mit Apollo 4 zu ihrem Erstflug. Der zweite bemannte Start im Folgejahr (Apollo 8) war gleichzeitig der erste Flug von Menschen in den Mondorbit.
Von Brauns größter Erfolg und die Erfüllung langjähriger Träume wurde die bemannte Mondlandung im Jahr 1969.

Von 1970 bis 1972 war Wernher von Braun Direktor eines neu geschaffenen Planungsbüros der NASA, welches sich mit der Zukunft der US-Raumfahrt befassen sollte. Von Braun setzte sich für eine bemannte Mars-Mission ein.
Enttäuscht von den starken Budgetkürzungen durch den US-Kongress, verließ er 1972 die NASA und wurde einer der Vizepräsidenten von Fairchild, einem Luft- und Raumfahrtkonzern.

Am 31. Dezember 1976 trat Wernher von Braun in den Ruhestand; am 16. Juni 1977 starb Wernher von Braun in Alexandria, Virginia, und wurde auf dem dortigen Ivy Hill Cemetery (Sektion T, Grabstelle 29) beigesetzt.

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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 27.11. 2021