Hertzscher Dipol
 
  
Der Hertz'sche Dipol (nach Heinrich Hertz), auch Elementardipol genannt, ist die Idealisierung eines Senders elektromagnetischer Strahlung (die auch Dipolstrahlung oder Dipolwelle genannt wird) und dient der Berechnung der Abstrahlung realer Antennen sowie als Bezugsantenne, um die Richtwirkung einer Antenne als Gewinn zahlenmäßig zu erfassen. Eine Verallgemeinerung ergibt die (hier mitbehandelte) Multipolstrahlung.
Der Hertz'sche Dipol als Modell
 
  
Dem Hertz'schen Dipol als Modell liegt ein elektrisches 
Dipolmoment , 
das sinusförmig mit der Kreisfrequenz 
 
variiert,  zugrunde, dargestellt in komplexer 
Schreibweise 
- . 
Ein solches reines Dipolmoment ohne räumliche Ausdehnung (Punktdipol) entsteht 
im Grenzübergang 
oszillierender Ladungsträger mit verschwindender Schwingungsamplitude () 
und divergierender 
Ladungsmenge 
(
). 
Exakte Gleichungen
Für das magnetische und elektrische Feld am durch Abstand  
und Richtung 
 
gegebenen Ort gilt: 
- (azimutal, verläuft in Breitenkreisen um die Dipolachse) 
- (Meridionalebene bzw. meridional „Richtung Süden“ und radial) 
Darin ist
- die Lichtgeschwindigkeit 
- mit der Wellenlänge - der Strahlung. 
- die absolute Permittivität, im Vakuum also - . Es wird an dieser Stelle also das Internationale Einheitensystem (SI) benutzt, obwohl das äquivalente cgs-System manche Formeln vereinfacht 
Aus diesen Gleichungen für den Hertz'schen Dipol lassen sich, im Gegensatz zu 
allen anderen Antennentypen, die Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Wellenfronten 
analytisch berechnen. Insgesamt ergibt sich ein Strahlungsfeld, das zu jedem 
Zeitpunkt geschlossene Feldlinien hat, mit einer in allen Lehrbüchern 
wiedergegebenen charakteristischen Nierenform 
(siehe z.B. das Außenfeld in Bild 1). Betont man zusätzlich die 
Zeitabhängigkeit, so erhält man obige Animation, welche in realistischer Weise 
u.a. die Phasengeschwindigkeit , 
die Gruppengeschwindigkeit 
 
und die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Energie 
 
in Einheiten der Lichtgeschwindigkeit 
 
als Funktion der Entfernung zur Quelle in Einheiten der Kreis-Wellenzahl 
 
ergibt. Für große Abstände nähern sich alle diese Geschwindigkeiten der 
Lichtgeschwindigkeit. Im Nahfeld 
gibt nur 
 
die Geschwindigkeit der Signalausbreitung richtig wieder. 
 
  
Durch zerlegen der Felder in die Komponenten der Kugelkoordinaten ergibt sich die zweite besonders in den Ingenieurswissenschaften gängige Darstellung. Hier wird auch die Ausrichtung des Feldes schnell deutlich.
| Radial | ||
|---|---|---|
| Meridional | ||
| Azimutal | 
Nah- und Fernbereich
Im Nahbereich, , 
dominiert wegen des Terms 
 
das elektrische Feld, während das Magnetfeld vernachlässigt werden kann: Es ist 
etwa im Verhältnis (r/λ) schwächer und in Gegenphase zum elektrischen Feld 
(d.h. wenn das eine Feld  maximal ist, hat das andere ein Minimum).  
 
verhält sich hier wie ein quasistatisches (d.h. langsam oszillierendes) 
Dipolfeld, und das Magnetfeld ist, analog zu einer schwachen induktiven Impedanz 
im Verhältnis zum starken Ohmschen 
Widerstand, vernachlässigbar. 
Die elektrische Feldstärke ist hier , 
Winkel- und Frequenzabhängigkeit entsprechen dem langsam oszillierenden 
Dipolmoment. 
Im Fernbereich, , 
sind Radiusvektor, elektrisches Feld und Magnetfeld paarweise orthogonal 
zueinander  und die Felder in Gleichphase, im cgs-System sogar von identischer 
Stärke. Quantitativ gilt in diesem System 
 
(bzw. Strahlungsintensität  
). 
Damit sich die Feldlinien des elektrischen Feldes schließen, gibt es noch 
eine radiale Komponente. Im Nahbereich gilt dafür ein Term  
und im Fernbereich dominiert der Term 
. 
Konsequenzen
Die letzte Formel hat viele Konsequenzen, u.a. für die gesamte Radio- und Fernsehtechnik[1]. 
Die blaue Färbung des Himmels 
entsteht dadurch, dass die Strahlung der Sonne die Luftmoleküle zu 
Dipolstrahlung anregt. Obwohl das Sonnenspektrum sein 
Maximum bei  
im grünen Spektralbereich hat, dominiert in der Abstrahlung blaues Licht 
(Frequenzen um den höheren Wert 
). 
Das ungefähre Verhältnis 
 
entspricht nahezu einer Verdoppelung  der Strahlungsintensität beim Übergang von 
einer grünen zu einer blauen Frequenz bei festem Dipolmoment. Ferner ist die 
angegebene Formel  auch für die heute  alltäglich gewordene Mobiltelefonie relevant. 
Dabei erfolgt  die Kommunikation über die vom Mobiltelefon zu den 
nächstgelegenen Vermittlungsknoten ausgehende Dipolstrahlung, deren 
Frequenzbereich (
 ) 
genügend hoch ist, dass trotz minimalen Energieverbrauchs  der Mobiltelefone die 
Signalintensität für die Informationsübertragung ausreicht. Zugleich liegen die 
Frequenzen der Mobiltelefonie noch im biologisch unschädlichen Bereich, im 
Gegensatz etwa zur Röntgenstrahlung. 
Von der Fernfeldnäherung zum Antennendiagramm
Im Fernfeld 
sind die Terme mit  
und 
 
vernachlässigbar. Schreibt man nur die dominierenden Terme auf, so folgt: 
 
  
Der Betrag des gemeinsamen Faktors  
enthält die Richtungsabhängigkeit der Feldstärke. Sie variiert wie 
 
mit dem Winkel 
 
zur Äquatorebene und ist unabhängig vom Azimut 
(siehe nebenstehendes Antennendiagramm). 
Der Poynting-Vektor 
 
gibt die Energieflussdichte an. Sein Betrag, zeitlich gemittelt, ist im Fernfeld 
und bis auf einen -Faktor 
gleich der Strahlungsintensität 
Dabei ist  
der von 
 
aus gemessene Polarwinkel 
des Vektors 
 
Vom Azimutalwinkel 
 
hängt das Ergebnis dagegen nicht ab. Die Ausstrahlung erreicht also ihr Maximum 
in den Richtungen senkrecht zu 
 
also senkrecht zur Antenne. In Antennenrichtung selbst verschwindet sie. 
Integriert man über alle Richtungen, so ergibt sich die insgesamt ins 
Fernfeld abgestrahlte Leistung 
zu . 
Dieses Ergebnis stammt von der Integration über den Raumwinkel. Bei 
isotroper Verteilung 
ergäbe sich stattdessen eine Strahlungsintensität von 
 
Das als Antennengewinn 
bezeichnete Verhältnis 
 
beträgt im Vakuum also 1,5 (etwa 1,76 dBi). 
Verallgemeinerung: Multipolstrahlung
Definitionen
Die Zuführung eines Wechselstroms der Kreisfrequenz  
zu einer Antenne der Länge 
 
erzeugt also einen periodisch oszillierenden elektrischen Dipolvektor mit 
der Antennenrichtung (z-Richtung) als Dipolrichtung. (Das elektrische 
Dipolmoment ist 
 
wobei Q(t) die periodisch oszillierende elektrische Ladung ist.) 
Ebenso wird durch ein in der (x,y)-Ebene auf einem Kreis mit Radius  
umlaufendes Teilchen mit der konstanten Ladung Q0 ein 
magnetischer Dipolvektor erzeugt, der per Konvention ebenfalls die 
z-Richtung hat und entsprechend dem Umlaufsinn zirkular polarisiert ist. (Das 
magnetische Dipolmoment ist 
 
die Kreisfrequenz des Umlaufs ist 
.) 
Magnetische Dipolstrahlung ist also wegen der quadratischen 
Abhängigkeit des Momentes von der (im Vergleich zu λ) kleinen Länge  
von vornherein eine Größenordnung schwächer als elektrische Dipolstrahlung.  Für 
diese gilt dagegen die schon bekannte lineare Beziehung.[1] 
Zwei geringfügig gegeneinander verschobene entgegensetzt-gleiche Dipolvektoren ergeben einen sog. „Quadrupoltensor“, zwei geringfügig gegeneinander verschobene entgegengesetzt-gleiche Quadrupole einen „Oktupol“ usw. Die Zahl der Freiheitsgrade erhöht sich dabei jedes Mal um zwei, nicht um drei, weil bei der Richtung der Verschiebung nur die beiden Winkelkoordinaten senkrecht zur z-Achse involviert sind.
Anstelle der kartesischen Koordinaten (x, y, z) werden im Folgenden Kugelkoordinaten  
benutzt, die in der üblichen Weise miteinander zusammenhängen. 
Formel
Die zugehörige Verallgemeinerung der Hertzschen Dipolstrahlung ist die 
sogenannte Multipolstrahlung. Anstelle des Dipolvektors treten  elektrische plus 
magnetische Multipolmomente  
bzw. 
 
auf, wobei die Indizes 
 
und 
 
sich auf die polaren bzw. azimutalen Winkelvariablen 
 
bzw. 
 
der Kugelkoordinaten 
beziehen. Die allgemeine Formel ist nach John David Jackson 
Dies entspricht ungefähr der Vertauschung von  
und 
 
unter Berücksichtigung des Vorzeichens 
( +iZ0 → -i/Z0), analog zur formalen 
Vertauschungssymmetrie der freien Maxwellschen 
Gleichungen im cgs-System 
(Vakuum,  
, 
): 
Der Ausdruck , 
die „Realteilbildung“, wird oft der Einfachheit halber weggelassen. 
 
ist die Vakuumimpedanz 
 
Die 
 
sind die sphärischen Momente des Radiusvektors. Die Gewichtsfaktoren 
 
bzw. 
 
beschreiben für 
 
elektrische bzw. magnetische Dipolstrahlung 
bzw. für 
 
Quadrupolstrahlung, jeweils 
mit 
 
verschiedenen 
-Werten. 
Man hat also für die aufeinander folgenden 
-Werte 
drei bzw. fünf 
-Werte. 
Im Fernbereich kann die  Radialfunktion 
 
eine  sphärische Besselfunktion, 
vereinfacht werden zu 
 
in Übereinstimmung mit den obigen Formeln. Die Größe k schließlich ist 
gleich ω/c. 
Nah- und Fernfeld
Im Nahbereich sind die Feldkomponenten jetzt – bei komplizierter 
Richtungsabhängigkeit, gegeben durch die Kugelflächenfunktionen 
 –  
 proportional zu 
 
 Im Fernbereich sind dagegen nach-wie-vor alle Komponenten 
 
und die elektrischen bzw. magnetischen Felder sowie der Radiusvektor sind wie 
bei ebenen elektromagnetischen Wellen paarweise orthogonal zueinander. 
Monopolstrahlung würde  
entsprechen. Dass diese nicht auftreten kann, ist anschaulich klar, weil 
z.B. das Außenfeld einer  kleinen geladenen Kugel unabhängig vom 
oszillierenden Kugelradius nur durch die im Kugelmittelpunkt vereinigte 
konstante Gesamtladung gegeben ist. 
Literatur
- John D. Jackson: Klassische Elektrodynamik. 3. Auflage. deGruyter, 2002, ISBN 3-11-016502-3.
- Klaus Kark: Antennen und Strahlungsfelder: elektromagnetische Wellen auf Leitungen, im Freiraum und ihre Abstrahlung. Vieweg, Wiesbaden 2006, ISBN 3-8348-0216-6.
Anmerkungen
- ↑ a 
  b 
  Dipolmoment und Antennenlänge werden bei 
  elektrischer Dipolstrahlung in Beziehung gebracht, indem z.B. 
  näherungsweise gesetzt wird: der mit der Frequenz ω/(2π) oszillierende Dipol ergibt sich aus der Länge der Antenne und der an Ober- und Unterseite entgegengesetzt-gleichen Ladung . 

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 06.07. 2024