Negative Rückkopplung

Die negative Rückkopplung, auch Gegenkopplung genannt, ist zentrales Element eines Regelkreises: ein Teil der Ausgangsgröße UA wird so auf den Eingang zurückgeführt, dass er dem Eingangssignal UE entgegenwirkt. In vielen Systemen sind es solche Regelmechanismen, die Wachstum auf natürliche Weise beschränken und stabilisieren. Auch in der Technik wird das Prinzip vielfältig verwendet.

Während bei der Gegenkopplung von Verstärkern die Verringerung von Verzerrungen im Vordergrund steht, geht es bei der Regelung mehr um Begrenzung der Sprungantwort und Dämpfung des Einschwingverhaltens.

Prinzip der Gegenkopplung

Spannungsgegenkopplung eines Operationsverstärkers

Operationsverstärker (OP) werden so konstruiert, dass die technischen Daten einer Gesamtschaltung fast ausschließlich durch die äußere Beschaltung des OP definiert werden können. Aus diesem Grund lassen sich ihre Eigenschaften besonders einfach und übersichtlich beschreiben.

Allgemeine Stabilität

Hauptartikel: Regelkreis
Verstärkung und Phasenverschiebung eines nicht rückgekoppelten Operationsverstärkers für unterschiedliche kapazitive Belastungen.

Bei jedem Operationsverstärker verringert sich die Verstärkung mit steigender Frequenz und das Ausgangssignal folgt mit einer gewissen Verzögerung den Änderungen der Eingangsspannung. Weil die genauen Daten die Auslegung der Gegenkopplung maßgeblich beeinflussen, werden sie in jedem Datenblatt angegeben:

Die Differenz 180°-|β| bezeichnet man als Phasenrand oder auch Phasenreserve φ (engl: Phase margin), als Kennzahl, wie problemlos der Verstärker arbeiten wird. Je näher dieser Wert bei 180° liegt, desto stabiler arbeitet die Gegenkopplung. Je größer β wird, desto geringer ist φ und die Schaltung reagiert nach Sprüngen der Signalamplitude immer „nervöser“, am Verstärkerausgang kann man stärkeres Überschwingen beobachten. Wenn φ negativ wird, ist aus der Gegenkopplung eine Mitkopplung geworden und der Verstärker wirkt als Oszillator. In der Regelungstechnik wird empfohlen, dass der Phasenrand bei etwa 50° liegen soll.

Der Wert von β lässt sich durch interne oder externe Frequenzkompensation des Operationsverstärkers beeinflussen.

Verringerung der Verstärkung

Schaltbild eines gegengekoppelten, nichtinvertierenden Verstärkers

In der nebenstehenden Schaltung erzeugt der Spannungsteiler den Anteil

\alpha ={\frac  {R_{1}}{R_{1}+R_{2}}}

der Ausgangsspannung Ua. Dabei gilt 0 < α ≤ 1. Der rückgekoppelte Anteil wird im OP von der Signalspannung Ue subtrahiert und die Differenz erscheint um den Faktor V verstärkt am Ausgang als Ua. Löst man die entsprechende Gleichung auf, folgt daraus

U_{a}=U_{e}\cdot {\frac  {1}{\alpha +{\frac  {1}{V}}}}\approx {\frac  {U_{e}}{\alpha }}

Die Näherung ist meist genau genug, wenn die Verstärkung des OpAmp 105 übersteigt. Dann wird die Gesamtverstärkung der Schaltung Ua/Ue praktisch nur durch die Gegenkopplung festgelegt. Es mag überraschen, dass die Verstärkung absichtlich verringert wird. Damit erkauft man sich enorme Vorteile: Die Bandbreite wird vergrößert, Fertigungstoleranzen des OP haben keine Bedeutung und die Kennlinie des OP wird linearisiert (weniger Verzerrungen).

Unabhängigkeit von Parametern

Die Eigenschaften elektronischer Bauelemente sind temperaturabhängig, sie streuen herstellungsbedingt und durch Alterung. Wenn sich beispielsweise die open-loop-Verstärkung V des OPs halbiert, ändert sich die Gesamtverstärkung nur unwesentlich. Die Verstärkung des Operationsverstärkers selbst ist meist nicht linear und wäre eigentlich Anlass für Signalverzerrungen. Weil aber Operationsverstärker immer stark gegengekoppelt verwendet werden, zählen sie zu den linearsten Schaltungen. Es reicht, wenn die Verstärkung in der Umgebung des Nullpunkts (Differenzspannung der beiden Eingänge) deutlich größer als die Gesamtverstärkung der Anwendung ist. Nur durch den systematischen Einsatz von Gegenkopplung werden die Eigenschaften von analogen Verstärkern reproduzierbar.

Verringerung des Ausgangswiderstandes

Wird der Ausgang eines Verstärkers belastet, sinkt die Ausgangsspannung. Die Schaltung verhält sich so, als ob die Ursache ein nicht überbrückbarer Innenwiderstand Ra unmittelbar vor dem Ausgang wäre. Eine Spannungsgegenkopplung informiert sozusagen den Verstärkereingang über den Spannungsverlust, der daraufhin so viel mehr Spannung bereitstellt, dass die Sollspannung wieder fast hergestellt ist. Insgesamt wird der effektive Innenwiderstand verringert auf

R_{{\mathrm  {eff}}}={\frac  {R_{a}}{1+\alpha \cdot V}}

Beispiel: Ein Operationsverstärker besitzt die Leerlaufverstärkung V = 105 und Ra = 20 Ω. Wenn ein Spannungsteiler mit α = 0,01 gewählt wird, beträgt der effektive Ausgangswiderstand nur noch Reff = 0,02 Ω. Diese Verringerung ist bei den meisten Anwendungen sehr erwünscht.

Wenn eine Erhöhung des Ausgangswiderstandes notwendig ist, kann das durch eine Stromgegenkopplung erreicht werden (siehe Konstantstromquelle).

Vergrößerung der Bandbreite

Mit sinkender Verstärkung vergrößert sich die Bandbreite. Unter Bandbreite versteht man den Bereich konstanter Verstärkung.

Bei einem gegengekoppelten Verstärker ist das Verstärkungs-Bandbreite-Produkt konstant und heißt Transitfrequenz fT. Eine Änderung der Gegenkopplung wirkt sich auf die Verstärkung und damit auf die Bandbreite aus.

Verringerung der Verzerrungen

Bei keinem Verstärker (ohne Gegenkopplung) ist die Ausgangsspannung exakt proportional zur Eingangsspannung, ein Zusammenhang, der in Form einer gekrümmten Kennlinie dargestellt wird. Je stärker die Krümmung, desto größer sind Oberwellengehalt und Klirrfaktor k der Ausgangsspannung. Beides kann mittels Gegenkopplung reduziert werden. Da bei einem OP die „open-loop-Verstärkung“ (ohne Gegenkopplung) immer größer als 10000 ist, kann eine starke Gegenkopplung gewählt werden und es gilt für den Klirrfaktor:

k_{{\mathrm  {eff}}}\approx k\cdot \alpha

Wenn anstelle des OP ein Transistor oder eine Röhre mit erheblich geringerer Grundverstärkung von nur etwa 50 verwendet wird, kann der Klirrfaktor durch Gegenkopplung nicht beliebig gesenkt werden. Eine weitere Besonderheit ist zu beobachten, wenn statt des OP ein Bauelement mit quadratischer Kennlinie wie beispielsweise ein Feldeffekttransistor verwendet wird:

Grenzen der Gegenkopplung

Ein Rechtecksignal am Eingang eines Verstärkers (obere Kurve) erzeugt ein verzögertes und abgerundetes Signal am Ausgang.
Gibbssches Phänomen bei einer Rechteckschwingung

Gegengekoppelte Verstärker zeigen bei Dauersignalen mit geringen Amplitudenänderungen meist gutartiges Verhalten. Das Zeitverhalten kann dagegen Überraschungen enthalten, wenn ein Impuls (einmaliger, steilflankiger Vorgang, Teil eines Rechtecksignals) den Eingang eines gegengekoppelten Verstärkers erreicht. Der Grund dafür ist im sehr breitbandigen Spektrum einer Rechteckschwingung zu suchen, das sich kaum schwächer werdend bis zu extrem hohen Frequenzen erstreckt. Ein OP verstärkt aber nicht mehr jenseits seiner Transitfrequenz fT und es vergeht eine kurze Zeitspanne, bis das verstärkte Signal am Ausgang erscheint. Das hat nichts mit Übersteuerung und den daraus folgenden noch gravierenderen Auswirkungen zu tun.

Während dieser Zeit hat die Gegenkopplung keine Wirkung (die Schleife ist „offen“), anschließend wird eine „rundlichere“ Funktion mit geringerer Anstiegsgeschwindigkeit vom Eingangssignal subtrahiert, was durch eine kapazitive Last am Ausgang noch verschlimmert wird.

Die hochfrequenten Spektralfrequenzen jenseits von fT können prinzipiell nicht durch Gegenkopplung kompensiert werden. Dieses führt zu transienten Signalabweichungen (sog. „Überschwinger“, auch Gibbssches Phänomen, die umso größer sind, je näher der Verstärker an seiner Instabilitätsgrenze (Phasenrand) arbeitet.

Das Phasenverhalten wird auch durch die Last beeinflusst, weshalb Audioverstärker besonders betroffen sind, da die an ihnen betriebenen Lasten (Lautsprecherbox) einen stark frequenzabhängigen Impedanzverlauf haben.

Es wurden auch Verfahren entwickelt, gewisse Nachteile der Gegenkopplung durch zusätzliche Schaltungen zu umgehen bzw. kompensieren.

Gegenkopplung bei problematischen Verstärkern

Der Impedanzverlauf eines Lautsprechers als Funktion der Frequenz zeigt die Auswirkung der Eigenresonanz. Bei dieser Frequenz tritt unerwünschte Phasenverschiebung auf.

Probleme treten immer dann auf, wenn die Phasenverschiebung keinen so glatten Verlauf zeigt wie im obersten Bild. Das trifft auf alle RC-gekoppelten Verstärker zu, die eine obere und untere Frequenzgrenze besitzen. Hier kann bereits bei schwacher Gegenkopplung ein „Phase margin“ von fast Null erreicht werden, was mitunter zur Anhebung tiefer Frequenzen erwünscht ist („bass booster“). Probleme an der oberen Frequenzgrenze gibt es immer beim Einsatz von Ausgangstransformatoren in Röhrenverstärkern, die in der Umgebung der Eigenresonanzen für starke Phasenverschiebungen sorgen. Falls der Trafo bei 20 kHz eine Phasenverschiebung von 180° erzeugt (Phasenrand φ = 0°), wird aus der Gegenkopplung eine Mitkopplung und die Schaltung schwingt. Es gibt nur zwei Gegenmittel:

Beispiele

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 02.02. 2024