Zellulose

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze

Die Zellulose (auch Cellulose) ist der Hauptbestandteil von pflanzlichen Zellwänden (Massenanteil etwa 50 %) und damit die häufigste organische Verbindung und auch das häufigste Polysaccharid (Vielfachzucker). Sie ist unverzweigt und besteht aus mehreren hundert bis zehntausend β-D-Glucose-Molekülen (β-1,4-glykosidische Bindung) bzw. Cellobiose-Einheiten. Die Cellulosemoleküle lagern sich zu höheren Strukturen zusammen, die als reißfeste Fasern in Pflanzen häufig statische Funktionen haben. Zellulose ist bedeutend als Rohstoff zur Papierherstellung, aber auch in der chemischen Industrie und anderen Bereichen.

Geschichte

Zellulose wurde im Jahr 1838 von dem französischen Chemiker Anselme Payen entdeckt, der diese aus Pflanzen isolierte und deren chemische Formel bestimmte. Zellulose wurde im Jahr 1870 von Hyatt Manufacturing Company dazu genutzt um das erste Plastomer, Zelluloid, herzustellen. Hermann Staudinger ermittelte im Jahr 1920 die Struktur von Zellulose. 1992 wurde Zellulose zum ersten Mal von Kobayashi und Shoda chemisch synthetisiert (ohne die Hilfe biologisch basierender Enzyme).

Strukturformel
Zellulose Sesselkonformation
Ein Glucosedimer, dargestellt in Sesselkonformation (Cellobiose-Einheit)
Allgemeines
Name Zellulose
Cellulose
CAS-Nummer 9004-34-6
Monomer Cellobiose
Summenformel der Wiederholeinheit (C6H10O5)[n]
Molare Masseder Wiederholeinheit 324,28 g/mol
Kurzbeschreibung weißes geruchloses Pulver
Eigenschaften
Aggregatzustand fest
Dichte ~1,5 g/cm3
Löslichkeit unlöslich in Wasser

Chemie

Zellulose ist ein Polymer (Polysaccharid "Vielfachzucker") aus dem Monomer Cellobiose, einem Disaccharid ("Zweifachzucker"). Die Monomere sind durch β-1,4-glycosidische Bindungen miteinander verknüpft. Die Cellobiose selbst besteht aus zwei Molekülen des Monosaccharids ("Einfachzuckers") Glucose. Hier liegt ebenfalls eine β-1,4-glycosidische Bindung vor, so dass häufig auch die Glucose als Monomer der Zellulose definiert wird.

Die Verknüpfung der Monomere erfolgt durch eine Kondensationsreaktion, bei der zwei Hydroxygruppen (-OH) ein Wassermolekül (H2O) bilden und das verbleibende Sauerstoffatomdie ringförmige Grundstruktur (Pyranring) der beiden Monomere verbindet. Neben dieser starken, kovalenten Bindung werden intramolekular zusätzlich die weniger starken Wasserstoffbrücken ausgebildet. Häufig besteht ein Zellulosemolekül aus mehreren tausend Glucoseeinheiten.

Eigenschaften

Zellulose ist in Wasserund in den meisten organischen Lösungsmitteln unlöslich. Lösungsmittel wie Dimethylacetamid/Lithiumchlorid oder Dimethylsulfoxid/Tetrabutylammoniumfluorid sowie Ammoniak/Cu2+ (Schweizers Reagens) vermögen jedoch Zellulose zu lösen. Sie kann durch starke Säurengespalten werden. Mit konzentrierten Säuren bei erhöhter Temperatur kann die Zellulose zu Glucose abgebaut werden, indem die glycosidischen Bindungen gespalten werden.

Der Chemiekonzern BASF hat ein Einblasverfahren entwickelt, bei dem Zellulose in einer ionischen Flüssigkeit rein physikalisch gelöst wird. Diese Lösung kann für chemische Synthesen verwendet werden, die bisher nicht möglich waren.

Stoffwechsel

Biosynthese

Schemadarstellung der Zellwand, Cellulosemikrofibrillen in hellblau

In den meisten Pflanzen hat Zellulose eine grundlegende Bedeutung als Struktursubstanz. Fasern in verholzenden und nichtverholzenden Pflanzen bestehen aus einer Vielzahl von Fibrillen, die wiederum aus zahlreichen, parallel zueinander angeordneten Cellulosemolekülen bestehen. Zellulose-Mikrofibrillen werden in der Plasmamembran einer Zelle in sogenannten Rosettenkomplexen synthetisiert. Diese enthalten das EnzymZellulose-Synthase, welches β-D-Glucane (D-Glucosepolymere mit β-Bindung) herstellt und dabei das erste Kohlenstoff-Atom eines D-Glucosemoleküls mit dem vierten Kohlenstoff-Atom eines anderen D-Glucosemoleküls verknüpft. Die Herstellung der Glucankette erfordert zwei essentielle Schritte. Zuerst spaltet Saccharose-Synthase das Disaccharid (Zweifachzucker) Saccharose in seine Monomere Glucose und Fructose, um so Glucose bereitzustellen. Die Glucose wird nun durch die Zellulose-Synthase mit Uridindiphosphat (UDP) zu UDP-Glucose verknüpft. In einem weiteren Schritt wird nun die gebundene Glucose auf den nichtreduzierenden Zucker der wachsenden Glucankette übertragen. Anschließend wandert die Glucankette bzw. das Enzym weiter, sodass ein weiterer Syntheseschritt stattfinden kann.

Zellulose wird in der Plasmamembran gebildet und vernetzt sich untereinander zu faserigen Strukturen. Anschließend erfolgt die räumliche Anordnung der Cellulosefibrillen durch Mikrotubuli.

Abbau

Da Pflanzen selbst produzierte Zellulose in ihre Zellwände einbauen, benötigen sie endogene Cellulasen zum Umbau von Zellwänden, z.B. bei Wachstumsvorgängen. Bei dem pflanzlichen Cellulasegen handelt es sich um ein sehr altes Gen.

Nutzung

Hauptsächlich aus Zellulose bestehendes Pflanzenmaterial wird vom Menschen mindestens seit der Altsteinzeit als Brennstoff zum Kochen und Heizen genutzt. Zellulose ist daneben ein wichtiger Rohstoff für stoffliche Nutzungen, aber auch als natürlicher oder zugesetzter Bestandteil von Nahrungs- und Futtermitteln von Bedeutung. Da Zellulose zudem in fast allen Arten pflanzlicher Biomasse vorkommt, ist sie auch in vielen anderen Bereichen wichtig, wie z. B. in Holz (Lignocellulose) als Baustoff etc.

Rohstoff

Zellulose ist ein wichtiger Rohstoff zur Papierherstellung. Als Ausgangsrohstoff dient das lignin- und zellulosereiche Holz. Aus diesem wird Holzschliff hergestellt, das für Papier weniger hoher Qualität verwendet wird. Durch Entfernen des Ligninanteils kann Zellstoff verwendet werden, der hauptsächlich aus Zellulose besteht und für Papiere höherer Qualität verwendet werden kann.

Die Samenhaare des Baumwollstrauches (Gossypium herbaceum) bestehen aus fast reiner Zellulose.

In der Bekleidungsindustrie werden die hauptsächlich aus Zellulose bestehenden Pflanzenfasern für verschiedene Stoffe verwendet. Beispiele sind Baumwolle sowie Bastfasern des Lein(Flachs), die zu Leinen verarbeitet werden.

Ein weiteres Zellulose-Regenerat ist Cellophan (Cellulosehydrat), das in Form von Folien ein verbreitetes Verpackungsmaterial ist. Auch synthetische Cellulosefasern ("Zellwolle") können hergestellt werden. Dazu wird eine alkalische Lösung von xanthogenierter Zellulose ("Viscose-Lösung") zu Fäden verarbeitet, der sogenannten Regeneratfaser (z. B. Viskose).

Unterschiedlichste Cellulosederivate finden vielfältige Anwendung, wie z. B. Methylcellulose, Celluloseacetat und Cellulosenitrat in der Bau-, Textil- und chemischen Industrie. Vom Cellulosenitrat abgeleitet ist Zelluloid, der erste Thermoplast.

Da Zellulose in der Natur in großen Mengen verfügbar ist, wird versucht, diesen nachwachsenden Rohstoff z. B. auch als Biokraftstoff Zellulose-Ethanol verfügbar zu machen. Derzeit wird intensiv geforscht, um pflanzliche Biomasse, wie vor allem Holz und Stroh, dafür zu erschließen.

Zellulose kann auch als natürliches Dämmmaterial dienen. Dazu wird sortiertes Zeitungspapier in einem mechanischen Prozess zunächst zerkleinert. Der gewonnene Cellulosedämmstoff kann fugenlos eingeblasen und für die Wärmedämmung und als Schallschutz verwendet werden. Das Einblasverfahren wird in Kanada und den USA seit ca. 1940 angewendet. Vorteil von diesem Dämmstoff ist die umweltschonende Herstellung, bzw. die weitere Verwendung von sortiertem Zeitungspapier.

Im Labor kann es bei der Auftrennung von Stoffgemischen als Füllmaterial für die Säulenchromatographie verwendet werden.

Nahrung

Tiere

Fast alle Tiere - mit Ausnahme weniger Mollusken, wie einiger Schnecken, etwa der Weinbergschnecke und weniger Termitenarten - einschließlich der meisten Pflanzenfresser können Zellulose im Gegensatz zu Stärke nicht durch eigene Stoffwechselleistungen abbauen, obwohl beide Moleküle aus Traubenzuckermolekülen aufgebaut sind. Diese Tiere besitzen nur die Enzyme, die α-1,4- oder α-1,6-glycosidische Bindungen (z.B. in Stärke) spalten können (Amylasen), nicht aber β-1,4-glycosidische Bindungen der Zellulose. Deshalb können diese Tiere (z.B. Kühe) den hohen Energiegehalt dieses Kohlenhydrates nur mit Hilfe von endosymbiontischen Prokaryoten erschließen, die in ihrem Darm leben. Zellulose essende Tiere nähren sich dann von der stetig nachwachsenden Symbiontenmasse in ihrem Verdauungssystem.

Wiederkäuer verdauen einen großen Teil der Zellulose und anderer Polysaccharide im Pansen mithilfe anaerober Prokaryoten, die die Zellulose zu Fettsäuren umsetzen. Ähnliches gilt für Pferde und Wassergeflügel, bei denen die Verarbeitung jedoch im Dickdarm stattfindet.

Auch der Mensch besitzt keine Verdauungsenzyme für den Abbau von Zellulose. Mit Hilfe anaerober Bakterien im ersten Teil des Dickdarms, dem Blinddarm und dem aufsteigenden Colon wird ein Teil der Zellulose aus der Nahrung zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut. Über die Colonschleimhaut werden sie resorbiert und vom Stoffwechsel verwertet. Zellulose ist somit, neben Hemicellulosen, Pektinund Lignin, ein wichtiger pflanzlicher Ballaststoff in der menschlichen Nahrung.

Einige terrestrische Krebse wie die Isopoda können Zellulose mit der Unterstützung endosymbiotischer Bakterien abbauen. Dasselbe gilt für Insekten wie Silberfischchen, fast alle Termiten, Schaben oder Blattschneiderameisen. In 200 untersuchten Termitenspezies wurden mehr als 450 unterschiedliche Endosymbionten identifiziert. Endosymbionten fossilierter Termiten wurden bereits aus der Kreidezeit direkt (in burmesischem Bernstein) nachgewiesen.

Cellulase-Nachweis aus Tieren (Termiten)

Der Ansicht, dass Tieren grundsätzlich Cellulasen fehlen, widersprechen jedoch Berichte über Cellulase-Nachweise aus Termiten. Bei einigen Termitenarten (Reticulitermes speratus und Coptotermes formosanus), dem Krebs Cherax destructor, dem Fadenwurm Bursaphelenchus xylophilus sowie den Muscheln Corbicula japonica und Lyrodus pedicellatus wurden Cellulase-Gene nachgewiesen.

Bakterien, Pilze und Flagellaten

Viele Bakterien, Pilze und Flagellaten können über ihre Cellulasen die Zellulose nur bis zum Glucosedimer Cellobiose zersetzen. Einige wenige Protozoen und Pilze wie Aspergillus-, Penicillium- und Fusarium-Arten besitzen zusätzlich die notwendigen β-1,4-Glucosidasen oder Cellobiasen, welche die Cellobiose in Glucose aufspalten. Manche holzzersetzenden Pilze wie Ceriporiopsis subvermispora können Cellobiose auch über die Cellobiosedehydrogenase (CDH), ein extrazelluläres Hämoflavoenzym, oxidativ abbauen. Dabei entsteht statt der Glucose Gluconsäure.

Der Abbau der Zellulose durch weitere hydrolytische Enzyme wird unterstützt durch Kohlehydrat-bindende Bereiche (CBMs) der Enzyme.

Lebensmittelzusatzstoff

Auch in der Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie wird Zellulose bzw. werden Cellulosederivate verwendet, z.B. als Verdickungsmittel, Trägerstoff, Füllstoff, Trennmittel, Überzugsmittel und Schaummittel. Als Lebensmittelzusatzstoff trägt Zellulose die Bezeichnungen E 460 bis E 466:

E 460i – Mikrokristalline Zellulose
E 460ii – Cellulosepulver
E 461 – Methylcellulose
E 463 – Hydroxypropylcellulose
E 464 – Hydroxypropylmethylcellulose
E 465 – Ethylmethylcellulose
E 466 – Carboxymethylcellulose

Der Nachweis erfolgt mittels einer Iod-Zinkchloridlösung (Blaufärbung).

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Basierend auf einem Artikel in Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 14.01. 2024