Flusssäure

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP), ggf. erweitert
Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Gefahr
H- und P-Sätze H:
  • Lebensgefahr bei Verschlucken, bei Hautkontakt oder bei Einatmen.
  • Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden.
P:
  • Staub / Rauch / Gas / Nebel / Dampf / Aerosol nicht einatmen.
  • Bei Gebrauch nicht essen, trinken oder rauchen.
  • Schutzhandschuhe/ Schutzkleidung/ Augenschutz/ Gesichtsschutz/ Gehörschutz/ … tragen.
  • Bei Berührung mit der Haut [oder dem Haar]: Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser abwaschen [oder duschen].
  • Bei Einatmen: Die Person an die frische Luft bringen und für ungehinderte Atmung sorgen. Sofort Giftinformationszentrum, Arzt oder … anrufen.
  • Bei Kontakt mit den Augen: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser spülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter spülen.
  • Bei Kontakt mit den Augen: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser spülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter spülen.
MAK 1 ml/m3

Flusssäure, auch Fluorwasserstoffsäure genannt (zur Namensgebung siehe Fluorit), ist die wässrige Lösung von Fluorwasserstoff (HF). Flusssäure ist eine farblose, stechend riechende, hochgiftige Flüssigkeit. Sie greift selbst Glas stark an und wirkt stark ätzend auf die Haut, die Schleimhäute und die Bindehaut der Augen, wobei schon eine geringe Exposition (bspw. durch dermale Aufnahme) schnell zum Tod führen kann. Eine Lösung von 38,2 % HF in Wasser bildet ein azeotrop siedendes Gemisch mit einem Siedepunkt von 112 °C. Flusssäure wird, abhängig von der Konzentration, entweder in Behältern aus Kunststoff oder aus rostfreiem Stahl aufbewahrt.

Allgemeines
Name Flusssäure
Andere Namen

Fluorwasserstoffsäure

Summenformel HF (aq)
Kurzbeschreibung farblose Flüssigkeit
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 7664-39-3 (Fluorwasserstoff)
DrugBank DB11072
Eigenschaften
Molare Masse 20,01 g/mol
Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,14 g/cm3 (38 %, Azeotrop)
Schmelzpunkt −44 °C (38–40 %)
Siedepunkt 112 °C (38 %)
Löslichkeit mischbar mit Wasser

Herstellung

Getrocknetes Fluoritpulver und Schwefelsäure werden zur Reaktion in den Drehrohrofen gegeben. Die Temperatur der Ofengasphase wird auf etwa 280 °C geregelt. Das Nachreaktionsgas tritt in den Rohdestillationsturm ein, um den größten Teil der Schwefelsäure, des Wassers und des Fluoritpulvers zu entfernen. Die Temperatur des Turmkessels wird auf 100 bis 110 °C geregelt und die Kopftemperatur beträgt 35 bis 40 °C. Das rohe Fluorwasserstoffgas wird durch einen Entgasungsturm weiter in einen flüssigen Zustand kondensiert und tritt dann in den Rektifikationsturm zur Rektifikation ein. Der gereinigte Fluorwasserstoff wird von Wasser absorbiert, so dass Flusssäure erhalten wird. Die Reaktionsgleichung lautet:

{\displaystyle {\ce {CaF2 + H2SO4 -> 2HF + CaSO4}}}
{\displaystyle {\ce {HF + H2O -> F^- + H3O^+}}}

Das Nebenprodukt Fluoroanhydrit findet in der Baustoffindustrie Verwendung.

Flusssäure fällt auch bei der Produktion von Phosphorsäure aus Fluorapatit an, wobei der Reaktionsgang analog zum oben dargestellten ist, jedoch unter Beteiligung von Phosphat. Der hierbei analog anfallende Phosphorgips ist jedoch zumeist zu verunreinigt, um wirtschaftlich nutzbar zu sein.

Eigenschaften

Fluorwasserstoff ist im Vergleich zu den anderen Halogenwasserstoffen eine schwache Säure (pKs = 3,14). Flusssäure greift Gold und Platin nicht an, jedoch werden Tantal, Silber, Kupfer und Blei schwach angegriffen. Flusssäure ist die einzige Säure, die Quarz unter Bildung von Siliciumtetrafluorid oder Hexafluoridokieselsäure aufzulösen vermag.

{\displaystyle {\ce {SiO2 + 6HF -> H2[SiF6] + 2 H2O}}}

Verwendung

Für Flusssäure gibt es zahlreiche Verwendungszwecke in Industrie und Wissenschaft. Die industrielle Gesamtproduktion in Europa betrug im Jahre 2015 über 230.000 Tonnen. Diese wurden in neun Produktionsstätten hergestellt. Fünf davon stehen in Deutschland.

Industrielle Verwendung

Strukturformel von
Polytetrafluorethylen (Teflon)

Forschung und Wissenschaft

Oberflächenanätzung –
Eierbecherstruktur

In der Forschung ist Flusssäure unter anderem ein Ätzmittel für Siliciumdioxid, Titan, Niob, Tantal oder Wolfram, z.B. in der Mikrostrukturierung von Oberflächen. Dort wird häufig eine mit Ammoniumfluorid gepufferte Flusssäure verwendet, um den Ablauf des Ätzprozess besser steuern zu können. Daneben wird die Fähigkeit Silicate zu lösen bei Aufschlussverfahren in der Analytik eingesetzt.

In der Paläontologie und Pollenkunde wird HF zum Freilegen von unempfindlichen Fossilien oder von Exinen benutzt.

Sonstige Verwendung

Eine 10 % wässrige Fluorwasserstofflösung findet Verwendung als Rostentferner für Textilien.

Flusssäure wird auch zum „Etching“, dem Zerkratzen von Glasscheiben, häufig an Einrichtungen des Öffentlichen Personenverkehrs, verwendet. Dabei kann es zu schweren Verletzungen der Haut und der Atemwege kommen, wenn Fahrgäste oder das Reinigungspersonal mit der Flüssigkeit in Berührung kommen.

Toxikologie

Verätzung durch Flusssäure an einer Hand

Flusssäure zeigt, je nach Exposition, nur lokale oder auch systemische Wirkung. Bei Konzentrationen über etwa 50 % treten Verätzungen des Gewebes auf. Aber auch niedrigere Konzentrationen können schwere Gewebeschäden verursachen. Da Flusssäure lipophil ist, kann sie die Haut durchdringen. In der Tiefe des Gewebes bildet es schwer lösliches Calcium- und Magnesiumfluorid, die dadurch verursachte Störung des Elektrolythaushaltes schädigt Zellen und führt zu starken Schmerzen. Bei starker Exposition (Konzentration über 50 %, Exposition von mehr als 5 % der Körperoberfläche), Einatmen oder Verschlucken führt diese Störung auch zu systemischen Effekten wie Übelkeit, Erbrechen, Krämpfen, niedrigem Blutdruck, Herzrhythmusstörungen bis zu Herzstillstand. Die Symptome können insbesondere bei Kontakt mit niedrigkonzentrierter Flusssäure erst etliche Stunden später auftreten. Es wird davon ausgegangen, dass Fluorid-Ionen auch direkt toxisch für Herzmuskelzellen sind.

Aufgrund der Seltenheit von Unfällen mit Flusssäure fehlen große systematische Untersuchungen zur Behandlung. Bei Kontakt mit der Haut sollte diese gründlich mit Wasser gespült und anschließenden mit Calciumgluconatgel eingerieben werden. Eine Unterspritzung mit Calciumgluconatlösung ist in der Literatur umstritten, ebenso die intraarterielle Gabe von Calciumgluconat zur Neutralisation der Flusssäure. Bei starker Exposition kann die chirurgische Entfernung des Gewebes notwendig sein. Eine Verätzung der Augen wird ebenfalls durch Spülen mit Wasser und anschließend Calciumgluconatlösung behandelt. Bei Inhalation soll Sauerstoff und vernebelte Calciumgluconatlösung gegeben werden. Systemische Störungen des Elektrolythaushalts werden durch Infusionen mit Calciumgluconatlösung sowie Dialyse behandelt.

Weblinks

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 03.08. 2023