Punktweise Konvergenz μ-fast überall
Die punktweise Konvergenz μ-fast überall, manchmal auch kurz Konvergenz μ-fast überall genannt, ist ein Konvergenzbegriff der Maßtheorie für Funktionenfolgen. Sie entspricht der punktweisen Konvergenz auf der gesamten Grundmenge mit Ausnahme einer μ-Nullmenge, was der maßtheoretischen Sprechweise μ-fast überall entspricht. Das μ steht dabei stellvertretend für das verwendete Maß. Wird dieses anders bezeichnet, so wird der Buchstabe entsprechend angepasst. Für das Lebesgue-Maß würde man dann beispielsweise von der punktweise Konvergenz λ-fast überall sprechen. Wenn klar ist, um welches Maß es sich handelt, wird auf die Angabe verzichtet, man spricht dann einfach von der punktweise Konvergenz fast überall oder Konvergenz fast überall. Zu beachten ist, dass es noch weitere Kombinationen von Konvergenzbegriffen und der Sprechweise „fast überall“ gibt wie Beispielsweise die gleichmäßige Konvergenz μ-fast überall. So gesehen ist die Bezeichnung „Konvergenz fast überall“ nicht eindeutig, bezeichnet aber in den meisten Fällen die punktweise Konvergenz fast überall.
Das wahrscheinlichkeitstheoretische Pendant der punktweise Konvergenz μ-fast überall ist die P-fast sichere Konvergenz.
Definition
Gegeben sei ein Maßraum 
 
und messbare 
Funktionen 
. 
Dann heißt die Funktionenfolge 
 
punktweise konvergent μ-fast überall gegen 
, 
wenn es eine Menge 
 
gibt, so dass 
 
ist und die Funktionenfolge auf dem Komplement der Menge 
, 
also auf 
 
punktweise gegen 
 
konvergiert.
Beispiel
Betrachte den Maßraum  
und die Funktionenfolge
- . 
Sie konvergiert punktweise λ-fast überall gegen 0, denn der Sinus nimmt nur 
Werte zwischen −1 und 1 an. Alle Werte in dem Intervall  
werden beim Potenzieren mit größeren 
 
immer kleiner und gehen gegen 0. Nur an den Stellen, an denen der Sinus die 
Werte −1 und 1 annimmt, bleiben diese Werte unverändert oder oszillieren. Da 
aber die Anzahl der Stellen, an denen der Sinus diese Werte annimmt, nur abzählbar 
unendlich ist und abzählbar unendliche Mengen das Lebesgue-Maß 0 haben, kann 
man die in der Definition geforderte Ausnahmemenge von der punktweisen 
Konvergenz definieren als
- . 
Außerhalb dieser Menge, also auf , 
liegt punktweise Konvergenz vor, die Menge hat das Lebesgue-Maß 0, demnach 
konvergiert die Funktionenfolge punktweise λ-fast überall gegen 0.
Beziehung zu anderen Konvergenzbegriffen
Fast gleichmäßige Konvergenz
Aus der fast 
gleichmäßigen Konvergenz folgt die punktweise Konvergenz μ-fast überall. 
Denn per Definition gibt es für jede Nullfolge  
eine Menge 
, 
so dass 
 
und dass 
 
auf 
 
gleichmäßig konvergiert. Dann ist aber 
 
eine Nullmenge und die Funktionenfolge 
 
konvergiert punktweise gegen die Funktion
und somit auch punktweise fast überall.
Im Falle eines endlichen Maßraumes liefert der Satz von Jegorow auch die Umkehrung, also dass aus der punktweisen Konvergenz μ-fast überall die fast gleichmäßige Konvergenz folgert. Somit fallen für endliche Maßräume die punktweise Konvergenz fast überall und die fast gleichmäßige Konvergenz zusammen. Das folgende Beispiel zeigt, dass der Schluss von der punktweisen Konvergenz fast überall zur fast gleichmäßigen Konvergenz bei nicht endlichen Maßräumen im Allgemeinen falsch ist. Betrachtet man die Funktionenfolge
auf dem Maßraum , 
so konvergiert diese Funktionenfolge punktweise fast überall gegen 0, denn für 
beliebiges 
 
ist für 
 
immer
- . 
Aber die Folge konvergiert nicht fast gleichmäßig gegen 0, denn es ist für 
 
mit 
 
immer 
 
und somit
für alle  
mit 
. 
Also kann keine fast gleichmäßige Konvergenz vorliegen.
Konvergenz nach Maß
Aus der punktweisen Konvergenz μ-fast überall folgt im Falle eines endlichen Maßraumes die Konvergenz nach Maß, da dann der Satz von Jegorow gilt und die fast gleichmäßige Konvergenz die Konvergenz nach Maß impliziert.
Hierbei kann auf die Endlichkeit des Maßraumes nicht verzichtet werden, wie 
folgendes Beispiel zeigt: für den Maßraum  
ist die Funktionenfolge
für alle  
punktweise konvergent gegen 0. Aber sie ist nicht nach Maß konvergent gegen 0, 
denn für 
 
ist 
.
Die Umkehrung, also der Schluss von der Konvergenz nach Maß zu der Konvergenz fast überall gilt auch bei endlichen Maßräumen nicht wie das Beispiel im Abschnitt Konvergenz lokal nach Maß zeigt.
Konvergenz lokal nach Maß
Aus der punktweisen Konvergenz μ-fast überall folgt die Konvergenz 
lokal nach Maß. Denn schränkt man den Maßraum auf eine Menge  
mit 
 
ein, betrachtet also den Maßraum 
. 
Dieser eingeschränkte Maßraum ist ein endlicher Maßraum, demnach gilt dort der 
Satz 
von Jegorow. Dieser liefert die fast 
gleichmäßige Konvergenz auf dem eingeschränkten Maßraum, diese wiederum 
impliziert die Konvergenz nach Maß. Da dieser Schluss aber für jede 
Einschränkung auf Mengen endlichen Maßes gilt, konvergiert die Funktionenfolge 
auf 
 
lokal nach Maß.
Die Umkehrung gilt aber nicht, es folgt also aus der Konvergenz lokal nach Maß nicht die Konvergenz fast überall. Ein Beispiel lässt sich wie folgt konstruieren: Man betrachtet die Intervalle
Dann konvergiert die Funktionenfolge
auf dem Maßraum  
lokal nach Maß gegen 0, denn für 
 
ist 
. 
Aber die Funktionenfolge konvergiert nicht punktweise fast überall gegen 0, denn 
ein beliebiges 
 
ist in unendlich vielen 
 
enthalten und ebenso in unendlich vielen 
 
nicht enthalten. Somit nimmt 
 
an jeder Stelle unendlich oft die Werte 0 und 1 an, kann also nicht 
konvergieren.
Konvergenz im p-ten Mittel
Aus der punktweisen Konvergenz μ-fast überall folgt im Allgemeinen nicht die Konvergenz im p-ten Mittel. Ebenso folgt aus der Konvergenz im p-ten Mittel im Allgemeinen nicht die punktweise Konvergenz μ-fast überall.
Ein Beispiel hierfür ist die Funktionenfolge
- . 
auf dem Maßram . 
Sie konvergiert fast sicher punktweise gegen 0, aber es ist
- . 
Betrachtet man umgekehrt die Folge von Intervallen
und definiert die Funktionenfolge als
- , 
so ist , 
da die Breite der Intervalle gegen 0 konvergiert. Die Folge konvergiert aber 
nicht fast sicher punktweise gegen 0, da an einer beliebigen Stelle 
 
jeder der Werte 0 und 1 beliebig oft angenommen wird.
Allerdings besitzt jede im p-ten Mittel konvergente Folge eine fast sicher 
konvergente Teilfolge mit demselben Grenzwert. Im obigen Beispiel könnte man 
beispielsweise Indizes  
auswählen, so dass
für  
ist. Dann konvergieren auch die 
 
fast sicher punktweise gegen 0.
Ein Kriterium, unter dem aus der punktweisen Konvergenz μ-fast überall die 
Konvergenz im p-ten Mittel folgt, liefert der Satz 
von der majorisierten Konvergenz. Er sagt aus, dass wenn zusätzlich zur 
Konvergenz fast überall noch eine Majorante aus  
existiert, auch die Konvergenz im p-ten Mittel folgt. Allgemeiner genügt es, 
wenn anstelle der Existenz einer Majorante nur die gleichgradige 
Integrierbarkeit der Funktionenfolge gefordert wird, denn aus der Konvergenz 
fast überall folgt die Konvergenz lokal nach Maß. Somit kann dann bei gleichgradiger 
integrierbarkeit im p-ten Mittel mittels des Konvergenzsatzes 
von Vitali auf die Konvergenz im p-ten Mittel geschlossen werden. Die 
Majorante ist aus dieser Perspektive bloß ein hinreichendes Kriterium für die 
gleichgradige Integrierbarkeit.
Allgemeine Formulierung
Die Konvergenz fast überall lässt sich analog für Abbildungen in allgemeinere Bildräume definieren, beispielsweise in topologische Räume oder in metrische Räume. Zu beachten ist hier, dass die Menge
der Argumente, für welche die Funktionenfolge nicht punktweise konvergiert, 
keine messbare 
Menge sein muss, also eventuell kein Element von  
ist. Es wird lediglich gefordert, dass eine (messbare) Nullmenge 
 
existiert mit 
, 
und die Funktionenfolge auf 
 
punktweise konvergiert.
Meist wird die Konvergenz fast überall für Abbildungen mit Werten in einem separablem metrischen Raum, versehen mit der Borelschen σ-Algebra definiert. Dann ist nämlich alle Mengen der Form
meßbar, also in  
enthalten. Mengen dieser Form ein Maß zuzuordnen erlaubt gewisse alternative 
Charakterisierungen der Konvergenz.

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 30.01. 2019