Geordnetes Paar

Ein geordnetes Paar, auch 2-Tupel genannt, ist in der Mathematik eine wichtige Art und Weise, zwei mathematische Objekte zu einer Einheit zusammenzufassen. Die beiden Objekte müssen dabei nicht notwendigerweise voneinander verschieden sein und ihre Reihenfolge spielt eine Rolle. Geordnete Paare stehen im Zentrum der mathematischen Begriffswelt und sind die Basisbausteine vieler komplexerer mathematischer Objekte.

Notation

Ein geordnetes Paar ist eine Zusammenfassung zweier mathematischer Objekte a und b zu einer Einheit. Das geordnete Paar von a und b wird meist mit Hilfe runder Klammern durch

(a,b)

notiert. Dabei heißt a die linke, erste oder vordere Komponente des Paares und b die rechte, zweite oder hintere Komponente des Paares. Gelegentlich werden zur Notation auch andere Klammertypen, wie eckige Klammern, und andere Trennzeichen, wie Semikolon oder senkrechter Strich, verwendet. Wesentlich bei der Paarbildung ist die Reihenfolge der Elemente, das heißt, (a,b) und (b,a) sollen verschiedene Paare darstellen, falls a und b verschieden sind.

Gleichheit geordneter Paare

Der Begriff des geordneten Paares ist durch Peanos Paaraxiom charakterisiert:

Zwei geordnete Paare gelten genau dann als gleich, wenn sowohl ihre ersten als auch ihre zweiten Komponenten gleich sind.

Als Formel lässt sich das Paaraxiom folgendermaßen ausdrücken:

(a,b)=(c,d)\iff a=c~{\text{und}}~b=d.

Darstellung geordneter Paare

In der Literatur finden sich unter anderen für das geordnete Paar (a,b) folgende Darstellungen als Mengen beziehungsweise Klassen:

Paardarstellungen für Mengen und Urelemente

– in einer Typentheorie nach Bertrand Russell möglich bei gleichem Typ von a und b.[1]
– nicht möglich, wenn a oder b eine echte Klasse ist.
– nicht erlaubt in einer Typentheorie nach Bertrand Russell.
– in einer Typentheorie nach Bertrand Russell möglich bei gleichem Typ von a und b, wenn als Leermenge die der nächsthöheren Typstufe gewählt wird.

Klassenpaare nach Schmidt

{\displaystyle (a,b):=\{\{\{x\}\}\,{\boldsymbol {\mid }}\,x\in a\}\;{\boldsymbol {\cup }}\;\{\{\emptyset ,\{x\}\}\,{\boldsymbol {\mid }}\,x\in b\}}, nach Jürgen Schmidt (1966) in Anlehnung an Quine. Eine an die Darstellung von Wiener angelehnte Variante gibt die Definition {\displaystyle (a,b):=\{\{\emptyset ,\{x\}\}\,{\boldsymbol {\mid }}\,x\in a\}\;{\boldsymbol {\cup }}\;\{\{\{x\}\}\,{\boldsymbol {\mid }}\,x\in b\}}

a,b können hier auch echte Klassen sein, aber keine 'echten' Urelemente (d.h. von ∅ verschiedene Urelemente).

Der Vergleich der Darstellung von Wiener mit der Variante nach Schmidt zeigt, wie aus einer Paardarstellung (a,b) für Mengen und ('echte') Urelemente eine Paardarstellung {\displaystyle (a,b)_{\text{Schmidt}}} für Mengen und echte Klassen erzeugt werden kann:

{\displaystyle (a,b)_{\text{Schmidt}}:=\bigcup _{x\in a}\bigcup _{y\in b}(x,y)}

Falls a und b Mengen (keine echten Klassen) sind, lässt sich der obige Ausdruck auch wie folgt darstellen:

{\displaystyle (a,b)_{\text{Schmidt}}=\bigcup \{(x,y)|x\in a\land y\in b\}=\bigcup \;(a\times b)} [2]

Das geschilderte Verfahren lässt sich auch einseitig nur links oder nur rechts anwenden. Dabei könnte genauso gut auch eine andere Paardarstellung wie die von Kuratowski zugrunde gelegt werden.

Paardarstellung nach Quine–Rosser

Bei der Paardarstellung nach Kuratowski liegen die Koordinaten der Paare in der Enthaltenseinsrelation zwei Stufen unter den Paaren ({\displaystyle a,b\in ^{2}(a,b)}), bei Wiener sind es gar drei Stufen ({\displaystyle a,b\in ^{3}(a,b)}). Mit dem Schmidtschen Verfahren wird dieser Abstand lediglich um 1 reduziert.

Rosser hat 1953 eine Paardarstellung nach Quine verwendet, welche eine mengentheoretische Darstellung (oder auch axiomatische Definition) der natürlichen Zahlen \mathbb {N} voraussetzt. Dafür befinden sich die Paare auf derselben Stufe wie ihre Koordinaten. Dazu benötigen wir zunächst folgende Hilfsdefinition:[3]

{\displaystyle \sigma (x):=\left\{{\begin{matrix}x,&{\text{für }}x\not \in \mathbb {N} \\x+1,&{\text{für }}x\in \mathbb {N} .\end{matrix}}\right.}

\sigma inkrementiert das Argument (um 1), wenn es eine natürliche Zahl ist, und belässt es ansonsten wie es ist – die Zahl 0 tritt nicht als Funktionswert von \sigma auf. Weiter setzen wir:

{\displaystyle \varphi (x):=\sigma [x]=\{\sigma (\alpha )|\alpha \in x\}=(x\setminus \mathbb {N} )\cup \{n+1|n\in (x\cap \mathbb {N} )\}.}

Dabei ist {\displaystyle x\setminus \mathbb {N} } die Menge der Elemente von x die nicht in \mathbb {N} liegen. \varphi (x) bezeichnet das Bild einer Menge x unter der Abbildung \sigma , und wird manchmal auch mit {\displaystyle \sigma ''x} bezeichnet. Die Anwendung dieser Funktion auf eine Menge inkrementiert alle in ihr enthaltenen natürlichen Zahlen. Insbesondere enthält \varphi (x) niemels die Zahl 0, für beliebige Mengen x,y gilt also

{\displaystyle \varphi (x)\not =\{0\}\cup \varphi (y).}

Weiter wird definiert

{\displaystyle \psi (x):=\sigma [x]\cup \{0\}=\varphi (x)\cup \{0\}}.

Damit enthält \psi (x) stets die Zahl 0 als Element.

Schließlich definieren wir das geordnete Paare als die folgende disjunkte Vereinigung:

{\displaystyle (A,B)_{QR}:=\varphi [A]\cup \psi [B]=\{\varphi (a)|a\in A\}\cup \{\varphi (b)\cup \{0\}|b\in B\}.}

(in anderer Notation auch {\displaystyle \varphi ''A\cup \psi ''B}).

Wenn man alle Elemente des so definierten Paares extrahiert, die nicht die 0 enthalten, und \varphi umkehrt, erhält man A. In derselben Weise kann B aus den Elementen des Paares, die ihrerseits die 0 enthalten, zurückgewonnen werden.

Die Definition setzt die abzählbar unendliche Menge der natürlichen Zahlen voraus. Das ist in ZF und NF der Fall, nicht aber in NFU. J. Barkley Rosser konnte zeigen, dass die Existenz solcher geordneter Paare auf derselben Stufe wie ihre Koordinaten das Unendlichkeitsaxiom voraussetzt.

Verwendung geordneter Paare

Geordnete Paare sind die elementaren Bausteine vieler mathematischer Strukturen. Beispielsweise werden

Literatur

Anmerkungen

  1. Bei Verschiedenheit könnte das Objekt mit der niedrigeren Typstufe durch iterierte Mengenbildung {\displaystyle x\mapsto \{x,\dots \}} auf die Stufe des anderen angehoben werden. Dabei muss x durch eine geeignete Modifizierung der Darstellung erreicht werden, dass stets transparent ist, welches die Ausgangsstufe war. Wegen des Paarungsaxioms muss stets erkennbar bleiben, ob jede der Koordinaten ein x oder \{x\} ist. Daher kann man nicht einfach die Stufe einer der Koordinaten durch iterierte Einermengenbildung in der Form {\displaystyle x\mapsto \{\cdots \{x\}\cdots \}} anheben.
  2. Eine allgemeingültige Paardarstellung kann ausgehend vom Schmidtschen Verfahren wie folgt gebildet werden: Die für Mengen gültige Definition
    {\displaystyle a^{+}:=a\cup \{a\}}
    wird auf natürliche Weise fortgesetzt für echte Urelemente (ungleich der Leermenge)
    {\displaystyle a^{+}:=\{a\}}
    und für eigentliche Klassen
    {\displaystyle a^{+}:=a}.
    Eine für alle diese drei Fälle gültige Paardarstellung ist dann
    {\displaystyle (a,b)_{\text{all}}:=(a^{+},b^{+})_{\text{Schmidt}}}.
    Im Fall echter Urelemente wird die der Schmidtschen zugrunde liegende ursprüngliche Paardarstellung (etwa nach Kuratowski) reproduziert:
    {\displaystyle (a,b)_{\text{all}}=(\{a\},\{b\})_{\text{Schmidt}}=\bigcup _{x\in \{a\}}\bigcup _{x\in \{b\}}(x,y)=(a,b)};
    im Fall eigentlicher Klassen per Definition die Schmidtsche selbst:
    {\displaystyle (a,b)_{\text{all}}=(a,b)_{\text{Schmidt}}};
    für Mengen a,b wird vorausgesetzt, dass {\displaystyle a^{+}=b^{+}\Leftrightarrow a=b} gilt, was für viele Mengentheorien (ZFU, ZFCU, Quine-Atome, Peter Aczels Hyperset Theory, …) erfüllt ist.
  3. Man beachte, dass hier nur von Mengen (ggf. Klassen) die Rede ist, nicht von 'echten' Urelementen. Wenn nötig treten bei Quine an ihre Stelle die Quine-Atome, zirkelhafte Mengen, die x = {x} erfüllen. Dagegen taugt diese Paardarstellung auch für echte Klassen.
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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 04.04. 2021