Jordan-Brouwer-Zerlegungssatz
Der Jordan-Brouwer-Zerlegungssatz ist ein Lehrsatz der Topologie,
welcher den Jordanschen
Kurvensatz von zwei auf
Dimensionen verallgemeinert. Er geht zurück auf den französischen Mathematiker
Camille Jordan und den niederländischen Mathematiker Luitzen Egbertus Jan Brouwer. In der deutschsprachigen Literatur findet man den Satz
auch als Trennungssatz von Jordan-Brouwer
oder als Zerlegungssatz von Jordan-Brouwer-Alexander.
Letztere Namensgebung berücksichtigt die Leistung, welche der amerikanische
Mathematiker James Waddell Alexander zu diesem Thema beigetragen hat.
Aussage
Der Jordan-Brouwer-Zerlegungssatz (in der heute gängigen Fassung) lautet:
- Seien
und
homöomorphe kompakte Teilmengen des
. Dann haben die Komplemente
und
dieselbe Anzahl von Wegkomponenten.
Speziellere Formulierung:
Wenn
eine kompakte
und zusammenhängende
Hyperfläche des
ist, dann besteht das Komplement
von
,
also
,
aus zwei offenen
zusammenhängenden Mengen, dem „Inneren“
und dem „Äußeren“
.
Dabei ist die die abgeschlossene
Hülle des Inneren, also
,
eine kompakte Mannigfaltigkeit
mit Rand
,
also
.
Folgerungen
Der Jordan-Brouwer-Zerlegungssatz zieht neben dem Jordanschen Kurvensatz noch weitere Sätze der Topologie des n-dimensionalen euklidischen Raums nach sich. Dies gibt einen Hinweis auf seine fundamentale Bedeutung.
Satz von der Invarianz offener Mengen
- Sei
eine offene Teilmenge des
und
eine injektive stetige Abbildung. Dann ist
ebenfalls eine offene Teilmenge des
und
sogar ein Homöomorphismus.
In der deutschsprachigen Literatur wird der Satz auch unter dem ähnlich lautenden Stichwort Invarianz der offenen Menge zitiert.
Da unter stetigen Abbildungen Zusammenhang bzw. Wegzusammenhang stets erhalten bleiben, ergibt sich als Korollar sofort der folgende Invarianzsatz.
Satz von der Invarianz des Gebietes
- Sei
ein Gebiet des
und
eine injektive stetige Abbildung. Dann ist
ebenfalls ein Gebiet des
und
sogar ein Homöomorphismus.
In der englischsprachigen Literatur findet sich dieser Satz unter dem Stichwort Invariance of domain.
Satz von der Invarianz der Dimension
- Sei
eine offene Teilmenge des
und sei
eine offene Teilmenge des
. Sind
und
homöomorph, so gilt
.
Insbesondere sind
und
für
niemals homöomorph.
In der englischsprachigen Literatur findet sich dieser Satz unter dem Stichwort Invariance of dimension.
Im Jahr 1879 bewies Eugen Netto, dass die bijektive Abbildung des Einheitsintervalls auf das Einheitsquadrat von Georg Cantor nicht stetig sein kann.
Bedeutung der Sätze, Herleitung, Historisches
Die Bedeutung des Zerlegungssatzes und der Invarianzsätze (und
damit die Bedeutung der Leistung Brouwers) beruht nicht zuletzt auf dem Beitrag
zur Klärung der seit Georg Cantor in Diskussion befindlichen Frage nach dem Wesen der Dimension des
Raums. Cantor hatte im Briefverkehr mit Richard
Dedekind gezeigt, dass
und
und damit
,
und dann auch alle
dieselbe Mächtigkeit
haben, dass sich also
und
für
bijektiv
aufeinander abbilden lassen. Es wurde jedoch vermutet (im Anschluss an
Dedekind), dass keine solche Bijektion ein Homöomorphismus
sein könne. Diesen Beweis konnte Brouwer als erster führen. Nicht weniger
bedeutsam ist, dass Brouwer zur Herleitung seiner Sätze neue fruchtbare Methoden
in die Topologie einführte.
So geht insbesondere der Abbildungsgrad
(englisch degree) für stetige
Funktionen auf Brouwer zurück, welcher sich in der Folge als sehr nützliches
Werkzeug erwiesen hat.
Dass neben dem Brouwerschen Zugang auch ein anderer Zugang möglich ist, konnte James Waddell Alexander 1922 zeigen. Er bewies, dass sein Dualitätssatz den Zerlegungssatz nach sich zieht. Die Sätze von der Invarianz offener Mengen, der Invarianz des Gebietes und der Invarianz der Dimension sind für sich auch schon im Rahmen der Singulären Homologietheorie ableitbar. Wie Emanuel Sperner im Jahre 1928 zeigen konnte, sind letztere auch schon unter alleiniger Benutzung elementarer kombinatorischer Hilfsmittel beweisbar.



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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 12.06. 2020