Adhäsion

Wassertropfen an Glockenblumenblüte

Adhäsion (lateinisch adhaerere „anhaften“), auch Adhäsions- oder Anhangskraft genannt, ist der physikalische Zustand einer Grenzflächenschicht, die sich zwischen zwei in Kontakt tretenden kondensierten Phasen, d. h. Feststoffen und Flüssigkeiten mit vernachlässigbarem Dampfdruck, ausbildet. Die Haupteigenschaft dieses Zustandes ist der durch molekulare Wechselwirkungen in der Grenzflächenschicht hervorgerufene mechanische Zusammenhalt der beteiligten Phasen. Die diesen mechanischen Zusammenhalt bewirkenden Kräfte sind nicht alle vollständig erforscht, weshalb es verschiedene Adhäsionstheorien gibt.

Adhäsionstheorien

Unterschieden wird allgemein zwischen mechanischer Adhäsion aufgrund physikalisch-mechanischer Kräfte und spezifischer Adhäsion auf chemischer, physikalischer und thermodynamischer Grundlage beruhender Kräfte, für die es jeweils verschiedene Adhäsionstheorien gibt. Diese Theorien wurden einzeln entwickelt, nach heutigem Kenntnisstand bilden mechanische und spezifische Adhäsion jedoch eine Einheit.

Mechanische Adhäsion

Die Theorie der mechanischen Adhäsion bezieht sich auf Verklammerungen eines Klebstoffes in den mikroskopisch kleinen Poren und Vertiefungen eines festen Körpers. Früher war dies der einzige Erklärungsansatz für Adhäsion; die Frage nach dem Zusammenhalt zwischen einem Festkörper mit glatter Oberfläche und Klebstoff lässt sich damit nicht beantworten.

Spezifische Adhäsion

Theorien der spezifischen Adhäsion wurden entwickelt, weil die Theorie der mechanischen Adhäsion nicht ausreichte, den Zusammenhalt von Feststoffen mit glatten Oberflächen zu erklären. Die verschiedenen Theorien der spezifischen Adhäsion und die Theorie der mechanischen Adhäsion schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich.

Der Polarisationstheorie (De Bruyne 1935) zufolge beruht Adhäsion auf dem Dipolcharakter der Moleküle. Dieser Erklärungsansatz ist jedoch auf polare Stoffe beschränkt.

Die elektrostatische Theorie (Boris Wladimirowitsch Derjagin 1950) setzt eine elektrische Doppelschicht (eine mehrere Molekül- oder Atomschichten dicke Raumladungszone, hervorgerufen durch Ladungsverschiebungen) als Ursache für die Adhäsionskraft an. Dafür müssen allerdings geeignete Ladungsträger, wie Elektronen oder Ionen, vorhanden sein.

Die Diffusionstheorie (Voyutzkij 1960) legt die Brownsche Molekularbewegung – also die durch die Temperatur verursachte Eigenbewegung der Moleküle – zu Grunde, die dazu führt, dass Teilchen der beiden beteiligten Stoffe ineinander diffundieren. Die Stoffe müssen jedoch eine chemische Affinität zueinander besitzen, was meist nur bei Kunststoffen der Fall ist. Bei Metallen etwa verhindert die Metallbindung eine Diffusion.

Benetzungsverhalten eines Tropfens auf einer festen Oberfläche. Laut der Adsorptions- und Benetzungstheorie wirken im Fall A wenig oder keine, im Fall C und S (Spreitung) sehr hohe Adhäsionskräfte an der Grenzfläche.

Grundlage der Adsorptions- und Benetzungstheorie (Zismann, Fowkes, Good und Wu, 1963) ist die Ober- und Grenzflächentheorie. Dieser thermodynamischen Betrachtung der Adhäsion zufolge benetzen solche Flüssigkeiten feste Oberflächen besonders gut, die sich an der Grenzfläche zur festen Phase in einem nur geringfügig ungünstigeren energetischen Zustand als im Inneren befinden. Ist der energetische Zustand an der Phasengrenze günstiger als im Inneren, kommt es zur vollständigen Benetzung (Spreitung), bei der sämtliche Teilchen der Flüssigkeit an der festen Oberfläche haften. Keine Benetzung – der andere Extremfall – tritt ein, wenn der energetische Zustand für die Teilchen im Inneren der Flüssigkeit so günstig ist, dass diese eine Kugel bildet, wodurch sich die Kontaktfläche mit dem Feststoff auf ein Minimum reduziert. Unter Berücksichtigung der Struktur der Grenzflächenschicht (Rauheit und Fremdstoffpartikel), der Temperatur und anderer Faktoren über die thermodynamische Betrachtung hinaus lassen sich so Rückschlüsse auf die Adhäsion ziehen.

Vorkommen

Adhäsion bei Verkehrsmitteln

Unter Adhäsion versteht man im Straßenverkehr die Straßenhaftung (eng. Grip) – Gummi (Reifen) auf Untergrund (Straße) – bzw. im Schienenverkehr die SchienenhaftungEisen (Bahnräder) auf Eisen (Schiene). Von einer Adhäsionsbahn spricht man, wenn eine Bahn ohne Hilfsmittel (z.B. Zahnrad oder Seil) starke Steigungen bewältigen kann und ausschließlich die Haftung der Räder für die Fortbewegung genügt. Die Adhäsion wirkt auch bei startenden Flugbooten und hält deren Rumpf im Wasser. Die Konstrukteure lösten dieses Problem mittels einer Abreißkante auf halber Länge des Kiels (auch als Stufe bezeichnet), so dass sich der Bootsrumpf der Maschine von der Wasseroberfläche lösen kann.

Adhäsion bei Klebstoffen

Adhäsion umfasst die Haftkräfte an den Kontaktflächen zweier unterschiedlicher oder gleicher Stoffe durch Molekularkräfte. Die Stoffe können sich in festem oder in flüssigem Zustand befinden. Im Bereich der Klebstoffe versteht man unter Adhäsion die Haftung von Klebschichten an den Fügeteiloberflächen. Die Vorgänge bei der Adhäsion sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Sie gestalten sich besonders schwierig, weil die Abhängigkeiten zwischen den Klebstoffsystemen und den verschiedenen Fügeteiloberflächen sehr komplex sind.

Adhäsion bei Folien

Adhäsionsfolien haften ohne Klebstoff auf glatten/glänzenden Oberflächen mittels der Anziehungskraft der Moleküle zwischen beiden Materialien. Voraussetzung ist, dass sich die Moleküle so nahe wie möglich kommen, um eine Adhäsion zu erreichen. Deshalb funktioniert dies nur auf glatten Oberflächen, beispielsweise als Schutzfolien auf Displays oder Tönungsfolien auf Glas von Kraftfahrzeugen.

Adhäsion bei organischen Geweben

Siehe auch

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 24.01. 2024