 
Orientierte Fläche
 
  
Eine orientierte Fläche ist im mathematischen Teilgebiet der elementaren Differentialgeometrie eine orientierbare Fläche, für die festgelegt wurde, welche ihrer zwei Seiten die Außen- bzw. Innenseite ist. Die Orientierung einer Fläche wird mit der Wahl eines der zwei möglichen Flächennormalenvektoren festgelegt. Die Außenseite der Fläche ist diejenige, von der der gewählte Normalenvektor wegführt. Es gibt Flächen, die nicht orientierbar sind, wie zum Beispiel das Möbiusband.
Definition
 
  
Eine reguläre 
Fläche (oder eine reguläre Fläche mit Rand)  
heißt orientierbar, falls es ein stetiges Einheitsnormalenvektorfeld auf 
 
gibt. 
Ein solches stetiges Einheitsnormalenvektorfeld  
auf 
 
legt eine Orientierung von 
 
fest. Eine orientierte Fläche ist somit eine orientierbare Fläche, auf der ein 
stetiges Einheitsnormalenvektorfeld 
 
ausgewählt wurde. Formal ist eine orientierte Fläche ein Paar 
 
aus einer orientierbaren Fläche 
 
und einem stetigen Einheitsnormalenvektorfeld 
 
auf 
. 
Ist durch das stetige Einheitsnormalenvektorfeld  
eine Orientierung auf der Fläche 
 
gegeben, so ist auch 
 
ein stetiges Einheitsnormalenvektorfeld, das eine weitere Orientierung von 
 
definiert. Ist die orientierbare Fläche 
 
zusammenhängend, 
so gibt es genau diese zwei Orientierungen. Besteht die Fläche aus mehreren Zusammenhangskomponenten, 
so kann auf jeder Zusammenhangskomponente eine Orientierung unabhängig von den 
andern gewählt werden. 
Ist auf einer Fläche eine Orientierung ausgewählt, so wird diese als positiv bezeichnet, die entgegengesetzte Orientierung als negativ.
Anschauung
Geschlossene Flächen
Eine zusammenhängende geschlossene Fläche, wie zum Beispiel eine Sphäre (Kugeloberfläche) oder ein Torus, zerlegt den Raum in zwei zusammenhängende Teile, das Innere und das Äußere. Entsprechend spricht man von der Innen- und der Außenseite der Fläche. Einer Auswahl der Außenseite entspricht ein nach außen weisendes, einer Auswahl der Innenseite ein nach innen weisendes Einheitsnormalenvektorfeld. Wenn nichts anderes gesagt wird, dann wählt man die Orientierung durch ein nach außen weisendes Einheitsnormalenvektorfeld. Für die Anwendung des Gaußschen Integralsatzes wird dies vorausgesetzt.
Flächen mit Rand
 
  
Bei Flächen mit Rand wird durch eine Orientierung der Fläche eine Orientierung (Durchlaufsinn) der Randkurve(n) festgelegt.
Anschaulich: Betrachtet man die ausgewählte Seite der Fläche als „oben“ und stellt man sich einen Beobachter vor, der auf der Oberseite der Fläche längs des Randes so geht, dass die Fläche links von ihm liegt, so durchläuft der Beobachter die Kurve in positiver Richtung. Man sagt, dass der Umlaufsinn der Randkurve mit der Flächennormale eine Rechtsschraube oder Rechtsschraubung bildet, da eine zur Flächennormale parallele Rechtsschraube bei Drehung im Rand-Umlaufsinn in Richtung der Flächennormale vorrücken würde. Wird die Fläche durch eine einzige Randkurve begrenzt, so bestimmt umgekehrt ein Durchlaufsinn der Randkurve eine Orientierung der Fläche.
Beim klassischen Integralsatz von Stokes wird vorausgesetzt, dass die Orientierung der Fläche und der Durchlaufsinn der Randkurve(n) auf die genannte Art zusammenhängen.
Orientierte Ebenen
Eine Ebene 
im dreidimensionalen Raum  
zerlegt diesen in einen positiven und negativen Halbraum, 
wobei als Orientierung der Ebene (bis auf den undefinierten Sonderfall der Ursprungsebene) 
diejenige gewählt wird, bei der der Koordinatenursprung im negativen Halbraum 
liegt, der Normalenvektor der Ebene also in Richtung des positiven Halbraums 
zeigt. 
Orientierte Ebenen spielen z.B. bei Abstandsberechnungen mit Hilfe der Hesseschen Normalform der vektoriellen Ebenengleichung eine Rolle.
Verallgemeinert man die Vorstellung der Ebene im dreidimensionalen Raum  
zu der der Hyperebene im 
n-dimensionalen Raum 
, 
lässt sich analog auch mit orientierten Hyperebenen höherer oder niederer 
Dimension rechnen. Im zweidimensionalen Raum 
 
etwa ist dies eine orientierte Gerade, die den Raum 
 
in zwei Halbebenen teilt, wobei der 
Normalenvektor der Gerade auch in diesem Fall per Definition in den positiven 
Halbraum (hier die positive Halbebene) zeigt, also (vom undefinierten 
Sonderfall der Ursprungsgerade 
abgesehen) auch hier vom Koordinatenursprung weg. Hyperebenen höherer Dimension 
dagegen finden z.B. bei der Lösung bestimmter wirtschaftsmathematischer 
Fragen Anwendung. 
Relevanz in der Physik und Mathematik
Die Vereinbarung der Orientierung einer Fläche ist insbesondere bei der 
Berechnung von vektoriellen Oberflächenintegralen 
von großer Bedeutung, z.B. in der Elektrostatik 
bei der Verwendung des Gaußschen 
Integralsatzes. Die Orientierung bestimmt das Vorzeichen des 
Ergebnisses. Möchte man z.B. die Ladung 
Q innerhalb eines vorgegebenen Volumens berechnen und es ist nur das elektrische Feld 
 
auf der Oberfläche des Volumens bekannt, so kann man mit Hilfe dieses Satzes auf 
die eingeschlossene Ladung schließen. 
- . 
Hier ist V das Volumen, in dem die unbekannte Ladung enthalten ist, 
und  
die unbekannte Ladungsdichte. 
Mit Hilfe der ersten Maxwellgleichung 
kommt man auf den Ausdruck auf der rechten Seite, mit 
 
der Dielektrizitätskonstanten 
und div der Divergenz. 
Mithilfe des Gaußschen Integralsatzes kann nun das Volumenintegral in ein 
Oberflächenintegral umformuliert werden: 
- . 
 
ist ein infinitesimales orientiertes Flächenelement der Oberfläche 
 
des Volumens. Das Vorzeichen des Skalarproduktes 
 
hängt von der Richtung von 
 
ab. Ist 
 
parallel 
zu 
, 
so ist das Skalarprodukt 
, 
sind dagegen beide Vektoren antiparallel 
so ist das Skalarprodukt 
. 
Somit hängt das Vorzeichen des Oberflächenintegrals von der gewählten 
Orientierung der Oberfläche ab. Als Konvention wurde die Wahl einer positiven 
Orientierung vereinbart, das heißt man wählt das nach außen weisende 
Einheitsnormalenvektorfeld (siehe oben) als Orientierung einer Fläche. 

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 14.09. 2022