Zähigkeit

Zähigkeit oder Tenazität beschreibt die Widerstandsfähigkeit eines Werkstoffs gegen Bruch oder Rissausbreitung.[1] Die Zähigkeit wird durch die Fähigkeit zur Absorption von mechanischer Energie bei plastischer Verformung bestimmt.

Zähe Werkstoffe weisen in der Regel ein ausgewogenes Verhältnis aus Festigkeit und Duktilität auf. Viele Metalle sind zäh, da sie eine hohe Festigkeit aufweisen und zugleich in der Lage sind, viel Verformungsenergie aufzunehmen, ohne zu brechen. Dies gilt beispielsweise für Schmiedeeisen, aber nicht für Gusseisen.

Das Gegenteil der Zähigkeit ist die Sprödigkeit.[2] Beispiele für spröde Werkstoffe sind Glas, Keramik, einige harte Kunststoffe und gehärteter Stahl. Diese Materialien sind nur sehr begrenzt in der Lage, sich plastisch zu verformen und können somit wesentlich weniger Energie aufnehmen als zähe Werkstoffe, bevor sie brechen.

Temperaturabhängigkeit

Einige Werkstoffe (insbesondere Kunststoffe sowie Baustahl und alle anderen kubisch raumzentrierten Werkstoffe) zeigen eine ausgeprägte Temperaturabhängigkeit ihrer Zähigkeit. Der Übergang zwischen zäher „Hochlage“ und spröder „Tieflage“ wird durch die Übergangstemperatur {\displaystyle T_{\mathrm {\ddot {U}} }} beschrieben.[3] Die Einsatztemperatur sollte stets oberhalb {\displaystyle T_{\mathrm {\ddot {U}} }} liegen.

Bevor dieser Effekt bekannt war, sind immer wieder Schiffe (z.B. die Liberty-Frachter während des Zweiten Weltkriegs) bei ruhiger See, aber niedrigen Temperaturen ohne ersichtlichen Grund spröde auseinandergebrochen.[4]

Messmethoden

Die Zähigkeit (oder Verformungsenergie {\displaystyle U_{T}}) wird in der Einheit Joule pro Kubikmeter ({\textstyle \mathrm {\frac {J}{m^{3}}} }) bestimmt. Dabei haben sich unterschiedlichen Testverfahren oder Methoden der Bruchmechanik für die Messung einzelner Kennwerte etabliert:

Die Zähigkeit kann anhand des Integrals des Spannungs-Dehnungs-Diagramms abgeschätzt werden:

{\displaystyle {\frac {\text{Energie}}{\text{Volumen}}}=\int _{0}^{\varepsilon _{B}}\sigma \,d\varepsilon }

mit

Für eine genauere Quantifizierung wird zudem die elastische Verformung abgezogen.

Das Rissstoppvermögen eines Werkstoffes ermöglicht hingegen tieferes Verständnis zur Rissablenkung oder Rissverzweigung.[1][7] Diese Mechanismen in der Mikrostruktur können bei der Werkstoffentwicklung zu verbesserten Brucheigenschaften und Zähigkeitssteigerung führen.

Zähigkeitsklassen

Tenazität von Mineralen

In der Mineralogie ist die Tenazität (Zähigkeit) einer Mineraloberfläche ein mit der Stahlnadel geprüfter Härtegrad:

Die Tenazität des gesamten Minerals wird durch Verbiegen getestet:

Zähigkeit von Kohlenstofffasern

Kohlenstofffasern werden nach sieben Graden ihrer Reißfestigkeit und Steifigkeit klassifiziert
Grad Englisch Deutsch
HT High Tenacity Hochfest
IM Intermediate Modulus Mittlerer Modul
HM High Modulus Hoher Modul
UM / UHM Ultra High Modulus Ultra hoher Modul
UMS Ultra Modulus Strength Ultrahochsteif
HMS High Modulus Strength Hochsteif

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: a b c Lothar Issler, Hans Ruoß, Peter Häfele: Festigkeitslehre - Grundlagen. Springer, 2003, ISBN 3-540-40705-7.
  2. Manfred Riehle, Elke Simmchen: Grundlagen der Werkstofftechnik. Wiley-VCH, 2000, ISBN 3-527-30953-5.
  3. Gunter Erhard: Konstruieren mit Kunststoffen. Carl Hanser, 2008, ISBN 978-3-446-41646-8.
  4. Günter Schulze: Die Metallurgie des Schweißens. Springer, Berlin / Heidelberg 2009, ISBN 978-3-642-03182-3.
  5. Günter Gottstein: Materialwissenschaft und Werkstofftechnik Physikalische Grundlagen. 4., neu bearb Auflage. Berlin / Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-36603-1.
  6. Erhard Hornbogen, Gunther Eggeler, Ewald Werner: Werkstoffe (= Springer-Lehrbuch). Springer, Berlin / Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-71857-4, S. 384.
  7. Hermann Dietrich: Mechanische Werkstoffprüfung: Grundlagen, Prüfmethoden, Anwendungen. Expert, 1994, ISBN 3-8169-1035-1.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 19.03. 2024