Celluloseacetat

Strukturformel von Celluloseacetat, dem Sekundäracetat. Die chemische Formel zeigt einen Ausschnitt des Celluloseacetatmoleküls mit zwei Acetylgruppen pro Glucosebaustein.

Celluloseacetat (Kurzzeichen CA, auch Zelluloseazetat, früher Acetylzellulose) ist eine Sammelbezeichnung für die Essigsäureester der Cellulose. Durch Einwirkung von Eisessig und Essigsäureanhydrid auf Cellulose (meist Zellstoff oder Baumwolllinters) unter Beisein von Katalysatoren (Schwefelsäure oder Zinkchlorid) muss zuerst das Cellulosetriacetat (Kurzzeichen CTA), das sogenannte Primäracetat, hergestellt werden, bei dem die drei Hydroxygruppen je Glucosebaustein verestert sind. Das ist notwendig, da eine partielle Veresterung auf direktem Weg nur zu Gemischen von nicht und vollständig acetylierter Cellulose führt. Da aber für die meisten Anwendungen das Cellulosetriacetat wegen seiner begrenzten Löslichkeit und schlechten Weichmacherverträglichkeit ungünstig ist, wird durch Wasserzugabe eine partielle Verseifung des Cellulosetriacetats vorgenommen, wobei je nach Temperatur und Einwirkungszeit Essigsäuregehalte von 41 bis 62,5 % im Ester eingestellt werden können. So werden verschiedene Typen von Sekundäracetaten (z.B. 2 ½ -Acetat und Diacetat) erhalten. In Abhängigkeit vom Veresterungsgrad verändert sich die Viskosität der Celluloseacetat-Typen (je höher der Veresterungsgrad, desto höher die Viskosität), wodurch sich ein breites Eigenschaftsspektrum und damit Produktspektrum erreichen lässt. Dieses reicht von Elektroisolierfolien, über Fasern für textile Zwecke und Faserkabel für Zigarettenfilter bis zu niedrigviskosen Zusatzstoffen für Klebstoffe und Textilhilfsmittel.

Celluloseacetat zählt zu den ältesten thermoplastischen Kunststoffen und wird als Derivat des Naturstoffes Cellulose zu den bio-basierten Kunststoffen gerechnet, die früher auch in ihrer Faserform als halbsynthetische Fasern bezeichnet wurden.

Geschichte

Der Zeitraum von der ersten Darstellung bis zur ersten großtechnischen Erzeugung und Anwendung reichte von 1865 bis etwa Anfang/Mitte der 1920er Jahre.

Herstellung

Bis heute existiert kein Verfahren, um Sekundärcelluloseacetate direkt herzustellen. Man wendet deshalb eine zweistufige Synthese an, da bei den Versuchen einer partiellen Veresterung der Cellulose ausschließlich ein Gemisch von nicht und vollständig acetylierter Cellulose entsteht. Cellulose wird zuerst immer vollständig zum Cellulosetriacetat und anschließend durch Hydrolyse in Celluloseacetate mit niederen Veresterungsgraden umgewandelt.

Die Herstellung unterteilt sich in folgende, meist durch direkten Stofffluss miteinander verbundene Prozessstufen:

Eigenschaften

Celluloseacetat mit üblichen Substitutionsgraden ist löslich in Aceton, das Primäracetat hingegen nicht. Es lässt sich, anders als die reinen Zellulosefasern wie Baumwolle, Viskose und Lyocell, im Schmelzspinnverfahren verarbeiten. Es ist transparent, schwer entflammbar und leicht zu färben. Die Faser hat einen gelappten Querschnitt (was dem daraus hergestellten Gewebe aus Azetatseide ermöglicht, Luft einzuschließen und die Wärmeisolation zu fördern), weist dadurch längsgerichtete Linien auf und hat einen seidenähnlichen Glanz. Bei 180 bis 200 °C ist Celluloseacetat thermoplastisch formbar. Bei Temperaturen über 85 °C leidet der seidenähnliche Glanz.

Die Trockenfestigkeit von Celluloseacetat liegt mit 10–16 cN/tex unter der von Viskose oder Cupro. Die Nassfestigkeit beträgt etwa 65–75 % der Trockenfestigkeit. Die Celluloseacetatfaser ist um ca. 30 % dehnbar. Da auch die reversible Dehnung relativ hoch ist, neigen Textilien aus Celluloseacetat weniger zum Knittern als z.B. Viskose.

Die Feuchtigkeitsaufnahme von Celluloseacetat ist mit ca. 6 % eher gering. Die Faser quillt wenig und trocknet schnell. Aufgrund der geringen Feuchtigkeitsaufnahme neigen Celluloseacetat-Textilien zur elektrostatischen Aufladung, obwohl der Kunststoff selbst wenig zur Aufladung neigt.

Die Fasern verbrennen mit leicht bläulicher Flamme und bilden Tropfen.

Verwendung

Celluloseacetat wird vor allem zu Textilfasern und Geweben verarbeitet. Textilien aus Celluloseacetatfaser, einer Form von Kunstseide, sehen Naturseide sehr ähnlich und fühlen sich fast ebenso weich an. Sie sind in der Regel knitterarm und pflegeleicht. Wegen der geringen Quellung und Wasseraufnahme ist das Gewebe für Regenmantel- und Schirmstoffe geeignet. Weiterhin werden daraus Blusen-, Hemden-, Kleider-, Futter-, Krawattenstoffe und Damenunterwäsche hergestellt.

In der Augenoptik wird Celluloseacetat für Brillenfassungen verwendet. Dank seiner thermoplastischen Eigenschaften lässt es sich gut anpassen.

In den optischen Schichten von Computerflachbildschirmen, Mobiltelefondisplays und anderen LC-Displays werden Folien aus Celluloseacetat – hier auch als Triacetat oder TAC-Film bekannt – verarbeitet. Ebenso besteht in den meisten Fällen die Ummantelung von Schnürsenkelenden aus Celluloseacetat.

Aufgrund seiner Schlagzähigkeit spielt Celluloseacetat in der Werkzeugindustrie seit Jahrzehnten eine bedeutende Rolle bei Schraubendrehergriffen, wenngleich in den letzten Jahren andere Materialien wie Polypropylen, Polyamid und thermoplastische Elastomere Celluloseacetat immer mehr verdrängen.

Celluloseacetat dient außerdem als Dielektrikum bei Metall-Lack-Kondensatoren.

Seit den 1910er Jahren löste Cellulose-Triacetat das Zelluloid als Träger für Filmmaterialien schrittweise ab, da es im Vergleich zum Zellulosenitrat nur schwer entflammbar ist. Zunächst wurden die Amateurfilmmaterialien auf CTA lanciert, in den Formaten 9,5 und 16. Filme mit einem Schichtträger aus Acetylzellulose trugen daher bis vor wenigen Jahren die Bezeichnung Safety Film oder Sicherheitsfilm. Heute ist der größte Anwendungsbereich der Celluloseacetatfaser die Herstellung von Zigarettenfiltern.

Umweltbelastung und Abbaubarkeit

Ein Zigarettenfilter nach einem Regen auf dem Fußweg – Der Abbau geht sehr langsam vonstatten
Umweltbelastung durch Zigarettenfilter – Eine Rotschnabelmöwe mit Zigarettenkippe im Schnabel

Da aktuell jährlich ca. 4,5 Billionen Zigarettenfilter aus Celluloseacetat in die Umwelt gelangen und sie damit in Verdacht stehen der häufigste Müll in der Umwelt überhaupt zu sein, geht von Celluloseacetat eine große Umweltbelastung aus.

Anders als lange Zeit vermutet kann Celluloseacetat unabhängig vom Substitutionsgrad prinzipiell in der Natur abgebaut werden, wobei die Abbaurate stark vom Substitutionsgrad abhängt: Je höher der Substitutionsgrad, desto länger dauert der Abbau. Außerdem hängt die Abbaugeschwindigkeit stark von den Umweltbedingungen ab. In stark biologisch aktiven Böden können CA-Fasern beispielsweise zwischen 4 und 9 Monaten komplett abgebaut sein, wohingegen der Abbau in anderen Bereichen mehrere Jahre dauern kann.

Prinzipiell sind zwei Abbauwege zu unterscheiden: Der biologische Abbau über Mikroorganismen und der Photoabbau.

Der biologische Abbau verläuft in zwei Schritten. Zunächst werden die Acetylgruppen über Acetylesterasen abgebaut, sodass Cellulose entsteht. Diese wird dann über ellulasen komplett abgebaut. Ein Grund für den langsameren Abbau von CA mit höherem Substitutionsgrad ist, dass Mikroorganismen diese ab einem Substitutionsgrad größer 1 nicht mehr als Nahrungsquelle wahrnehmen.

Celluloseacetat absorbiert UV-Licht mit Wellenlängen von 280 nm oder weniger. Da das durch die Atmosphäre gefilterte Sonnenlicht keine kleineren Wellenlängen als 300 nm aufweist, ist kein direkter nennenswerter Photoabbau möglich. Allerdings kann ein indirekter Photoabbau durch sekundäre Effekte oder durch Zusatz von Photokatalysator wie TiO2 in der Natur induziert werden.

Aufgrund der starken Umweltbelastung wird an zahlreichen Ansätzen geforscht, mit denen der Abbau von Celluloseacetat beschleunigt werden kann. Ein Beispiel ist das Einbauen eines Säuredepots, welches Säure nach dem Rauchen einer Zigarette freisetzt. Durch die Säure kann der erste Abbauschritt der Deacetylierung beschleunigt werden.

Pflege

Durch die chemische Modifikation ist Celluloseacetat gegenüber mikrobiellem Abbau beständiger als Cellulose. Hierbei hängt die Beständigkeit vom Substitutionsgrad der Cellulosefasern ab. Schimmelpilze, Bakterien und auch Termiten bauen Celluloseacetat zu Kohlenstoffdioxid, Wasser, Sauerstoff und Humus ab. Die Lichtbeständigkeit ist gut, und dank der Unempfindlichkeit gegenüber Mikroorganismen ist Celluloseacetat auch gegenüber Witterungseinflüssen gut geschützt.

Sowohl gegenüber Säuren – hier insbesondere anorganische Säuren wie Schwefelsäure – als auch gegenüber Laugen ist die Faser sehr empfindlich. Gegenüber Oxidationsmitteln, wie sie in der Textilveredlung eingesetzt werden, ist die Faser beständig, nicht aber gegenüber den organischen Lösungsmitteln der chemischen Reinigung. Insbesondere ist Vorsicht bei Fleckenwasser geboten.

Aufgrund der Laugenempfindlichkeit sollten keine stark alkalischen Waschmittel eingesetzt werden. Die glatte Struktur der Faser und die damit verringerte Schmutzaufnahme machen eine Kochwäsche überflüssig. Um den seidenähnlichen Glanz nicht zu zerstören, empfehlen die meisten Hersteller, Stoffe aus Celluloseacetat nur mäßig warm (Stufe 1) im halbfeuchten Zustand auf der Rück- bzw. Innenseite zu bügeln.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 24.02. 2024