Granatgruppe

Almandin als Vertreter der Granatgruppe aus der Garnet Ledge bei Wrangell, Wrangell Island, Alaska (Größe 2,3 cm × 2,3 cm × 2,2 cm)
Eine dem obigen Granatkristall ähnliche Kristallzeichnung mit Rhombendodekaeder- und Trapezoederflächen

Die Granatgruppe (kurz Granate) ist eine wichtige Gruppe gesteinsbildender Minerale aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Strukturell gehören die Granate zu den Inselsilikaten (Nesosilikaten).

Die allgemeine Granatformel lautet: [8]X3[6]Y2[[4]ZO4]3 oder auch A32+B23+[RO4]3, wobei 'X', 'Y' und 'Z' bzw. 'A', 'B' und 'R' allerdings keine chemischen Elemente vertreten, sondern definierte Plätze im Kristallgitter darstellen. Die jeweiligen Gitterplätze können dabei von verschiedenen Ionen besetzt werden:

Innerhalb der Granatobergruppe, zu der alle Minerale gezählt werden, die mit der Granatstruktur kristallisieren, auch solche aus anderen Mineralklassen (z.B. Halogenide, Hydroxide), fasst die Granatgruppe alle Minerale mit 12 positiven Ladungen pro Formeleinheit auf der Z-Position zusammen. Aktuell (2013) sind das nur Silikate.

Die Granat-Minerale kristallisieren meist im kubischen Kristallsystem und bilden überwiegend isometrische Kristalle mit den charakteristischen Formen des Rhombendodekaeders (veraltet auch Granatoeder), Ikositetraeders sowie deren Kombinationen.

Granate sind im Allgemeinen durchsichtig bis durchscheinend, bei vielen Fremdbeimengungen und in derben Mineral-Aggregaten auch undurchsichtig. Unverletzte bzw. unverwitterte Kristallflächen weisen einen glas- bis fettähnlichen Glanz auf. Die Farbe der Granate ist sehr variabel, auch wenn rötliche Farbvarietäten überwiegen. Die Palette reicht von einem hellen Grün über Gelbgrün bis Dunkelgrün, Hellgelb über Gelborange und Orangerot sowie von einem hellen Rosa bis zu einem fast schwarz wirkenden Dunkelrot. Seltener finden sich farblose und braune Varietäten und sehr selten auch farbwechselnde (Changierende) und blaue Granate. Die Strichfarbe ist allerdings immer weiß.

Ihre relativ hohe Dichte (3,5 bis 4,5 g/cm3), Mohshärte (6,5 bis 7,5) und Lichtbrechung (n = 1,61 (Katoit) bis n = 1,96 (Calderit)) machen sie sowohl als Schmuckstein als auch für industrielle Anwendungen interessant.

Etymologie und Geschichte

Geöffnete Frucht des Granatapfels …
… im Vergleich zu einer Granatmineralstufe

Die Bezeichnung Granat (lateinisch granatus für den Granat-Edelstein) wurde erst im Mittelalter geprägt, hat aber ihren Ursprung im lateinischen Wort granum für Korn oder Kern bzw. granatus für körnig oder kernreich und bezieht sich einerseits auf das Vorkommen des Minerals in Körnern, welche Ähnlichkeit mit den Kernen des Granatapfels (Punica granatum) haben, andererseits aber auch auf die orangerote bis rotviolette Farbe von Blüte, Frucht und Kernen des Granatapfels.

Schon in der Antike wurden Granate als Schmucksteine genutzt. Im Mittelalter waren sie zusammen mit Rubinen und Spinellen unter der Bezeichnung Karfunkel (auch Karfunkelstein) bekannt – die meisten stammten damals aus Indien. Das Wort „Karfunkel“ als alte Metapher für den roten Granaten entstand im 13. Jahrhundert über mittelhochdeutsch carbunkel (und bald darauf karfunkel, „bösartiges Geschwür, Karbunkel“, wohl unter Einfluss von mittelhochdeutsch vunke „Funken“) aus altfranzösisch carboncle oder der lateinischen Form carbunculus („kleine glühende Kohle“), von lateinisch carbo („Kohle“).

Unter dem Horn des Sagengeschöpfes Einhorn vermutete man einen dort wachsenden Karfunkelstein, der alle Wunden heilen kann. Besonders populär waren sie aber im 19. Jahrhundert, als böhmische Pyrope so begehrt waren, dass sie bis nach Amerika verschifft wurden.

Klassifikation

Strunz

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte die Granatgruppe zur allgemeinen Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“, trägt die System-Nr. VIII/A.08 und bestand aus den Mitgliedern Almandin, Andradit, Calderit, Goldmanit, Grossular, Henritermierit, Hibschit, Holtstamit, Hydrougrandit (diskreditiert 1967 als unnötiger Gruppenname), Katoit, Kimzeyit, Knorringit, Majorit, Morimotoit, Pyrop, Schorlomit, Spessartin, Uwarowit, Wadalit und Yamatoit (diskreditiert, da identisch mit Momoiit).

Die zuletzt 2009 aktualisierte 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet die Granatgruppe ebenfalls in die Abteilung der „Inselsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen und der Koordination der beteiligten Kationen, so dass die Granatgruppe mit der System-Nr. 9.AD.25 entsprechend der Zusammensetzung der Mitglieder Almandin, Andradit, Blythit, Calderit, Goldmanit, Grossular, Henritermierit, Hibschit, Holtstamit, Hydroandradit, Katoit, Kimzeyit, Knorringit, Majorit, Momoiit (IMA 2009-026), Morimotoit, Pyrop, Schorlomit, Spessartin, Skiagit, Uwarowit und Wadalit in der Unterabteilung „Inselsilikate ohne weitere Anionen; Kationen in oktahedraler [6] und gewöhnlich größerer Koordination“ zu finden ist.

Dana

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet die Granatgruppe in die Abteilung der „Inselsilikatminerale“ ein. Hier ist sie allerdings unterteilt in die Untergruppen „Pyralspit-Reihe“ (System-Nr. 51.04.03a), „Ugrandit-Reihe“ (System-Nr. 51.04.03b), „Schorlomit-Kimzeyit-Reihe“ (System-Nr. 51.04.03c), „Hydrogranate“ (System-Nr. 51.04.03d) und „Tetragonale Hydrogranate“ (System-Nr. 51.04.04) innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen nur mit Kationen in [6] und > [6]-Koordination“ zu finden.

IMA/CNMNC

Die zuvor aufgeführten, klassischen Klassifikationen legen die Obergruppen (Klassen) anhand der Zusammensetzung fest und unterteilen diese nach strukturellen Kriterien.

Die aktuelle Klassifikation der Granate, die von der International Mineralogical Association (IMA) 2013 erarbeitet wurde, geht umgekehrt vor. Sie definiert die Granatobergruppe anhand des Strukturtyps und unterteilt diese nach chemischen Gesichtspunkten, der Kationenladung auf der tetraedrisch koordinierten Z-Position, in 5 Gruppen und 3 Einzelminerale. Zusätzlich wurde eine Einteilung nach der Ladungsverteilung auf die Gitterpositionen eingeschoben und hypothetische Endglieder ergänzt.

Granat-Obergruppe: Minerale mit Granatstruktur
Name Klasse Kenogranat-Gruppe: unbesetzte Z-Position Anmerkung
  [8]M2+3 [6]M3+2 [4]3 X-12  
Katoit Hydroxide Ca3 Al2 3 (OH)12  
  Hydroxide Ca3 Fe3+2 3 (OH)12 hypothetisches Endglied, bis zu 35 mol-% in Andradit, synthetisch
  Halogenid Ca3 Al2 3 F12 hypothetisches Endglied, bis zu 11 mol-% in Hydrogrossular
  Halogenid Mn2+3 Al2 3 F12 hypothetisches Endglied, bis zu 8 mol-% in Spessartin
Name Klasse unbenannte Gruppe: Halogenide mit 3 Ladungen auf Z Anmerkung
  [8]M+3 [6]M3+2 [4]M+3 X-12  
Kryolithionit Halogenide Na3 Al2 Li3 F12  
Name Klasse unbenannte Gruppe: Oxide mit 6 Ladungen auf Z Anmerkung
  [8]M2+3 [6]M6+2 [4]M2+3 X2-12  
Yafsoanit Oxide Ca3 Te6+2 Zn3 O12  
  Oxide Pb3 Te6+2 Zn3 O12 hypothetisches Endglied, bis zu 9 mol-% in Yafsoanit
  Oxide Ca3 U6+2 Fe2+3 O12 hypothetisches Endglied, bis zu 24 mol-% in Elbrusit
Name Klasse Henritermierit-Gruppe: Silikate mit 8 Ladungen auf Z Anmerkung
  [8]M2+3 [6]M3+2 [4](M4+2□) X2-8X-4  
Holtstamit Silikate Ca3 Al2 Si2 O8(OH)4  
Henritermierit Silikate Ca3 Mn3+2 Si2 O8(OH)4  
  Silikate Mn2+3 Al2 Si2 O8(OH)4 hypothetisches Endglied, bis zu 28 mol-% in Spessartin
  Silikate Mn2+3 Al2 Si2 O8F4 hypothetisches Endglied, bis zu 20 mol-% in Spessartin
  [8]M2+3 [6]M5+2 [4](M3+2M2+) X2-12  
Monteneveit Oxide Ca3 Sb5+2 Fe3+2Fe2+ O12  
  Oxide Ca3 Sb5+2 Fe3+2Zn2+ O12 hypothetisches Endglied, 20 mol-% in Monteneveit
Name Klasse Bitikleit-Gruppe: Oxide mit 9 Ladungen auf Z Anmerkung
  [8]M+3 [6]M6+2 [4]M3+3 X2-12  
  Oxide Na3 Te6+2 Fe3+3 O12 synthetisch
  [8]M+M2+2 [6]M5+2 [4]M3+3 X2-12  
  Oxide NaCa2 Sb5+2 Fe3+3 O12 synthetisch
  [8]M2+3 [6](M5+1,5M3+0,5) [4]M3+3 X2-12  
  Oxide Ca3 Sb5+1,5Fe3+0,5 Fe3+3 O12 hypothetisches Endglied, 33 mol-% in Monteneveit
  [8]M2+3 [6](M5+M4+) [4]M3+3 X2-12  
Bitikleit Oxide Ca3 Sb5+ Sn4+ Al3 O12  
Dzhuluit Oxide Ca3 Sb5+ Sn4+ Fe3+3 O12  
Usturit Oxide Ca3 Sb5+ Zr4+ Fe3+3 O12  
Elbrusit Oxide Ca3 U5+ Zr4+ Fe3+3 O12  
  [8](M4+0,5M2+2,5) [6]M4+2 [4]M3+3 X2-12  
  Oxide Th4+0,5Ca2+2,5 M4+2 M3+3 O12 hypothetisches Endglied, bis zu 20 mol-% in Kerimasit
  [8]M3+3 [6]M3+2 [4]M3+3 X2-12  
YAG Oxide Y3+3 Al3+2 Al3+3 O12 hypothetisches Endglied, bis zu 8 mol-% in Menzerit-(Y), Spessartin, Andradit
YIG Oxide Y3+3 Fe3+2 Fe3+3 O12 hypothetisches Endglied, bis zu 8 mol-% in Menzerit-(Y), Spessartin, Andradit
Name Klasse Schorlomit-Gruppe: Silikate mit 10 Ladungen auf Z Anmerkung
  [8]M2+3 [6]M4+2 [4](M4+M3+2) X2-12  
Kimzeyit Silikate Ca3 Zr2 SiAl2 O12  
Irinarassit Silikate Ca3 Sn4+2 SiAl2 O12  
Hutcheonit Silikate Ca3 Ti2 SiAl2 O12  
Schorlomit Silikate Ca3 Ti2 SiFe3+2 O12  
Kerimasit Silikate Ca3 Zr2 SiFe3+2 O12  
Toturit Silikate Ca3 Sn4+2 SiFe3+2 O12  
Name Klasse Granat-Gruppe: Silikate mit 12 Ladungen auf Z Anmerkung
  [8](M3+2M2+) [6]M2+2 [4]M4+3 X2-12  
Menzerit-(Y) Silikate Y2Ca Mg2 Si3 O12  
  Silikate Y2Ca Fe2+2 Si3 O12 hypothetisches Endglied, bis zu 20 mol-% in Menzerit-(Y)
  [8]M2+3 [6]M3+2 [4]M4+3 X2-12  
Pyrop Silikate Mg3 Al2 Si3 O12  
Grossular Silikate Ca3 Al2 Si3 O12  
Spessartin Silikate Mn2+3 Al2 Si3 O12  
Almandin Silikate Fe2+3 Al2 Si3 O12  
Eringait Silikate Ca3 Sc2 Si3 O12  
Goldmanit Silikate Ca3 V3+2 Si3 O12  
Rubinit Silikate Ca3 Ti3+2 Si3 O12  
Momoiit Silikate Mn2+3 V3+2 Si3 O12  
Knorringit Silikate Mg3 Cr3+2 Si3 O12  
Uwarowit Silikate Ca3 Cr3+2 Si3 O12  
Andradit Silikate Ca3 Fe3+2 Si3 O12  
Calderit Silikate Mn2+3 Fe3+2 Si3 O12  
Blythit Silikate Mn2+3 Mn3+2 Si3 O12 hypothetisches Endglied
Khoharit Silikate Mg2+3 Fe3+2 Si3 O12 hypothetisches Endglied, synthetisch
Skiagit Silikate Fe2+3 Fe3+2 Si3 O12 hypothetisches Endglied, synthetisch
  [8]M2+3 [6](M4+M2+) [4]M4+3 X2-12  
Majorit Silikate Mg3 SiMg Si3 O12  
Morimotoit Silikate Ca3 TiFe2+ Si3 O12  
  [8](M3+1,5M+1,5) [6]M3+2 [4]M4+3 X2-12  
  Silikate (Y,Yb)3+1,5Na+1,5 M3+2 Si3 O12 hypothetisches Endglied, bis zu 7 mol-% in Almandin, Spessartin, Grossular
  [8](M2+M+2) [6]M4+2 [4]M4+3 X2-12  
  Silikate M2+Na2 Si2 Si3 O12 hypothetisches Endglied, bis zu 12 mol-% in Pyrop-Grossular
Name Klasse Berzeliit-Gruppe: Vanadate/Arsenate mit 15 Ladungen auf Z Anmerkung
  [8](M2+2M+) [6]M2+2 [4]M5+3 X2-12  
Schäferit Vanadate Ca2Na Mg2 V5+3 O12  
Palenzonait Vanadate Ca2Na Mn2+2 V5+3 O12  
Berzeliit Arsenate Ca2Na Mg2 As5+3 O12  
Manganberzeliit Arsenate Ca2Na Mn2+2 As5+3 O12  
  Arsenate Ca2Na Fe2+2 As5+3 O12 hypothetisches Endglied, bis zu 6 mol-% in Berzeliit
  [8]M+3 [6]M3+2 [4]M5+3 X2-12  
  Phosphate Na3 Al2 P5+3 O12 hypothetisches Endglied, bis zu 1 mol-% in Almandin und Pyrop

Untergruppen, veraltete Namen und hypothetische Endglieder

Die Klassifikation der IMA nimmt keine weitere Aufgliederung der Granate in Untergruppen vor. In älterer Literatur findet sich eine Unterteilung anhand von verbreiteten Mischkristallreihen in zwei wesentliche Gruppen/Reihen:

Pyralspit-Gruppe:

Ugrandit-Gruppe:

Weitere Namen von Mischkristallzusammensetzungen, hypothetischen Zusammensetzungen oder synthetischen Verbindungen:

Kristallstruktur

Granate kristallisieren im Allgemeinen mit kubischer Symmetrie in der Raumgruppe Ia3d (Raumgruppen-Nr. 230). Die Elementarzelle enthält 8 Formeleinheiten und hat je nach Zusammensetzung eine Kantenlänge von 1.146 nm (Pyrop) bis 1.256 nm (Katoit).

Aufbau der Granatstruktur

O2−-Anion

Die Sauerstoffanionen besetzen die allgemeine Gitterposition 96h mit der Punktsymmetrie 1. Jedes O2−-Anion ist dort von 4 Kationen umgeben:

Die Sauerstoffionen bilden nicht, wie bei anderen Oxidstrukturen mit hoher Dichte, eine dichteste Kugelpackung. Große 8-fach koordinierte Ionen würden in einer kubisch oder hexagonal dichtesten Sauerstoff-Kugelpackung keinen Platz finden. Aufgrund der komplexen Verknüpfung aller Koordinationspolyeder über gemeinsame Ecken und vor allem viele gemeinsame Kanten erreicht die Granatstruktur dennoch eine hohe Dichte.

Die Kationen besetzten je nach Größe und Ladung drei verschiedene, spezielle Gitterpositionen, wo sie von 4, 6 oder 8 Sauerstoffionen umgeben sind.

 

ZO4-Tetraeder

Granatstruktur 1: ZO4-Tetraeder

Die Z-Kationen (Si4+) sitzen auf der Gitterposition 24d mit der Punktsymmetrie 4, wo sie von 4 Sauerstoffionen umgeben sind, die an den Ecken eines Tetraeders liegen.

Die ermittelten Z-O-Bindungslängen liegen zwischen 0,163 nm (Pyrop, Almandin) und 0,165 nm (Goldmanit). Die ZO4- Koordinationstetraeder haben zwei Paare unterschiedlich langer Kanten:

 

YO6-Oktaeder

Granatstruktur 2: YO6-Oktaeder

Die Y-Kationen sitzen auf der Gitterposition 16a mit der Punktsymmetrie 3, wo sie von 6 Sauerstoffionen umgeben sind, die an den Ecken eines Oktaeders liegen. Die ermittelten Y-O-Bindungslängen liegen zwischen 0,19 nm (Pyrop) und 0,20 nm (Andradit). Der GO6-Koordinationspolyeder hat zwei verschiedene Kanten:

 

XO8-Dodekaeder

Granatstruktur 3: XO8-Dodekaeder

Die X-Kationen sitzen auf der Gitterposition 24c mit der Punktsymmetrie 222, wo sie von 8 Sauerstoffionen umgeben sind, die an den Ecken eines Dodekaeders (Trigondodekaeder) liegen. Die ermittelten X-O-Bindungslängen liegen zwischen 0,22 nm (Pyrop) und 0,25 nm (Andradit, Glodmanit). Der XO8-Koordinationspolyeder hat 4 verschiedene Kanten:

 

Verknüpfung der Koordinationspolyeder

Granatstruktur 4: Verknüpfung der Koordinationspolyeder
Granatstruktur 5: Gesamtansicht

Die ZO4-Tetraeder und YO6-Oktaeder sind über gemeinsame Sauerstoffatome an ihren Ecken zu einem Gerüst aus alternierenden Tetraedern und Oktaedern verbunden. Granate sind Inselsilikate und ihre ZO4-Tetraeder sind untereinander nicht direkt verbunden.

Die XO8-Dodekaeder sind über gemeinsame Kanten zu 3er-Ringen verknüpft, deren Ebene senkrecht zur Raumdiagonale der Elementarzelle liegt. Diese XO8-Dodekaederringe sind untereinander so zu einem Gerüst verknüpft, dass jeder Dodekaeder zu zwei solchen Ringen gehört. Über weitere Kanten sind die Dodekaeder mit den Tetraedern und Oktaedern des ZO4-YO6-Gerüstes verbunden, dessen Zwischenräume es ausfüllt.

Symmetrieerniedrigung

Insbesondere Grossular-Andradit-Mischkristalle sind schwach doppelbrechend und optisch zweiachsig. Auch bei Almandin wurde optische Anisotropie beobachtet. Die optischen Eigenschaften sind sehr sensible Indikatoren für Abweichungen von der idealen, kubischen Struktur. Bei Röntgenstrukturuntersuchungen von Granaten konnten sie hingegen nur selten nachgewiesen werden. Einige Arbeiten ergeben für solche Granate trikline (Raumgruppe I1 (Nr. 2, Stellung 4)) oder ortorhombische (Raumgruppe Fddd (Nr. 70)), aber auch tetragonale (Raumgruppe I41/acd (Nr. 142)) oder monokline (Raumgruppe C2/m (Nr. 12)) Symmetrie. Als Ursachen dieser Symmetrieerniedrigung werden zahlreiche Ursachen angeführt:

Modifikationen und Varietäten

Achtaragdit vom „Akhtaragda River mouth“, Wiljui-Becken, Russland (Größe: 2,5 × 2,4 × 1,5 ;cm)

Bildung und Fundorte

Granate kommen in massiver Form oder körnig, häufig aber auch als makroskopische Kristalle vor, die bis zu 700 kg schwer werden können.

Besonders häufig findet man Granate in metamorphen Gesteinen wie Gneis, Glimmerschiefer oder Eklogit; daneben treten sie auch in magmatischen Gesteinen und sedimentär in Schwermineralseifen (Strandsedimente, Flusssedimenten) auf. Die meisten natürlich gefundenen Schmuckstein-Granate stammen heute aus den USA, aus Südafrika und Sri Lanka.

Die genaue chemische Zusammensetzung steht immer mit jener des umgebenden Gesteins im Zusammenhang: So kommt beispielsweise der magnesiumreiche Pyrop häufig in Peridotiten und Serpentiniten vor, während grüner Uwarowit vor allem in chromhaltigem Serpentinitgestein auftritt.

Metapelite (Glimmerschiefer, Gneis)

Bei der Metamorphose von silikatischen Peliten bilden sich almandinreiche Granate ab ca. 450 °C bei der Reaktion von Chloritoid + Biotit + H2O zu Granat + Chlorit. Bei niedrigen Temperaturen sind die Granatmischkristalle reich an Spessartin und werden bei steigenden Temperaturen zunehmend almandinhaltiger. Ab ca. 600 °C bildet sich Granat beim Abbau von Staurolith. Bei weiter steigenden Temperaturen werden die Granate zunehmend reicher an Pyrop und selbst bei beginnender Gesteinsschmelze können Granate noch neu gebildet werden z.B. bei der Reaktion von Biotit + Sillimanit + Plagioklas + Quarz zu Granat + Kalifeldspat + Schmelze. Erst ab Temperaturen von 900 °C baut sich Granat ab zu Spinell + Quarz oder bei hohen Drucken zu Orthopyroxen + Sillimanit.

Metabasite (Granulit, Eklogit)

In der Suite der Metabasite (z.B. metamorphe Basalte tritt Granat gesteinsbildend in Eklogiten auf und die Granatmischkristalle sind reich an Pyrop und Grossular.

Mit steigenden Druck bildet sich Granat beim Übergang von der Granulit-Fazies (Metamorphe Fazies) zur Eklogit-Fazies ab ca. 10kBar, 900 °C bei der Reaktion von Orthopyroxen und Plagioklas zu Granat, Klinopyroxen und Quarz. In Blauschiefern bilden sich zunächst Fe-reiche Granate, die auf dem Weg zur Eklogit-Fazies zunehmend Pyrop- und Grossular-reicher werden.

Metasomatose

Bei der Bildung von Skarnen beim Kontakt saurer Magmatite mit Karbonatgesteinen und damit einhergehendem Stofftransport (Metasomatose) ist Granat ebenfalls ein häufig aufzufindendes Reaktionsprodukt.

Magmatite

Melanit im Mikroskop
Dünnschliff durch einen Gangphonolith des Kaiserstuhls mit idiomorphen Kristallen von Melanit. Typisch ist die zonierte Braunfärbung im linear-polarisierten Licht. Die grünen Kristalle sind Aegirinaugit.
Unter gekreuzten Polarisationsfiltern bleibt der Melanit als isotrope Mineralphase dunkel.

Vorkommen von Granaten in magmatischen Gesteinen sind seltener als in Metamorphiten. Verschiedene Granate (hauptsächlich Almadin, Spessartin und Pyrop) werden aus Graniten und Granodioriten sowie Andesiten beschrieben, doch ist zweifelhaft, ob es sich bei diesen Vorkommen um primäre Ausscheidungen des jeweiligen Magmas handelt, oder ob diese Vorkommen als Xenokristalle oder ggf. Reaktionsprodukte aus eingeschmolzenem Nebengestein (Palingenese) anzusehen sind. Unstreitig primäre Bildungen sind dagegen die Granate in Pegmatiten oder in Nephelinsyeniten und ihren vulkanischen Äquivalenten, den Phonolithen. In den letzteren Gesteinstypen findet sich als charakteristische Granatphase der Melanit (schwarzer Andradit).

Zersetzung von Granat (Retrograde Umwandlungen)

schalige Kelyphitbildungen um bereits zersetzte Granatkristalle (schwarz) in einem Serpentinitgestein

Granate erleiden unter bestimmten lithofaziellen Umständen innerhalb von metamorphen Gesteinen eine Umwandlung bzw. Zersetzung. Das Ergebnis dieser Prozesse nennt man Kelyphit. Dabei entstehen zahlreiche neue Mineralien.

Verwendung

Als Schleifmittel

Granat wird wegen seiner Härte auch als Schleifmittel beim Sandstrahlen und Wasserstrahlschneiden eingesetzt.

In der Technik

Insbesondere künstlich erzeugte Kristalle mit Granatstruktur werden in feinmechanischen und optischen Instrumenten eingesetzt. Im Gegensatz zu den natürlichen Mineralien werden hier auf dem Tetraeder-Platz statt Silicium oftmals andere Elemente eingebaut. Yttrium-Aluminium-Granat (YAG, Y3Al2[Al O4]3), bei dem etwa ein Prozent der Yttrium3+-Ionen durch Neodym3+-Ionen ersetzt wird, ist ein häufig eingesetzter Laserkristall (Nd:YAG-Laser), ebenso mit Ytterbium dotierter Yb:YAG-Laser und mit Erbium dotierter Er:YAG-Laser. Der gelbe Lumineszenzkonverter der weißen LEDs ist zu Beginn der Entwicklung ein Cer-dotierter YAG gewesen. Yttrium-Eisen-Granat (YIG) und Verwandte werden als Mikrowellenferrit, Resonator oder als YIG-Filter in der Hochfrequenztechnik eingesetzt.

In den 1970er und 1980er Jahren wurden Granate wegen ihrer besonderen ferrimagnetischen Eigenschaften für die Herstellung von Magnetblasenspeichern verwendet.

Als Schmuckstein

Granate finden in verschiedenen Varianten als Schmucksteine Verwendung. Man unterscheidet unter anderem den dunkelroten Pyrop, der auch Kaprubin genannt wird, den rotschwarzen Almandin, den smaragdgrünen Uwarowit, den gelbgrünen Andradit, den schwarzen Schorlomit und Melanit, den transparent-grünlichen Demantoid und den orangeroten Spessartin. Daneben gibt es noch Grossular. Außerdem gibt es seit einigen Jahren eine neue Variante, den orangefarbenen Mandaringranat. Granate werden auch als Edelsteine des kleinen Mannes bezeichnet.

Literatur

Monographien

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 05.02. 2024