Jensensche Ungleichung
Die jensensche Ungleichung ist eine elementare Ungleichung für konvexe und konkave Funktionen. Sie ist wegen ihrer Allgemeinheit Grundlage vieler bedeutender Ungleichungen, vor allem in der Analysis und Informationstheorie. Die Ungleichung ist nach dem dänischen Mathematiker Johan Ludwig Jensen benannt, der sie am 17. Januar 1905 bei einer Konferenz der Dänischen Mathematischen Gesellschaft präsentierte. Unter etwas anderen Voraussetzungen findet sie sich bereits 1889 bei Otto Hölder.
Die jensensche Ungleichung besagt, dass der Funktionswert einer konvexen Funktion an einer endlichen Konvexkombination von Stützstellen stets kleiner oder gleich einer endlichen Konvexkombination von den Funktionswerten der Stützstellen ist. Dies bedeutet insbesondere, dass das gewichtete arithmetische Mittel der Funktionswerte an n Stellen größer oder gleich dem Funktionswert am Mittel dieser n Stellen ist. Für lineare Funktionen gilt stets Gleichheit.
Satz
Für eine konvexe 
Funktion  
und für nichtnegative 
 
mit 
 
gilt: 
Beweis per Induktion
Verwendet man die heute übliche Definition von konvex, dass
für alle reellen  
zwischen 0 und 1 gelte, so ergibt sich die jensensche Ungleichung einfach durch 
vollständige 
Induktion über die Anzahl der Stützstellen. 
Beweis von Hölder
Hölder verwendete den Begriff konvex noch nicht und zeigte, dass aus 
 
bzw. 
 
monoton 
steigend die Ungleichung 
für positive  
folgt, wobei er dies im Wesentlichen mit dem Mittelwertsatz 
der Differentialrechnung bewies. 
Beweis von Jensen
Jensen ging von der schwächeren Definition
aus und zeigte unter ausdrücklichem Verweis auf den cauchyschen Beweis der Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel mit Vorwärts-Rückwärts-Induktion, dass daraus die Beziehung
für beliebige natürliche Zahlen  
folgt. Daraus folgerte er dann weiter, dass 
für natürliche Zahlen  
und somit 
für beliebige rationale 
und, sofern  
stetig ist, auch reelle 
Zahlen 
 
zwischen 0 und 1 mit 
 
gilt. 
Varianten
- Da für konkave 
  Funktionen 
die Funktion
konvex ist, gilt für konkave Funktionen die jensensche Ungleichung in umgekehrter Richtung, d.h., für jede konkave Funktion
und für positive
mit
gilt:
 
- Die stetige und die diskrete Variante lässt sich in der maßtheoretischen 
  Variante zusammenfassen: Ist 
Maßraum mit
und ist
eine μ-integrierbare reellwertige Funktion, so gilt für jede im Bild von
konvexe Funktion
 
- Die jensensche Ungleichung ist z.B. für Erwartungswerte 
  anwendbar. Ist 
konvex und
eine integrierbare Zufallsvariable, dann gilt
 
- Analoge Aussagen gelten für den bedingten Erwartungswert.
 
Anwendungen
Die jensensche Ungleichung lässt sich beispielsweise zum Beweis der Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel und der Ky-Fan-Ungleichung verwenden. Die Variante für Erwartungswerte dient in der Stochastik zur Abschätzung von bestimmten Zufallsgrößen.
Umkehrung
Die Aussage der maßtheoretischen Variante der jensenschen Ungleichung lässt sich im folgenden Sinne umkehren:
Sei  
eine reelle Funktion derart, dass für jede beschränkte 
(Lebesgue-)messbare 
Funktion 
 
gilt 
,
dann ist  
konvex. 


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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 31.07. 2022