Selbstinverse Permutation

Graph einer selbstinversen Permutation der Zahlen von 1 bis 8. Die Permutation besteht nur aus Zyklen der Länge 1 oder 2.

Eine selbstinverse oder involutorische Permutation ist in der Kombinatorik und der Gruppentheorie eine Permutation, die gleich ihrer Inversen ist. Eine Permutation ist genau dann selbstinvers, wenn ihre Zyklendarstellung ausschließlich aus Zyklen der Länge eins oder zwei besteht. Die Ordnung einer selbstinversen Permutation ist damit maximal zwei. Weiterhin ist die Permutationsmatrix einer selbstinversen Permutation immer symmetrisch. Selbstinverse Permutationen spielen eine wichtige Rolle in der Kryptographie.

Definition

Ist S_{n} die symmetrische Gruppe aller Permutationen der Menge \{1,\ldots ,n\}, dann heißt eine Permutation \pi \in S_{n} selbstinvers oder involutorisch, wenn sie gleich ihrer inversen Permutation \pi ^{-1} ist, wenn also

\pi = \pi^{-1}

gilt. Eine dazu äquivalente Forderung ist

\pi^2 = \operatorname{id},

wobei \pi^2 = \pi \circ \pi die Hintereinanderausführung von \pi mit sich selbst und \operatorname {id} die identische Permutation sind. Eine selbstinverse Permutation stellt damit eine Involution auf der Menge {\displaystyle \{1,\dotsc ,n\}} dar. Hat eine selbstinverse Permutation zudem keine Fixpunkte, gilt also \pi(i) \neq i für alle i=1,\dotsc ,n, so spricht man von einer echt selbstinversen Permutation. Man nennt sie auch eine echt involutorische Permutation.

Allgemeiner können auch Permutationen beliebiger endlicher Mengen, beispielsweise Alphabete, betrachtet werden, zur Analyse der mathematischen Eigenschaften kann man sich jedoch auf die ersten n natürlichen Zahlen beschränken.

Beispiele

n Selbstinverse Permutationen Anzahl
1 id     1
2 id (1 2)   2
3 id (1 2), (1 3), (2 3)   4
4 id (1 2), (1 3), (1 4),
(2 3), (2 4), (3 4)
(1 2) (3 4),
(1 3) (2 4),
(1 4) (2 3)
10

Die identische Permutation \operatorname {id} ist trivialerweise selbstinvers, denn es gilt per definitionem

\operatorname{id}^2 = \operatorname{id} \circ \operatorname{id} = \operatorname{id}.

Weiter ist jede Vertauschung (Transposition) \tau_{ij} = ( i ~ j ) zweier Zahlen i und j selbstinvers, denn die zweimalige Anwendung einer solchen Vertauschung tauscht die beiden Zahlen wieder zurück und es gilt damit

(\tau_{ij})^2 = ( i ~ j )( i ~ j ) = \operatorname{id}.

Auch die mehrfache Vertauschung (i_1 ~ i_2) \ldots (i_{2k-1} ~ i_{2k}) paarweise verschiedener Zahlen {\displaystyle i_{1},\dotsc ,i_{2k}} stellt eine selbstinverse Permutation dar, denn aufgrund der Disjunktheit der Zyklen gilt entsprechend

\left( \tau_{i_1i_2} \circ \ldots \circ \tau_{i_{2k-1}i_{2k}} \right)^2 = (\tau_{i_1i_2})^2 \circ \ldots \circ (\tau_{i_{2k-1}i_{2k}})^2 = \operatorname{id} \circ \ldots \circ \operatorname{id} = \operatorname{id}.

Die nebenstehende Tabelle führt alle selbstinversen Permutationen der symmetrischen Gruppen bis zum Grad vier auf. Echt selbstinvers sind davon nur die Permutation (1~2) \in S_2 und die drei Permutationen in S_{4}, die je zwei Zahlenpaare vertauschen.

Ein weiteres Beispiel für eine selbstinverse Permutation ist die Spiegelung von n-Tupeln

{\displaystyle \sigma _{n}={\begin{pmatrix}1&2&\dotsb &n\\n&n-1&\dotsb &1\end{pmatrix}}=(1~n)(2~(n-1))(3~(n-2))\cdots },

siehe auch Wort (Theoretische Informatik) §Spiegelung und Palindrom.

Eigenschaften

Nachdem ein Zyklus der Länge k erst nach k-maliger Hintereinanderausführung zur Identität zurückführen kann und die Zyklendarstellung einer Permutation (bis auf die Reihenfolge der Zyklen und die Anordnung der Zahlen innerhalb der Zyklen) eindeutig ist, ist eine Permutation genau dann selbstinvers, wenn ihre Zyklendarstellung ausschließlich aus Zyklen der Länge eins oder zwei besteht. Eine selbstinverse Permutation \pi \in S_{n} hat also die Zyklendarstellung

\pi = (i_1 ~ i_2) \ldots (i_{2k-1} ~ i_{2k}) (i_{2k+1}) \ldots (i_n),

wobei k \leq n/2 die Anzahl der Zweier- und n-2k die Anzahl der Einerzyklen bezeichnet. Der Zyklentyp einer selbstinversen Permutation \pi ist demnach von der Form

\operatorname{typ}(\pi) = 1^{n-2k}2^k.

Die selbstinversen Permutationen sind damit genau die Permutationen der Ordnung eins oder zwei, wobei die identische Permutation die einzige Permutation erster Ordnung ist. Die Permutationsmatrix P_{\pi } einer selbstinversen Permutation \pi ist immer symmetrisch, denn es gilt mit der Orthogonalität von Permutationsmatrizen

P_\pi^T = P_\pi^{-1} = P_{\pi^{-1}} = P_\pi.

Umgekehrt entspricht jede symmetrische Permutationsmatrix einer selbstinversen Permutation.

Anzahl

Rekursive Darstellung

{\displaystyle {\begin{pmatrix}1&2&3&\dotsb &n\\1&\ast &\ast &\dotsb &\ast \end{pmatrix}}}
{\displaystyle {\begin{pmatrix}1&2&3&\dotsb &n\\2&1&\ast &\dotsb &\ast \end{pmatrix}}}
Bei der Herleitung der Rekurrenz sind zwei Fälle zu unterscheiden: Entweder ist \pi(1) = 1 oder es sind \pi(1) = j \neq 1 und \pi(j) = 1. Im Beispiel ist j=2.

Um die Anzahl I_n der selbstinversen Permutationen in der symmetrischen Gruppe S_{n} zu bestimmen, werden die folgenden zwei Fälle unterschieden:

Nachdem es n-1 Möglichkeiten für die Wahl von j gibt, folgt daraus für die Anzahl der selbstinversen Permutationen die lineare Rekurrenz

I_n = I_{n-1} + (n-1) I_{n-2}

mit den Anfangswerten I_1=1 und I_2=2. Die Anzahl der selbstinversen Permutationen ergibt für wachsendes n die Folge

{\displaystyle 1,2,4,10,26,76,232,764,2620,9496,\dotsc } (Folge A000085 in OEIS)

und ist gleich der Anzahl möglicher Young-Tableaus der Ordnung n.

Summendarstellung

Anzahl der Permutationen von n Zahlen, die aus k disjunkten Transpositionen bestehen
{}_{n}\!\diagdown \!\!{}^{k} 0 1 2 3 4 5 Summe
1 1           1
2 1 1         2
3 1 3         4
4 1 6 3       10
5 1 10 15       26
6 1 15 45 15     76
7 1 21 105 105     232
8 1 28 210 420 105   764
9 1 36 378 1260 945   2620
10 1 45 630 3150 4725 945 9496

Bezeichnet I_{n,k} die Anzahl der Permutationen in S_{n}, die aus genau k disjunkten Transpositionen bestehen, dann gilt für die Anzahl der selbstinversen Permutationen

I_n = \sum_{k=0}^{\lfloor n/2 \rfloor} I_{n,k},

wobei \lfloor ~ \rfloor die Gaußklammer darstellt und I_{n,0}=1 für alle n gilt. Die Zahlen I_{n,k} genügen dabei der linearen Rekurrenz

I_{n,k} = I_{n-1,k} + (n-2k+1) I_{n-1,k-1} (Folge A100861 in OEIS).

Nachdem eine Permutation \pi \in S_{n}, die aus genau k disjunkten Transpositionen besteht, den Zyklentyp \operatorname{typ}(\pi) = 1^{n-2k}2^k besitzt, erhält man so die Summendarstellung

I_n = \sum_{k=0}^{\lfloor n/2 \rfloor} \frac{n!}{(n-2k)! \, k! \, 2^k} = \sum_{k=0}^{\lfloor n/2 \rfloor} \binom{n}{2k}(2k-1)!!,

wobei

(2k-1)!! = 1 \cdot 3 \cdot \ldots \cdot (2k-1) = \frac{(2k)!}{k! \, 2^k}

die Doppelfakultät ist. Die Zahl (2k-1)!! entspricht gerade der Anzahl I_{2k,k} der echt selbstinversen Permutationen in S_{2k}, also derjenigen Permutationen, die aus genau k disjunkten Transpositionen bestehen und somit den Zyklentyp \operatorname{typ}(\pi) = 2^k aufweisen (Folge A001147 in OEIS).

Erzeugende Funktionen

Die exponentiell erzeugende Funktion der Folge I_n der Anzahl der selbstinversen Permutationen ergibt sich als

f(x) = \sum_{n=0}^\infty I_n \frac{x^n}{n!} = e^{x+x^2/2}.

Entsprechend ist die exponentiell erzeugende Funktion der Folge I_{2k,k} der Anzahl der echt selbstinversen Permutationen gleich

f(x) = \sum_{k=0}^\infty I_{2k,k} \frac{x^{2k}}{(2k)!} = e^{x^2/2}.

Anwendungen

Vertauschung von Buchstaben durch die Verschlüsselungsmaschine Enigma

In der Kryptographie spielen selbstinverse Permutationen eine wichtige Rolle. Wird eine Nachricht mit Hilfe einer selbstinversen Permutation verschlüsselt, dann lässt sich die Nachricht mittels der gleichen Permutation auch wieder entschlüsseln. Ein einfaches Beispiel ist die Caesar-Verschlüsselung ROT13, bei der zur Verschlüsselung jeder Buchstabe durch den um 13 Stellen im Alphabet verschobenen Buchstaben ersetzt wird. Die wiederholte Anwendung ergibt dann eine Verschiebung um 26 Buchstaben und damit wieder die ursprüngliche Nachricht. Eine weitere Möglichkeit einer solchen Verschlüsselung besteht in der Verwendung der bitweisen XOR-Operation, die beispielsweise beim One-Time-Pad verwendet wird. Sehr viel komplexere echt selbstinverse Permutationen führte die deutsche Verschlüsselungsmaschine Enigma durch, die während des Zweiten Weltkriegs zum Einsatz kam.

Die echt selbstinversen Permutationen werden auch zur Berechnung der pfaffschen Determinante einer alternierenden Matrix benötigt. Eine spezielle selbstinverse Permutation wird zur Bitumkehrung bei der effizienten Implementierung der schnellen Fourier-Transformation (FFT) verwendet.

Trenner
Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
Seitenende
Seite zurück
© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 31.07. 2022