Median (Stochastik)
Der Median, auch Zentralwert genannt, ist in der Stochastik ein Lagemaß für Wahrscheinlichkeitsverteilungen und Verteilungen von Zufallsvariablen. Somit ist er wie auch der Erwartungswert und der Modus eine Kennzahl dafür, wo sich die "Mitte" einer Wahrscheinlichkeitsverteilung befindet. Anschaulich ist der Median die Zahl, bei der
- die Wahrscheinlichkeit, einen Wert kleiner oder gleich dem Median zu erhalten und
- die Wahrscheinlichkeit, einen Wert größer oder gleich dem Median zu erhalten
gleich ist. Es existieren mehrere Formalisierungen dieser intuitiven Vorstellung, die sich bezüglich der Existenz und Eindeutigkeit des Medians unterscheiden.
In der deskriptiven Statistik wird der Median für Stichproben definiert. Die beiden Begriffe unterscheiden sich insofern, als der eine Kennzahl einer Stichprobe ist (ähnlich dem arithmetischen Mittel), der andere eine Kennzahl einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ist (ähnlich dem Erwartungswert). Die beiden sind per se verschieden, lassen aber über die empirische Verteilung verknüpfen.
Erste Definition
Für Wahrscheinlichkeitsverteilungen
Gegeben sei eine Wahrscheinlichkeitsverteilung 
 
auf 
, 
also den reellen Zahlen, versehen 
mit der Borelschen 
σ-Algebra.
Dann heißt eine reelle Zahl  
ein Median (von 
), 
wenn gilt:
- und - . 
Für Zufallsvariablen
Gegeben sei eine reelle Zufallsvariable 
.
Dann heißt eine reelle Zahl  
ein Median (von 
), 
wenn gilt:
- und - . 
Damit ist der Median der Zufallsvariable  
genau der Median ihrer 
Verteilung 
.
Definition über Verteilungsfunktionen
Ebenso lässt sich der Median auch über Verteilungsfunktionen 
definieren. Ist  
die Verteilungsfunktion von 
 
oder von 
, 
so heißt 
 
ein Median (von 
 
oder von 
), 
wenn
- und - . 
Hierbei bezeichnet  
den linksseitigen 
Grenzwert.
Bestimmung und Beispiele
Bei stetiger Verteilungsfunktion
Ist die Verteilungsfunktion  
stetig, so ist der Median 
eine Lösung der Gleichung
Dies beruht auf der Tatsache, dass der linksseitige Grenzwert dann mit dem Funktionswert übereinstimmt.
- Beispiele
 
 
Betrachtet man als Beispiel die Exponentialverteilung, so besitzt diese die Verteilungsfunktion
für einen Parameter . 
Gleichsetzen mit 
 
führt auf die Gleichung
- , 
welche die Lösung
besitzt. In diesem Fall ist der Median eindeutig.
 
 
Aber auch bei stetiger Verteilungsfunktion kann der Median mehrdeutig sein. 
Betrachtet man beispielsweise die Cantor-Verteilung, 
deren Verteilungsfunktion rechts abgebildet ist, so nimmt diese aufgrund ihrer 
Konstruktion auf dem gesamten Intervall  
der Wert 
 
an. Jeder Punkt in diesem Intervall ist somit ein Median. Eindeutig ist der 
Median bei stetiger Verteilungsfunktion beispielsweise dann, wenn die 
Verteilungsfunktion streng monoton wachsend ist. Spezieller gilt die 
Eindeutigkeit bereits dann, wenn die Verteilungsfunktion in der einer Umgebung, 
in der sie den Wert 
 
annimmt, streng monoton wachsend ist.
Bei Wahrscheinlichkeitsdichten
Besitzt die Zufallsvariable beziehungsweise die Wahrscheinlichkeitsverteilung 
eine Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion 
, 
(sie ist demnach eine Absolutstetige 
Verteilung), so ist der Median 
 
Lösung der Gleichung
- . 
Dies folgt direkt aus der Tatsache, dass absolutstetige Verteilungen immer eine stetige Verteilungsfunktion besitzen, diese sich über das Integral bestimmen lässt und der Aussage im obigen Abschnitt.
Mehrere Mediane treten hier beispielsweise auf, wenn die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion auf einem Interval konstant null ist.
- Beispiel
Betrachtet man die Wahrscheinlichkeitsfunktion
- , 
so ist diese im Interval  
konstant Null. Über die elementaren Integrationsregeln folgt dann, dass jeder 
Wert in 
 
ein Median ist. Das Lösen der Integralgleichung entspricht meist der Bestimmung 
der entsprechenden Verteilungsfunktion und kann damit als Spezialfall des 
Vorgehens im oberen Abschnitt angesehen werden.
Eindeutige Definition
Gegeben sei eine Wahrscheinlichkeitsverteilung  
oder eine reelle Zufallsvariable 
. 
Sei 
 
die Verteilungsfunktion von 
 
bzw. 
. 
Dann heißt
der Median von  
bzw. 
. 
Dies entspricht der folgenden Definition: Ist 
 
die Quantilfunktion 
zu 
, 
so ist der Median definiert als
- . 
Wegen der Rechtsstetigkeit der Verteilungsfunktion kann bei der oberen der beiden Definitionen das Infumum auch durch ein Minimum ersetzt werden.
Eigenschaften
Bei dem Median handelt es sich um ein Quantil, genauer um das 50%-Quantil.
Ist die Verteilung 
symmetrisch, gilt also , 
so ist Null ein Median. Allgemeiner ist bei jeder symmetrischen Verteilung die 
Symmetrieachse ein Median.
Jeder Median  
minimiert die absolute Abweichung, sprich ist 
 
eine Zufallsvariable mit 
, 
so gilt stets
- für alle 
und Gleichheit gilt genau dann, wenn auch  
ein Median ist.
Beziehung zum Median der deskriptiven Statistik
Der Median in der deskriptiven 
Statistik (als Kennzahl einer Stichprobe) lässt sich über die 
empirische 
Verteilung mit dem Median einer Wahrscheinlichkeitsverteilung in Beziehung 
setzen: Ist eine Stichprobe  
gegeben, und ist 
 
die empirische Verteilung auf 
 
so ist ein Median (im Sinne der Wahrscheinlichkeitstheorie) von 
 
ein Median (im Sinne der deskriptiven Statistik) von 
. 
Aufgrund der verschiedenen Definitionen kann es jedoch auch zu leichten 
Abweichungen kommen.
Weitere Definitionen
Am direktesten wird der Median als derjenige Wert, für den
gilt oder als  
definiert. In beiden Definitionen ist die Existenz des Medians aber nicht 
garantiert. So ist für
immer , 
da die Verteilungsfunktion nie den Wert 
 
annimmt. Ebenso existiert kein 
, 
so dass die obige Gleichungskette erfüllt ist: für alle 
 
ist 
, 
ebenso wie für alle 
 
immer 
 
gilt.
Außerdem ist zu beachten, dass die Verteilungsfunktionen im älterer 
russischsprachiger Literatur als linksstetig und nicht wie im deutschen 
Sprachraum als rechtsstetig definiert werden. So ist dann zum Beispiel im Falle 
des fairen Münzwurfes einmal  
anstelle von 
.

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 04.07. 2020