Doppelspaltexperiment

Doppelspaltexperiment

Beim Doppelspaltexperiment lässt man kohärente Wellen, zum Beispiel Licht- oder Materiewellen, durch zwei schmale, parallele Spalte treten. Auf einem Beobachtungsschirm in einer Distanz zur Blende, die sehr viel größer ist als der Abstand a der beiden Spalte, zeigt sich ein Interferenzmuster. Dieses Muster entsteht durch Beugung der Wellenausbreitung am Doppelspalt. Bei monochromatischem Licht (z.B. von einem Laser) besteht dieses Muster auf dem Schirm aus hellen Streifen (Maxima) und dunklen Streifen (Minima). Das Interferenzmuster entsteht nur, wenn die Wellenlänge λ kleiner als der Abstand a der beiden Spalte ist.

Das Experiment gehört zu den Schlüsselexperimenten der Physik. Es wurde erstmals 1802 von Thomas Young mit Licht durchgeführt und führte zur Ablehnung der damals noch vorherrschenden Korpuskeltheorie des Lichts zugunsten der Wellentheorie. Erst Albert Einsteins Arbeiten zum Photoelektrischen Effekt deckten 1905 auch den Teilchencharakter des Lichts auf. In der Quantenphysik dient das Doppelspaltexperiment häufig dazu, den Welle-Teilchen-Dualismus zu demonstrieren. Es kann nicht nur mit Licht, sondern auch mit Teilchen (Elektronen, Neutronen, Atomen, Molekülen wie z.B. Fullerenen) durchgeführt werden. Die dabei beobachteten Interferenzmuster zeigen, dass auch die klassisch nur als Teilchen angesehenen Objekte Welleneigenschaften haben. Bei diesen Materiewellen tritt die De-Broglie-Wellenlänge an die Stelle der Wellenlänge des Lichts.

Geschichte

Thomas Young

1802 führte Thomas Young das Experiment erstmals durch, um die Wellennatur des Lichtes zu beweisen. Dabei verwendete Young noch nicht den klassischen Doppelspalt, sondern Pappkarten, mit denen er einen Lichtstrahl teilte. Young erwähnt in seinem Werk frühere Experimente zur Natur des Lichts von Francesco Maria Grimaldi, welcher schon 1665 den Begriff der Diffraktion einführte.

1927 zeigten Clinton Davisson und Lester Germer die Welleneigenschaften von Elektronen anhand der Beugung eines Elektronenstrahls an einem Nickel-Kristall. Der Kristall wirkt dabei als Reflexionsgitter. Statt zweier Spalte sind hier sehr viele Streuzentren im Spiel.

Das Doppelspaltexperiment mit Elektronen wurde 1961 durch Claus Jönsson durchgeführt. Mit ganzen Atomen gelang es 1990 Jürgen Mlynek und Olivier Carnal, mit großen Molekülen wie z.B. C60 (Buckyballs) im Jahr 2003 Nairz et al.

Experimentelle Beobachtung

Interferenzmuster eines Doppelspaltexperiments mit verschiedener Anzahl Elektronen:   b: 200, c: 6 000, d: 40 000, e: 140 000

Berechnung des Interferenzmusters

Schematische Darstellung des Doppelspaltexperiments

Der folgende Abschnitt geht von einem senkrechten Einfall einer ebenen Welle der Wellenlänge \lambda auf einen Doppelspalt mit Spaltbreite b und Spaltmittenabstand a aus. In der Spaltebene sind die Phasen noch im Gleichtakt, Phasenunterschiede, die den Interferenzeffekt ausmachen, ergeben sich erst durch die Abstände s von Punkten in den Spaltöffnungen zum Beobachtungspunkt (rote Linien). Der Abstand d des Schirms soll groß sein, d\gg {\tfrac {a^{2}}{\lambda }}, Fernfeldnäherung.

Orte der Minima und Maxima durch Interferenz der beiden Spalte

Ein Minimum der Intensität findet man für solche Orte, wo der Gangunterschied \Delta s von den Spaltmitten aus ein ungerades Vielfaches der halben Wellenlänge beträgt, also \Delta s=\left(\pm {\tfrac {1}{2}},\,\pm {\tfrac {3}{2}},\,\pm {\tfrac {5}{2}},\,\dots \right)\cdot \lambda . Dann sind die beiden Teilwellen gegenphasig und löschen sich aus. Das gilt auch für den Fall, dass die Breite der Spaltöffnungen nicht klein gegenüber der Wellenlänge ist. Dann variiert zwar s merklich mit der Lage des Punktes innerhalb der Spaltbreite, aber zu jedem Punkt in dem einen Spalt gibt es im Abstand a einen Punkt im anderen Spalt, von dem aus die Welle gegenphasig ankommt.

Maxima befinden sich etwa mittig zwischen den Minimumstellen, wo mit \Delta s=\left(0,\,\pm 1,\,\pm 2,\,\dots \pm n\right)\cdot \lambda konstruktive Interferenz gegeben ist. Für höhere Beugungsordnungen n nehmen die Maximalintensitäten ab, denn die konstruktive Interferenz gilt zwar paarweise für Punkte in beiden Spalten, aber nicht für die Variation der Punktposition innerhalb des Spaltes (s.u.).

Für den Zusammenhang zwischen dem Gangunterschied \Delta s und der Position x auf dem Schirm liest man aus der Zeichnung ab:

\arcsin {\frac {\Delta s}{a}}=\arctan {\frac {x}{d}}

also für kleine Winkel ungefähr

{\frac {\Delta s}{a}}={\frac {x}{d}}\,.

Damit beträgt die Periode des Streifenmusters \lambda \cdot {\frac {d}{a}}, wenn der Schirmabstand groß gegenüber dem Spaltabstand ist.

Das Interferenzmuster

Intensitätsverteilung hinter einem Doppelspalt (rot). Die Einhüllende (grau) ist das Beugungsbild eines der beiden Einzelspalte.

Allerdings hat bereits jeder der beiden Einzelspalte ein Beugungsmuster, da für bestimmte Winkel \alpha sich die obere und die untere Hälfte des Einzelspalts der Breite b gerade aufheben. Die Intensität des Doppelspaltes ist daher das Produkt zweier Intensitäten: der Beugung am Einzelspalt der Breite b und der von zwei punktförmigen Quellen im Abstand a:

I(\alpha )=I_{0}\left({\frac {\sin \gamma }{\gamma }}\right)^{2}\cos ^{2}\delta

wobei \gamma ={\frac {k}{2}}b\sin \alpha der Phasenunterschied der Wellen vom oberen bzw. unterem Rand je eines Spaltes ist, und \delta ={\frac {k}{2}}a\sin \alpha der Phasenunterschied zwischen den beiden Teilwellen aus beiden Spalten.

Dabei ist \alpha der Beobachtungswinkel, b die Spaltbreite, a der Spaltabstand, k=2\pi /\lambda die Wellenzahl.

Einfluss von Spaltgeometrie und Wellenlänge

Setzt man die Ausdrücke für \gamma und \delta in die Gleichung des Interferenzmusters ein, so werden die Einflüsse von Spaltgeometrie und Wellenlänge des einfallenden Lichtes auf das Aussehen des Interferenzmusters deutlich:

I(\alpha )=I_{0}\cdot \left({\frac {\sin \left({\frac {k}{2}}b\sin \alpha \right)}{{\frac {k}{2}}b\sin \alpha }}\right)^{\!2}\cdot \cos ^{2}\left({\frac {k}{2}}a\sin \alpha \right)

mit {\displaystyle k=2\pi /\lambda }.

→ Je breiter der Spalt, desto enger wird die Hüllkurve
→ Je größer der Spaltabstand, desto enger liegen die Extrema des Doppelspalts beieinander
→ Je größer die Wellenlänge, desto breiter werden Hüllkurve und die Interferenzabstände des Doppelspalts

Berechnung mit Fourier-Optik

Das Interferogramm einer Spaltkonstellation lässt sich auch mit Hilfe der Fourier-Optik berechnen. Dabei wird ausgenutzt, dass im Falle der Fraunhofer-Beugung das Beugungsmuster der Fouriertransformierten der Autokorrelation der Blendenfunktion entspricht. Der Vorteil dieses Ansatzes ist, dass sich auch das Beugungsbild komplizierterer Mehrfachspalte und Gitter schnell berechnen lässt. Wesentlich ist dabei die Ausnutzung des Faltungstheorems.

Das Koordinatensystem wird so gelegt, dass die zwei Einzelspalte einen Abstand a haben und symmetrisch zum Schnitt der Koordinatenachsen liegen. Die Blendenfunktion der zwei identischen Spalte mit Breite b im Ortsraum lautet

{\displaystyle (\delta (x+a/2)+\delta (x-a/2))*\operatorname {rect} _{b}(x)}

wobei * den Faltungsoperator und \operatorname {rect} _{b}(x) die Rechteckfunktion bezeichnet.

Die Fouriertransformierte der gegebenen Blendenfunktion ist nach dem Faltungstheorem das Produkt aus der Fouriertransformierten der Rechteckfunktion und der Fouriertransformierten der zwei Delta-Distributionen.

{\mathcal {F}}[\operatorname {rect} _{b}(x)](k_{x})=b\cdot \operatorname {si} \left({\frac {b}{2}}k_{x}\right)=b{\frac {\sin \left({\frac {k_{x}}{2}}b\right)}{{\frac {k_{x}}{2}}b}}={\frac {\sin \left({\frac {k_{x}}{2}}b\right)}{\frac {k_{x}}{2}}}
{\mathcal {F}}[\delta (x\pm d)](k_{x})=\cos(a\cdot k_{x}/2)

Daraus folgt für die Intensität am Schirm ein Cosinus mit einer Sinc-Funktion als Einhüllende. Die Funktion weist die charakteristischen N-1=1 Nebenmaxima eines N=2-fach-Spaltes auf (siehe auch Optisches Gitter).

I(k)=I_{0}\left({\frac {\sin \left({\frac {k_{x}}{2}}b\right)}{{\frac {k_{x}}{2}}b}}\cdot \cos({\frac {k_{x}}{2}}a)\right)^{2}

Mit I_{0} als Intensitätskonstante.

Für k_{x}=k\cdot \sin \alpha folgt die oben bereits gezeigte Beziehung für I(\alpha ).

Literatur

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 12.06. 2022