Magnetisches Dipolmoment

Physikalische Größe
Name Magnetisches Dipolmoment
Formelzeichen {\vec  m},{\vec  \mu }
Größen- und
Einheitensystem
Einheit Dimension
SI A·m2 I·L2
Gauß (cgs) erg/Gs=abA·cm2 L5/2·M1/2·T−1
esE (cgs) statA·cm2 L3/2·M1/2·T−2

Das magnetische Dipolmoment (oder magnetische Moment) \vec{m} ist in der Physik ein Maß für die Stärke eines magnetischen Dipols und analog dem elektrischen Dipolmoment definiert.

Auf einen magnetischen Dipol wirkt in einem externen Flussdichte {\vec {B}} ein Drehmoment

{\vec  D}_{{{\vec  m}}}={\vec  m}\times {\vec  B}\,, [Anm 1]

durch das er in die Feldrichtung gedreht wird (\times : Kreuzprodukt). Seine potentielle Energie ist daher abhängig vom Einstellwinkel \theta zwischen Feldrichtung und magnetischem Moment:

E_{{{\text{pot}}}}=-{\vec  m}\cdot {\vec  B}\equiv -m\,B\cos \theta .

Wichtige Beispiele sind die Kompassnadel und der Elektromotor.

Die Maßeinheit des magnetischen Moments im Internationalen Einheitensystem (SI) ist A·m2. Oft wird das Produkt aus \vec{m} und der magnetischen Feldkonstante \mu _{0} verwendet[Anm 1]; dieses hat die SI-Einheit T·m3.

Zustandekommen

Die Stromdichteverteilung {\vec  {\jmath }}\,({\vec  r}) hat ein magnetisches Moment
{\displaystyle {\vec {m}}={\frac {1}{2}}\int \limits _{\mathbb {R} ^{3}}\mathrm {d} ^{3}r\left[{\vec {r}}\times {\vec {\jmath }}\,({\vec {r}})\right].}
Für eine ebene Stromschleife ergibt sich daraus
{\displaystyle m=I\cdot A}
wobei A die vom Strom I umflossene Fläche ist.
Dies ist in der Elektrotechnik Grundlage für z.B. Generatoren, Motoren und Elektromagneten.
{\vec  {m}}=\gamma {\vec  {s}}.
\gamma wird gyromagnetisches Verhältnis genannt. Beispiele sind Elektronen, die durch die Parallelstellung ihrer magnetischen Momente den Ferromagnetismus der Elemente der Eisengruppe und der Seltenen Erden hervorrufen. Ferromagnetische Materialien werden als Dauermagneten oder als Eisenkerne in Elektromagneten und Transformatoren verwendet.

Beispiele

Ebene Leiterschleife

Für eine geschlossene Leiterschleife gilt

\int {\vec  {\jmath }}\,({\vec  {r}})\;{\mathrm  {d}}^{3}r=\int I\;{\mathrm  {d}}{\vec  {r}}.

Dabei bezeichnet

Magnetisches Dipolmoment einer stromumflossenen Fläche

Damit folgt für das magnetische Dipolmoment:

{\vec  {m}}={\frac  {I}{2}}\int _{C}({\vec  {r}}\times {\mathrm  {d}}{\vec  {r}})=I\cdot {\vec  {A}}=I\cdot A\cdot {\vec  {n}}_{A}

mit dem Normalenvektor {\vec  {n}}_{A} auf der ebenen Fläche A. Der Vektor {\displaystyle {\vec {n}}_{A}} ist dabei so orientiert, dass er bei gegen dem Uhrzeigersinn fließendem Strom nach oben zeigt.

Stromdurchflossene lange Spule

Das magnetische Moment einer stromdurchflossenen Spule ist das Produkt aus Windungszahl n, Stromstärke I und Fläche A:

{\vec  {m}}=n\cdot I\cdot {\vec  {A}}.

Darin ist {\vec  {A}}={\vec  {n}}_{A}A der zur Fläche A gehörende Vektor.

Siehe auch: magnetischer Verkettungsfluss

Geladenes Teilchen auf einer Kreisbahn

Klassisch

Ist der Kreisstrom dadurch verursacht, dass ein Teilchen mit der Masse M und der Ladung Q auf einer Kreisbahn (Radius r, Umlaufperiode T) kreist, ergibt diese Formel

{\vec  {m}}=IA\;{\vec  {n}}_{A}={\frac  {Q}{T}}\cdot \pi r^{2}\;{\vec  {n}}_{A}\equiv {\frac  {Q}{2M}}{\vec  L}\quad .

Das magnetische Moment ist also fest mit dem Drehimpuls

{\vec  {L}}=\omega Mr^{2}\;{\vec  {n}}_{A}

verknüpft. Der konstante Faktor \gamma ={\tfrac  {Q}{2M}} ist das gyromagnetische Verhältnis für bewegte Ladung auf der Kreisbahn. (Bei der Umrechnung wird die Winkelgeschwindigkeit \omega ={\tfrac  {2\pi }{T}} benutzt.)

Quantenmechanisch

Die klassische Formel spielt in der Atom- und Kernphysik eine große Rolle, denn sie gilt auch in der Quantenmechanik, und ein wohlbestimmter Drehimpuls gehört zu jedem Energieniveau eines einzelnen Atoms oder Kerns. Da der Drehimpuls der räumlichen Bewegung (Bahndrehimpuls, im Unterschied zum Spin) nur ganzzahlige Vielfache der Konstanten \hbar (Plancksches Wirkungsquantum) betragen kann[Anm 2], hat auch das magnetische Bahnmoment eine als Magneton bezeichnete kleinste „Einheit“:

\mu ={\frac  {Q\hbar }{2M}}\quad .

Wird für Q die Elementarladung e eingesetzt, ergibt sich für das Elektron das Bohr’sche Magneton {\displaystyle \mu _{\mathrm {B} }={\tfrac {e\hbar }{2m_{\mathrm {e} }}}}, für das Proton das Kernmagneton {\displaystyle \mu _{\mathrm {K} }={\tfrac {e\hbar }{2m_{\mathrm {p} }}}}. Da die Protonenmasse {\displaystyle m_{\mathrm {p} }} knapp 2000-mal größer ist als die Elektronenmasse m_{{\mathrm  e}}, ist das Kernmagneton um denselben Faktor kleiner als das Bohr’sche Magneton.

Das magnetische Moment von Teilchen und Kernen

Teilchen und Atomkerne mit einem Spin {\vec {s}} besitzen ein magnetisches Spinmoment {\vec  {\mu }}_{s}, das zu ihrem Spin parallel (oder antiparallel) ist, aber im Verhältnis zum Spin eine andere Größe hat, als wenn es von einem gleich großen Bahndrehimpuls herrührte. Dies wird durch den anomalen Landé-Faktor des Spins g_{s}{\mathord  {\neq }}1 ausgedrückt. Man schreibt für Elektron ({\displaystyle \mathrm {e} ^{-}}) und Positron ({\displaystyle \mathrm {e} ^{+}})

{\displaystyle {\vec {\mu }}_{s}=g_{e}\,\mu _{\mathrm {B} }\,{\frac {\vec {s}}{\hbar }}} mit dem Bohr’schen Magneton {\displaystyle \mu _{\mathrm {B} }},

für Proton (p) und Neutron (n)

{\displaystyle {\vec {\mu }}_{s}=g_{p,n}\,\mu _{\mathrm {K} }\,{\frac {\vec {s}}{\hbar }}} mit dem Kernmagneton {\displaystyle \mu _{\mathrm {K} }},

und entsprechend für andere Teilchen. Die Dipolmomente der Atomkerne und ihre Auswirkungen wie die Hyperfeinstruktur sind im Vergleich zur auf Elektron-Dipolmomenten beruhenden Feinstrukturaufspaltung sehr schwach und schwer zu beobachten.

Für das Myon wird im Magneton statt der Masse des Elektrons die des Myons eingesetzt, für die Quarks ihre jeweilige Konstituentenmasse und drittelzahlige elektrische Ladung.

Liegt das magnetische Moment antiparallel zum Spin, ist der g-Faktor negativ. Allerdings wird diese Vorzeichenkonvention nicht durchgängig angewendet, so dass häufig der g-Faktor z.B. des Elektrons als positiv angegeben ist.[Anm 3]

Teilchen Spin-g-Faktor
Elektron e^{-} {\displaystyle -2{,}002\,319\,304\,362\,56(35)}
Myon \mu ^{-} -2{,}002\,331\,8418(13)
Proton p {\displaystyle +5{,}585\,694\,6893(16)}
Neutron n -3{,}826\,085\,45(90)

Die eingeklammerten Ziffern geben die geschätzte Standardabweichung an.

Nach der Dirac-Theorie ist der Landé-Faktor der fundamentalen Fermionen exakt g_{s}{\mathord  =}\pm 2, quantenelektrodynamisch wird ein Wert von etwa g_{s}{\mathord  =}\pm 2{,}0023 vorhergesagt. Präzise Messungen an Elektron bzw. Positron sowie am Myon stimmen damit hervorragend überein, einschließlich der vorhergesagten kleinen Differenz zwischen Elektron und Myon, und bestätigen so die Dirac-Theorie und die Quantenelektrodynamik. Die stark abweichenden g-Faktoren für die Nukleonen sind, allerdings mit Abweichungen im Prozentbereich, durch ihren Aufbau aus jeweils drei Konstituentenquarks zu erklären.

Weisen die Teilchen (z.B. Elektronen, die an einen Atomkern gebunden sind) zusätzlich einen Bahndrehimpuls auf, so ist das magnetische Moment die Summe aus {\vec  {\mu }}_{s}, dem oben betrachteten magnetischen Moment des Spins, und {\vec  {\mu }}_{\ell }, demjenigen des Bahndrehimpulses:

{\vec  {\mu }}={\vec  {\mu }}_{s}+{\vec  {\mu }}_{\ell }.

Magnetisches Feld eines magnetischen Dipols

Ein magnetischer Dipol \vec{m} am Koordinatenursprung führt am Ort {\vec {r}} zu einer magnetischen Flussdichte

{\vec  {B}}({\vec  {r}})\,=\,{\frac  {\mu _{0}}{4\pi }}\,{\frac  {3{\vec  {r}}({\vec  {m}}\cdot {\vec  {r}})-{\vec  {m}}r^{2}}{r^{5}}}.

Darin ist \mu _{0} die magnetische Feldkonstante. Außer am Ursprung, wo das Feld divergiert, verschwindet überall sowohl die Rotation als auch die Divergenz dieses Feldes. Das zugehörige Vektorpotential ergibt sich zu

{\vec  {A}}({\vec  {r}})\,=\,{\frac  {\mu _{0}}{4\pi }}\,{\frac  {{\vec  {m}}\times {\vec  {r}}}{r^{3}}},

wobei {\vec  {B}}=\nabla \times {\vec  {A}} ist. Mit der magnetischen Feldstärke {\displaystyle {\vec {H}}=-\nabla \psi } beträgt das magnetische Skalarpotential

{\displaystyle \psi ({\vec {r}})\,=\,{\frac {1}{4\pi }}\,{\frac {{\vec {m}}\cdot {\vec {r}}}{r^{3}}}}.

Kraft- und Momentwirkung zwischen magnetischen Dipolen

Kraftwirkung zwischen zwei Dipolen

Die Kraft, die von Dipol 1 auf Dipol 2 ausgeübt wird, ist

{\vec  {F}}=\nabla \left({\vec  {m}}_{2}\cdot {\vec  {B}}_{1}\right)

Es ergibt sich

{\displaystyle {\vec {F}}({\vec {r}},{\vec {m}}_{1},{\vec {m}}_{2})={\frac {3\mu _{0}}{4\pi r^{4}}}\left[{\vec {m}}_{2}({\vec {m}}_{1}\cdot {\vec {r}}_{n})+{\vec {m}}_{1}({\vec {m}}_{2}\cdot {\vec {r}}_{n})+{\vec {r}}_{n}({\vec {m}}_{1}\cdot {\vec {m}}_{2})-5{\vec {r}}_{n}({\vec {m}}_{1}\cdot {\vec {r}}_{n})({\vec {m}}_{2}\cdot {\vec {r}}_{n})\right],}

worin {\vec  {r}}_{n} der Einheitsvektor ist, der von Dipol 1 zu Dipol 2 zeigt und r der Abstand zwischen den beiden Magneten ist. Die Kraft auf Dipol 1 ist reziprok.

Drehmomentwirkung zwischen zwei Dipolen

Das Drehmoment, das von Dipol 1 auf Dipol 2 ausgeübt wird, ist

{\vec  {M}}={\vec  {m}}_{2}\times {\vec  {B}}_{1}

worin {\vec  {B}}_{1} das von Dipol 1 erzeugte Feld am Ort von Dipol 2 ist (s.o.). Das Drehmoment auf Dipol 1 ist reziprok.

In Anwesenheit mehrerer Dipole können die Kräfte oder Momente überlagert werden. Da weichmagnetische Werkstoffe einen feldabhängigen Dipol ausbilden, sind diese Gleichungen nicht anwendbar.

Literatur

Anmerkungen

  1. a b In älteren Büchern, z.B. W. Döring, Einführung in die Theoretische Physik, Sammlung Göschen, Band II (Elektrodynamik), wird als magnetisches Moment das \mu _{0}-fache des hier angegebenen Wertes definiert. Dann heißt es z.B. {\vec  D}_{{{\vec  m}}}={\vec  m}\times {\vec  H} und {\vec  m} ist definiert nicht als Magnetisierung durch Volumen, sondern als magnetische Polarisation {\vec  J}\,\,(=\mu _{0}{\vec  M}) durch Volumen. In Materie ist ja allgemein {\vec  B}=\mu _{0}\cdot {\vec  H}+{\vec  J} und {\vec  m}\times {\vec  J}\equiv 0 (wegen {\vec  M}\times \mu _{0}\,{\vec  M}\equiv 0\,.) Alte und neue Definition sind daher voll äquivalent. Die offizielle Einigung auf die neue CODATA-Definition geschah 2010.
  2. Genauer: das gilt für die Komponente des Drehimpulsvektors längs einer Achse.
  3. Praktisch wichtig ist das Vorzeichen nur dann, wenn es um den Drehsinn der Larmorpräzession oder das Vorzeichen der paramagnetischen Spinpolarisation geht. Dementsprechend werden die Vorzeichen in der Literatur nicht ganz einheitlich gehandhabt.
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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 05.01. 2022