Distickstoffmonoxid

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
03 – Brandfördernd 04 – Gasflasche
Gefahr
H- und P-Sätze H:
  • Kann Brand verursachen oder verstärken; Oxidationsmittel.
  • Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung explodieren.
P:
  • Druckminderer frei von Fett und Öl halten.
  • Von Kleidung /…/ brennbaren Materialien fernhalten/entfernt aufbewahren. (Die vom Gesetzgeber offen gelassene Einfügung ist vom Inverkehrbringer zu ergänzen)
  • Bei Brand: Undichtigkeit beseitigen, wenn gefahrlos möglich.
  • An einem gut belüfteten Ort aufbewahren.
EU-Gefahrstoffkennzeichnung
Brandfördernd
Brand-
fördernd
(O)
R- und S-Sätze R: Feuergefahr bei Berührung mit brennbaren Stoffen.
S:
  • Behälter an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren.
  • Von brennbaren Stoffen fernhalten.
MAK
  • DFG: 180 mg/m3
  • Schweiz: 100 ml/m3 bzw. 182 mg/m3
Treibhauspotential 298 (bezogen auf 100 Jahre)

Distickstoffmonoxid, allgemein bekannt unter dem Trivialnamen Lachgas, ist ein farbloses Gas aus der Gruppe der Stickoxide. Die chemische Summenformel für das Gas ist N2O. In älterer Literatur wird Distickstoffoxid auch als Stickoxydul beziehungsweise Stickoxidul bezeichnet.

Geschichte

Lachgas wurde erstmals 1772 von dem englischen Chemiker Joseph Priestley (1733–1804) synthetisiert. Die Entdeckung der psychoaktiven und insbesondere schmerzstillenden Wirkung geht zurück auf den englischen Chemiker Humphry Davy (1778–1829), der ab dem Jahr 1797 begann, mit Selbstversuchen die psychoaktiven Effekte des Lachgas zu erforschen.

Der erste Zahnarzt, der Lachgas als Narkosemittel verwendete, war Horace Wells in Hartford (Connecticut). Er setzte es ab 1844 für Zahnextraktionen und Dentalbehandlungen ein, nachdem er dessen schmerzstillende Wirkung zufällig bei einer Vergnügungsanwendung beobachtet hatte, wie sie zu seiner Zeit auf Jahrmärkten üblich war. Seit dem Jahre 1868 wird Lachgas als Anästhetikum zur Durchführung klinischer Operationen eingesetzt.

Namensherkunft

Für die Herkunft des Namens Lachgas gibt es unterschiedliche Vermutungen. Eine der Vermutungen besteht darin, dass der Name von einer Euphorie herrührt, die beim Einatmen entstehen kann, sodass der Konsument lacht. Weitere Vermutungen sind, dass sich durch Einatmung des Gases Zwerchfellkrämpfe einstellen können, die von Außenstehenden als Lachen interpretiert werden, jedoch nicht euphorischer Natur sind.

Herstellung

Die Herstellung erfolgt durch kontrollierte thermische Zersetzung von chloridfreiem Ammoniumnitrat (NH4NO3) oder durch Erhitzen von einer Mischung aus Ammoniumsulfat und Natriumnitrat. Die Temperatur darf bei beiden Darstellungswegen jedoch nicht höher als 300 °C steigen, da es sonst zu einem explosiven Zerfall von Ammoniumnitrat kommen kann.

\mathrm{NH_4NO_3 \longrightarrow N_2O + 2\ H_2O}

Vorkommen

Lachgas wird vor allen Dingen durch natürliche Prozesse, zum Beispiel durch Nitrifikation, in die Atmosphäre freigesetzt. Vom Menschen wird Lachgas nicht nur durch Verbrennung, sondern auch indirekt durch intensive Landwirtschaft freigesetzt.

Quellen für Distickstoffmonoxid globale Emission
[106 t/a]
natürliche Quellen 6,6–12,2
• Ozeane/Seen 2,0–4,0
• natürliche Böden 4,6–8,2
anthropogene Quellen 1,4–6,5
• Verbrennung von Biomasse 0,2–2,4
• Einsatz von künstlichen Düngern (Böden und Grundwasser) 1,0–3,6
alle Quellen[Anm. 1] 8,9–18,7
  1. Weitere mögliche Quellen sind photochemische Reaktionen in der Stratosphäre und Troposphäre sowie die Bildung von Distickstoffmonoxid durch Katalysatoren.

Stickstoffdünger wird unter bestimmten Bedingungen in Distickstoffmonoxid umgewandelt. Dabei wird normalerweise N2O im Boden enzymatisch abgebaut. Bei dem ablaufenden biochemischen Prozess spielt das kupferhaltige Enzym Distickstoffmonoxid-Reduktase eine wichtige Rolle, da es N2O zu N2 umsetzt. Dieses Enzym ist gegenüber Sauerstoff allerdings hochgradig empfindlich und fällt in der Reaktionskette häufig aus. Das ist der Grund dafür, dass große Mengen an N2O aus gedüngten Ackerflächen freigesetzt werden.

Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass auch Maßnahmen zur Senkung der Stickoxidemissionen aus Verbrennungsprozessen zu einer zum Teil erheblichen Zunahme der Lachgasemissionen führen. Zum Beispiel findet man bei Kraftwerken mit zirkulierender Wirbelschichtfeuerung, die verfahrensbedingt geringe Stickoxidemissionen aufweisen, sehr große Lachgasemissionen. Ähnliches gilt bei Kraftfahrzeugen mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator, über deren Auswirkungen auf das globale N2O-Budget noch Unsicherheit besteht. Da der Anteil der Katalysatorfahrzeuge weltweit weiterhin ansteigen wird, kann in den nächsten Jahren beim Einsatz der heutigen Dreiwegekatalysatoren mit einem deutlichen Anstieg der Kfz-bedingten N2O-Emissionen gerechnet werden.

Strukturformel
Struktur von Distickstoffmonoxid
Allgemeines
Name Distickstoffmonoxid (INN)
Andere Namen
  • Lachgas
  • Stickoxydul
  • Azo-oxid
  • E 942
Summenformel N2O
CAS-Nummer 10024-97-2
PubChem 948
ATC-Code

N01AX13

Kurzbeschreibung farbloses Gas mit süßlichem Geruch
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse Analgetikum
Eigenschaften
Molare Masse 44,01 g/mol
Aggregatzustand gasförmig
Dichte 1,85 kg/m3
Schmelzpunkt −90,8 °C
Siedepunkt −88,5 °C
Dampfdruck 5,06 MPa 20 °C)
Löslichkeit
Dipolmoment 0,16083 D (5,365 · 10−31 C · m)
Brechungsindex 1,000516 (0 °C, 101,325 kPa)

In der chemischen Industrie ist die Adipinsäuresynthese (Polyamid-Vorprodukt) ein Lachgas freisetzender Prozess, der im Treibhausbudget der Unternehmen gelistet wird und auch ein Ziel von Reduktionsanstrengungen ist.

Lachgas kann sich auch, unter bestimmten Bedingungen, an Festkörperoberflächen unter Normalbedingungen bilden. Erstmals wurde dies an einem Salzsee in der Antarktis beobachtet.

Gegenüber all diesen Quellen steht als Senke insbesondere der photochemische Abbau in der Stratosphäre mit etwa 20,5·106 t/a gegenüber.

\mathrm{N_2O + h\nu \longrightarrow N_2 + O}

\mathrm{N_2O + O \longrightarrow N_2 + O_2}

\mathrm{N_2O + O \longrightarrow 2 \ NO}

Die Mengen, die zusätzlich durch Aufnahme in Böden und von aquatischen Mikroorganismen abgebaut werden, sind nicht bekannt.

Eigenschaften

Lachgas ist in kaltem Wasser gut löslich: Bei 0 °C löst sich das Gas im Volumenverhältnis 1 : 1,305 in flüssigem Wasser, bei 25 °C immer noch im Verhältnis 1 : 0,596. Aus neutralen wässrigen Lösungen lässt sich bei tiefen Temperaturen ein kristallines Gashydrat ausscheiden, in dem auf jedes N2O-Molekül 5,75 Wassermoleküle kommen. Unter erhöhtem Druck weist Lachgas sehr gute Löslichkeit in Fetten auf.

Lachgas ist nicht brennbar, kann aber andere Stoffe oxidieren. Daher wirkt es brandfördernd. Kohle, Schwefel und Phosphor brennen in Lachgas wie in Sauerstoff. So kann man die Bildung von Distickstoffmonoxid in einer Probe mit der Glimmspanprobe nachweisen. Um auch andere Stoffe zu oxidieren, benötigt es eine deutlich höhere Temperatur als bei einer Reaktion mit Sauerstoff. Da N2O eine metastabile Verbindung ist, zerfällt es bei ca. 600 °C in seine Elemente:

 \mathrm {2\ N_2O \longrightarrow 2\ N_2 + O_2 + 164{,}20\ kJ}.

N2O ist ein Treibhausgas. Durch sein Absorptionsspektrum trägt es dazu bei, ein sonst zum Weltall hin offenes Strahlungsfenster zu schließen. Mit einer mittleren atmosphärischen Verweilzeit von 114 Jahren und einem relativ hohen molekularen Treibhauspotenzial von 298 (bezieht sich auf einen Betrachtungshorizont von 100 Jahren) ist es ein klimarelevantes Gas. Sein Beitrag zum anthropogenen Treibhauseffekt beträgt heute etwa 6 %. Distickstoffoxid hat mittlerweile die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) als bedeutendste Quelle ozonschädlicher Emissionen des 21. Jahrhunderts abgelöst. Dies wird zum einen auf die Zunahme der anthropogenen N2O-Produktion, u. a. durch die vermehrte Herstellung von Biokraftstoff aus Biomasse und den Einsatz von Kunstdünger, vor allem aber auch auf die drastische Senkung der FCKW-Emissionen zurückgeführt. Letzteres kann als Erfolg des Montreal-Protokolls (über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen) gewertet werden. In diesem völkerrechtlichen Vertrag des Umweltrechts, der seit 1987 den Ausstoß ozonschädigender Stoffe einschränkt, findet Lachgas jedoch keine Erwähnung.

N2O trägt zum Ozonabbau bei: Die UV-induzierte Spaltung von Ozon in ein freies Sauerstoffatom und ein Molekül O2 führt in der unteren Stratosphäre zu einer Reihe von chemischen Prozessen, in denen Methan, Wasserdampf, molekularer Wasserstoff und Stickoxide oxidiert werden. Dabei gehen die Stickoxide vom N2O zunächst in Stickstoffmonoxid NO, dann Stickstoffdioxid NO2 über. Wasser geht über in die Radikale •OH (Hydroxyl-Radikal) und •O2H. Für die Wasserstoffverbindungen endet hier die Oxidationskette, während sie für die Stickstoffverbindungen noch weitergehen kann zum NO3 und N2O5.

Das beim Abbau von Lachgas in der Stratosphäre zum Teil gebildete NO kann Ozon abbauen:

\mathrm{NO + O_3 \longrightarrow \ NO_2 + O_2}

Ein Teil des NO2 kann durch Reaktion mit Sauerstoffatomen NO zurückbilden, so dass in der Summe die Ozonabbaureaktion katalysiert wird.

Lachgas ist als Lebensmittelzusatzstoff unter der Bezeichnung E 942 als Treibgas, beispielsweise für Schlagsahne, zugelassen.

Das Lachgas ist dem annähernd gleichschweren, isoelektronischen Kohlendioxid in seinen physikalischen Eigenschaften wie der Dichte der kondensierten Flüssigkeit oder Schmelz- und Siedepunkt sehr ähnlich.

Thermodynamik

Verwendung

Mobiles System zur Applikation eines N2O-Sauerstoff-Gemisches
Lachgasbehälter an einem Motorrad

Physiologie

Das Gas ist farblos, geruchlos und geschmacklos; teilweise wird über einen leicht süßlichen Geschmack beim Einatmen berichtet. Es wirkt schmerzstillend und schwach narkotisch. Analgetische (schmerzstillende) Effekte treten ab einer Konzentration von etwa 20 Prozent Distickstoffmonoxid in der Atemluft auf. Lachgas oxidiert im Körper Vitamin B12, welches dann als Co-Enzym dem Enzym Methionin-Synthase nicht mehr zur Verfügung steht. So kommt es bei einer Anwendung von Lachgas von über sechs Stunden zu einer Funktionsabnahme der Methionin-Synthase, die für die Produktion vieler wichtiger Eiweißbausteine wichtig ist. Die Wirkung von Lachgas ist nur kurz, bereits nach ungefähr 15 Minuten sind keine Wirkungen mehr wahrnehmbar. Lachgas wird auch heute noch aufgrund der schmerzstillenden Wirkung in der Anästhesie zur Durchführung einer Vollnarkose dem Gasgemisch beigefügt, da es den Verbrauch der inhalativen Anästhetika stark reduziert.

Vor dem Hintergrund alternativer Narkoseverfahren, verbesserter Gerätetechnik (z.B. low-flow-Anästhesie) und erhöhter Vigilanz bezüglich möglicher Umweltbelastungen (Treibhausgas) wird seit einigen Jahren weniger Lachgas in der Anästhesie verwendet. Viele Krankenhäuser sind zwischenzeitlich aus dem Gebrauch von Lachgas ausgestiegen und nutzen in der zentralen Gasversorgung nur noch Druckluft und Sauerstoff. Aus medizinischer Sicht spricht jedoch weiterhin nichts gegen die Verwendung von Lachgas zur Narkose.

Gefahren

Bei der Verwendung von großen Gasflaschen in geschlossenen Räumen besteht Erstickungsgefahr. Lachgas ist brandfördernd. Besondere Gefahren bestehen beim Missbrauch als Droge: Inhaliert man Lachgas pur – z.B. aus abgefüllten Ballons –, können als Folgen Dysphorie, Verwirrtheit, Übelkeit, Kopfschmerzen und Blutdruckabfall auftreten. Bei hohen Mengen kommt es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff (Hypoxämie) in deren Folge Kreislaufstillstand, Hirnschäden und der Tod möglich sind. Falls Lachgas direkt aus dem Gasbehälter eingeatmet wird, kann es zu Erfrierungserscheinungen an Lippen, Kehlkopf und Bronchien aufgrund der Verdunstungskälte des unter Druck verflüssigten Gases kommen. Es besteht eine erhöhte Verletzungsgefahr durch Stürze beim Verlust des Bewusstseins. Der wiederholte Missbrauch von Lachgas kann zu Gesundheitsschäden in Form neurologischer Symptome wie Gangstörungen, Taubheitsgefühlen oder Impotenz führen.

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Basierend auf einem Artikel in Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 24.02. 2024