Hermitesche Matrix
Eine hermitesche Matrix ist in der Mathematik eine komplexe quadratische Matrix, die gleich ihrer adjungierten Matrix ist. Die Einträge einer hermiteschen Matrix oberhalb der Hauptdiagonale ergeben sich demnach durch Spiegelung der Einträge unterhalb der Diagonale und nachfolgender komplexer Konjugation; die Einträge auf der Hauptdiagonale selbst sind alle reell. Hermitesche Matrizen sind nach dem Mathematiker Charles Hermite benannt.
Hermitesche Matrizen weisen eine Reihe besonderer Eigenschaften auf. Die Summe zweier hermitescher Matrizen ist stets wieder hermitesch. Jede komplexe quadratische Matrix lässt sich eindeutig als Summe einer hermiteschen und einer schiefhermiteschen Matrix schreiben. Das Produkt zweier hermitescher Matrizen ist wiederum hermitesch, sofern die beiden Matrizen kommutieren. Eine hermitesche Matrix ist stets normal und selbstadjungiert, sie besitzt nur reelle Eigenwerte und sie ist stets unitär diagonalisierbar Eine wichtige Klasse hermitescher Matrizen sind positiv definite Matrizen, bei denen alle Eigenwerte positiv sind. Eine hermitesche Matrix mit reellen Einträgen ist symmetrisch.
In der linearen Algebra werden hermitesche Matrizen zur Beschreibung hermitescher Sesquilinearformen verwendet. Die Darstellungsmatrix einer komplexen selbstadjungierten Abbildung bezüglich einer Orthonormalbasis ist ebenfalls stets hermitesch. Lineare Gleichungssysteme mit hermitescher Koeffizientenmatrix lassen sich effizient und numerisch stabil lösen. Weiterhin werden hermitesche Matrizen bei Orthogonalprojektionen und bei der Polarzerlegung von Matrizen verwendet. Hermitesche Matrizen besitzen Anwendungen unter anderem in der Quantenmechanik.
Definition
Eine komplexe 
quadratische 
Matrix  
heißt hermitesch, wenn für ihre Einträge
für  
gilt. Eine hermitesche Matrix stimmt daher mit ihrer adjungierten Matrix 
 
überein, das heißt, es gilt
- . 
Äquivalent dazu ist eine Matrix genau dann hermitesch, wenn ihre transponierte 
Matrix  
gleich ihrer konjugierten 
Matrix 
 
ist, also
gilt. Eine hermitesche Matrix ist also bis auf komplexe Konjugation aller Einträge spiegelsymmetrisch bezüglich ihrer Hauptdiagonale.
Beispiele
Beispiele für hermitesche Matrizen sind ( 
stellt die imaginäre 
Einheit dar):
- . 
Allgemein haben hermitesche Matrizen der Größe , 
 
und 
 
die Struktur
mit reellen Zahlen auf der Hauptdiagonale.
Algebraische Eigenschaften
Einträge
Die Diagonaleinträge einer hermiteschen Matrix sind aufgrund von
stets reell. Die Matrix aus den Realteilen einer hermiteschen Matrix ist stets symmetrisch, denn
- , 
und die Matrix aus den Imaginärteilen einer hermiteschen Matrix stets schiefsymmetrisch, denn
- . 
Daher wird eine hermitesche Matrix durch
reelle Zahlen eindeutig charakterisiert. Im Vergleich dazu wird eine 
allgemeine komplexe -Matrix 
durch 
 
reelle Zahlen beschrieben, also gerade doppelt so viele.
Summe
Die Summe 
 
zweier hermitescher Matrizen 
 
ist stets wieder hermitesch, denn
- . 
Zudem lässt sich jede komplexe quadratische Matrix  
eindeutig als Summe 
 
einer hermiteschen Matrix 
 
und einer schiefhermiteschen 
Matrix 
 
schreiben, indem
- und 
gewählt werden.
Skalarmultiplikation
Das Produkt 
 
einer hermiteschen Matrix 
 
mit einem Skalar 
 
ist nur wieder hermitesch, wenn 
 
reell ist, denn dann gilt
- . 
Wenn  
rein imaginär ist, dann ist das Produkt 
 
schiefhermitesch. Die hermiteschen Matrizen bilden demnach keinen Untervektorraum im 
-Vektorraum 
der komplexen quadratischen Matrizen, sondern lediglich einen Untervektorraum im 
-Vektorraum 
der komplexen quadratischen Matrizen. Dieser Untervektorraum hat die Dimension 
, 
wobei die Standardmatrizen 
, 
, 
 
und 
, 
, 
darin eine Basis 
bilden. Im Raum der hermiteschen Matrizen bilden wiederum die reellen 
symmetrischen Matrizen einen Untervektorraum.
Produkt
Das Produkt 
 
zweier hermitescher Matrizen 
 
ist im Allgemeinen nicht wieder hermitesch. Das Produkt hermitescher Matrizen 
ist genau dann hermitesch, wenn 
 
und 
 
kommutieren, 
also wenn 
 
gilt, denn dann ergibt sich
- . 
Insbesondere sind damit für eine hermitesche Matrix  
auch alle ihre Potenzen 
 
mit 
 
und daher auch ihr Matrixexponential 
 
wieder hermitesch. Für eine beliebige komplexe Matrix 
 
sind sowohl die 
-Matrix 
 
als auch die 
-Matrix 
 
stets hermitesch.
Normalität
Eine hermitesche Matrix  
ist stets normal, 
denn es gilt
- . 
Jede hermitesche Matrix kommutiert also mit ihrer Adjungierten. Es gibt allerdings auch normale Matrizen, die nicht hermitesch sind, beispielsweise schiefhermitesche Matrizen.
Kongruenz
Jede komplexe Matrix , 
die kongruent 
zu einer hermiteschen Matrix 
 
ist, ist ebenfalls hermitesch, denn es gilt
- , 
wobei  
die zugehörige Transformationsmatrix ist. Matrizen, die ähnlich zu 
einer hermiteschen Matrix sind, müssen jedoch nicht notwendigerweise ebenfalls 
hermitesch sein.
Inverse
Ist eine hermitesche Matrix  
invertierbar, 
dann ist auch ihre Inverse 
 
wieder hermitesch, denn es gilt
- . 
Für eine reguläre hermitesche Matrix  
sind demnach auch alle Potenzen 
 
mit 
 
wieder hermitesch.
Spektrale Eigenschaften
Selbstadjungiertheit
Eine hermitesche Matrix  
ist stets selbstadjungiert, 
denn es gilt mit dem komplexen Standardskalarprodukt 
für alle Vektoren . 
Es gilt auch die Umkehrung und jede komplexe selbstadjungierte Matrix ist 
hermitesch.
Eigenwerte
Die Eigenwerte 
einer hermiteschen Matrix , 
das heißt die Lösungen der Eigenwertgleichung 
, 
sind stets reell. Ist nämlich 
 
ein komplexer Eigenwert von 
 
mit zugehörigem Eigenvektor 
, 
, 
dann gilt mit der Selbstadjungiertheit von 
- . 
Nachdem  
für 
 
ist, muss 
 
gelten und der Eigenwert 
 
damit reell sein.
Vielfachheiten
Bei jeder hermiteschen Matrix  
stimmen die algebraischen 
und die geometrischen 
Vielfachheiten aller Eigenwerte überein. Ist nämlich 
 
ein Eigenwert von 
 
mit geometrischer Vielfachheit 
, 
dann existiert eine Orthonormalbasis 
 
des Eigenraums von 
, 
welche durch 
 
zu einer Orthonormalbasis des Gesamtraums 
ergänzt 
werden kann. Mit der unitären 
Basistransformationsmatrix 
 
ergibt sich damit die transformierte Matrix
als Blockdiagonalmatrix 
mit den Blöcken  
und 
. 
Für die Einträge 
 
von 
 
mit 
 
gilt nämlich mit der Selbstadjungiertheit von 
 
und der Orthonormalität der Basisvektoren 
- , 
wobei  
das Kronecker-Delta 
darstellt. Da 
 
nach Voraussetzung keine Eigenvektoren zum Eigenwert 
 
von 
 
sind, kann 
 
kein Eigenwert von 
 
sein. Die Matrix 
 
besitzt daher nach der Determinantenformel 
für Blockmatrizen den Eigenwert 
 
genau mit algebraischer Vielfachheit 
 
und aufgrund der Ähnlichkeit 
der beiden Matrizen damit auch 
.
Diagonalisierbarkeit
Nachdem bei einer hermiteschen Matrix  
algebraische und geometrische Vielfachheiten aller Eigenwerte übereinstimmen und 
da Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten stets linear 
unabhängig sind, kann aus Eigenvektoren von 
 
eine Basis 
des 
 
gebildet werden. Daher ist eine hermitesche Matrix stets diagonalisierbar, das 
heißt, es gibt eine reguläre 
Matrix 
 
und eine Diagonalmatrix 
 
(sogar 
), 
sodass
gilt. Die Matrix  
hat dabei die Eigenvektoren 
 
als Spalten und die Matrix 
 
hat die zu diesen Eigenvektoren jeweils zugehörigen Eigenwerte 
 
auf der Diagonalen. 
Durch eine Permutation 
der Eigenvektoren kann dabei die Reihenfolge der Diagonaleinträge von 
 
beliebig gewählt werden. Daher sind zwei hermitesche Matrizen genau dann 
zueinander ähnlich, wenn sie die gleichen Eigenwerte besitzen. Weiterhin sind 
zwei hermitesche Matrizen genau dann simultan 
diagonalisierbar, wenn sie kommutieren.
Unitäre Diagonalisierbarkeit
Die Eigenvektoren  
zu zwei verschiedenen Eigenwerten 
 
einer hermiteschen Matrix 
 
sind stets orthogonal. 
Es gilt nämlich wiederum mit der Selbstadjungiertheit von 
- . 
Da  
und 
 
als verschieden angenommen wurden folgt daraus dann 
. 
Daher kann aus Eigenvektoren von 
 
eine Orthonormalbasis des 
 
gebildet werden. Damit ist eine hermitesche Matrix sogar unitär 
diagonalisierbar, das heißt, es gibt eine unitäre Matrix 
, 
mit der
gilt. Diese Darstellung bildet die Grundlage für die Hauptachsentransformation und ist die einfachste Version des Spektralsatzes.
Kenngrößen
Aufgrund der Diagonalisierbarkeit einer hermiteschen Matrix 
     
gilt für ihre Spur
und für ihre Determinante entsprechend
- . 
Spur und Determinante einer hermiteschen Matrix sind demnach stets reell. Der Rang einer hermiteschen Matrix ist gleich der Anzahl der Eigenwerte ungleich Null, also mit dem Kronecker-Delta
- . 
Eine hermitesche Matrix ist genau dann invertierbar wenn keiner ihrer Eigenwerte Null ist. Die Spektralnorm einer hermiteschen Matrix ist
und damit gleich dem Spektralradius der Matrix. Die Frobeniusnorm ergibt sich aufgrund der Normalität entsprechend zu
- . 
Abschätzungen
Nach dem Satz 
von Courant-Fischer liefert der Rayleigh-Quotient 
Abschätzungen für den kleinsten und den größten Eigenwert einer hermiteschen 
Matrix  
der Form
für alle  
mit 
. 
Gleichheit gilt dabei jeweils genau dann, wenn 
 
ein Eigenvektor zum jeweiligen Eigenwert ist. Der kleinste und der größte 
Eigenwert einer hermiteschen Matrix kann demnach durch Minimierung 
beziehungsweise Maximierung des Rayleigh-Quotienten ermittelt werden. Eine 
weitere Möglichkeit zur Eigenwertabschätzung bieten die Gerschgorin-Kreise, 
die für hermitesche Matrizen die Form von Intervallen 
haben.
Definitheit
Ist  
eine hermitesche Matrix, dann wird der Ausdruck
mit  
quadratische 
Form von 
 
genannt. Je nachdem ob 
 
größer als, größer gleich, kleiner als oder kleiner gleich null für alle 
 
ist, heißt die Matrix 
 
positiv definit, positiv semidefinit, negativ definit oder negativ semidefinit. 
Kann 
 
sowohl positive, als auch negative Vorzeichen annehmen, so heißt 
 
indefinit. Die Definitheit einer hermiteschen Matrix kann anhand der Vorzeichen ihrer 
Eigenwerte ermittelt werden. Sind alle Eigenwerte positiv, ist die Matrix 
positiv definit, sind sie alle negativ, ist die Matrix negativ definit und so 
weiter. Das Tripel bestehend aus den Anzahlen 
der positiven, negativen und Null-Eigenwerte einer hermiteschen Matrix wird Signatur 
der Matrix genannt. Nach dem Trägheitssatz 
von Sylvester bleibt die Signatur einer hermiteschen Matrix unter 
Kongruenztransformationen 
erhalten.
Verwendung
Hermitesche Sesquilinearformen
Ist  
ein 
-dimensionaler 
komplexer Vektorraum, dann lässt sich 
jede Sesquilinearform 
 
nach Wahl einer Basis 
 
für 
 
durch die Darstellungsmatrix
beschreiben. Ist die Sesquilinearform hermitesch, 
gilt also  
für alle 
, 
dann ist auch die Darstellungsmatrix 
 
hermitesch. Umgekehrt definiert jede hermitesche Matrix 
 
mittels
eine hermitesche Sesquilinearform . 
Ist eine hermitesche Matrix 
 
zudem positiv definit, dann stellt 
 
ein Skalarprodukt im unitären 
Raum 
 
dar.
Selbstadjungierte Abbildungen
Ist  
ein 
-dimensionaler 
komplexer Skalarproduktraum, 
dann lässt sich jede lineare 
Abbildung 
 
nach Wahl einer Orthonormalbasis 
 
für 
 
durch die Abbildungsmatrix
darstellen, wobei  
für 
 
ist. Die Abbildungsmatrix 
 
ist nun genau dann hermitesch, wenn die Abbildung 
 
selbstadjungiert 
ist. Dies folgt aus
- , 
wobei  
und 
 
sind.
Projektionen und Spiegelungen
Ist wieder 
ein 
-dimensionaler 
komplexer Skalarproduktraum und ist 
 
ein 
-dimensionaler 
Untervektorraum von 
, 
wobei 
 
die Koordinatenvektoren einer Orthonormalbasis für 
 
sind, dann ist die Orthogonalprojektionsmatrix 
auf diesen Untervektorraum
als Summe hermitescher Rang-Eins-Matrizen ebenfalls hermitesch. Auch die 
Orthogonalprojektionsmatrix auf den Komplementärraum 
 
ist aufgrund der Darstellung 
 
stets hermitesch. Mit Hilfe der Projektionsmatrizen 
 
und 
 
lässt sich jeder Vektor 
 
in zueinander orthogonale Vektoren 
 
und 
 
zerlegen. Auch die Spiegelungsmatrix 
 
an einem Untervektorraum 
 
ist stets hermitesch.
Lineare Gleichungssysteme
Das Auffinden der Lösung eines linearen 
Gleichungssystems  
mit hermitescher Koeffizientenmatrix 
 
vereinfacht sich, wenn man die Hermitizität der Koeffizientenmatrix ausnutzt. 
Auf Grund der Hermitizität lässt sich die Koeffizientenmatrix 
 
als Produkt
mit einer unteren 
Dreiecksmatrix  
mit lauter Einsen auf der Diagonale und einer Diagonalmatrix 
 
schreiben. Diese Zerlegung wird beispielsweise bei der Cholesky-Zerlegung 
positiv definiter hermitescher Matrizen verwendet, um die Lösung des 
Gleichungssystems zu berechnen. Beispiele moderner Verfahren zur numerischen 
Lösung großer linearer Gleichungssysteme mit dünnbesetzter 
hermitescher Koeffizientenmatrix sind das CG-Verfahren 
und das MINRES-Verfahren.
Polarzerlegung
Jede quadratische Matrix  
kann mittels der Polarzerlegung 
auch als Produkt
einer unitären Matrix  
und einer positiv semidefiniten hermiteschen Matrix 
 
faktorisiert werden. Die Matrix 
 
ergibt sich dabei als die Quadratwurzel 
von 
. 
Ist 
 
regulär, so ist 
 
positiv definit und die Polarzerlegung eindeutig mit 
.
Quantenmechanik
Die in der Quantenmechanik verwendeten Pauli-Matrizen
sind hermitesch und spurfrei. 
Die Pauli-Matrizen werden unter anderem zur Beschreibung von 
Isospin-Symmetrien 
verwendet. Die Gell-Mann-Matrizen 
sind hermitesche -Matrizen, 
die in der Quantenchromodynamik 
eingesetzt werden.
Siehe auch
- Hermitescher Operator, eine Verallgemeinerung hermitescher Matrizen auf unendlichdimensionale Räume
- Selbstadjungierter Operator, eine weitere Verallgemeinerung hermitescher Matrizen auf unendlichdimensionale Räume

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 03.02. 2021