Projektives Tensorprodukt
Das projektive Tensorprodukt ist eine Erweiterung der in der Mathematik betrachteten Tensorprodukte von Vektorräumen auf den Fall, dass zusätzlich Topologien auf den Vektorräumen vorhanden sind. In dieser Situation liegt es nahe, auch auf dem Tensorprodukt der Räume eine Topologie erklären zu wollen. Unter den vielen Möglichkeiten dies zu tun, sind das injektive Tensorprodukt und das hier zu behandelnde projektive Tensorprodukt natürliche Wahlen.
Die Untersuchung des projektiven Tensorproduktes lokalkonvexer Räume geht auf Alexander Grothendieck zurück. Einige Resultate über Banachräume wurden zuvor von Robert Schatten erzielt.
Zunächst wird der leichter zugängliche Fall der normierten Räume und Banachräume besprochen, anschließend wird auf die Verallgemeinerungen in der Theorie der lokalkonvexen Räume eingegangen.
Normierte Räume
Das Tensorprodukt zweier normierter Räume lässt sich wie folgt ebenfalls zu einem normierten Raum machen.
Definition
Seien  
und 
 
normierte Räume.  Die Elemente des Tensorproduktes 
 
können in der Form 
 
geschrieben werden, wobei diese Summendarstellung nicht eindeutig ist. 
 Definiert man 
so erhält man eine Norm 
auf dem Tensorprodukt . 
Diese Norm heißt das projektive Tensorprodukt der Normen 
 und 
. 
 Versieht man 
 
mit dieser Norm, so nennt man 
 
das projektive Tensorprodukt oder auch das 
-Tensorprodukt 
der normierten Räume 
 
und 
 
und schreibt dafür 
. 
Eigenschaften
Sind in der Situation obiger Definition , 
so gilt 
. 
Ist  
eine stetige, bilineare 
Abbildung zwischen normierten Räumen, so induziert diese eine eindeutig 
bestimmte stetige, lineare 
Abbildung 
, 
wobei 
 
für alle 
.
 Für die Operatornorm 
gilt 
. 
Daher ist  
das Tensorprodukt in der Kategorie der 
normierten Räume mit den stetigen linearen Abbildungen als Morphismen im Sinne der Universaldefinition 
des Tensorproduktes. 
Banachräume
Das projektive Tensorprodukt zweier Banachräume  
und 
 
ist in der Regel nicht vollständig, so dass die Bildung des Tensorproduktes aus 
der Kategorie der Banachräume herausführt.  Um in der Kategorie der Banachräume 
zu bleiben, muss man vervollständigen. 
Definition
Man definiert  
als die Vervollständigung 
des normierten Raums 
 
und nennt 
 
das projektive Tensorprodukt in der Kategorie der Banachräume. Diese 
Definition wird besonders durch die nachfolgende universelle Eigenschaft 
motiviert. 
Universelle Eigenschaft
Ist  
eine stetige, bilineare Abbildung zwischen Banachräumen, so gibt es genau eine 
stetige, lineare Abbildung 
 
mit 
 
für alle 
. 
 Für die Operatornorm 
gilt wie im Falle der normierten Räume 
. 
Also ist  
das Tensorprodukt in der Kategorie der 
Banachräume mit den stetigen linearen Abbildungen als Morphismen im Sinne der Universaldefinition 
des Tensorproduktes. 
Darstellung der Elemente
Jedes Element  
hat eine Darstellung 
 
mit 
, 
wobei diese Darstellung als absolut konvergente 
Reihe nicht eindeutig ist. Es gilt die Formel 
Dualräume
Der Dualraum eines projektiven 
Tensorproduktes  
kann mit dem Raum 
 
der stetigen, linearen 
Operatoren von 
 
in den Dualraum von 
 
identifiziert werden. Ist 
 
ein solcher Operator, so ist 
ein -stetiges 
lineares 
Funktional, dessen Norm mit der Operatornorm 
übereinstimmt, es lässt sich also normgleich zu einem stetigen linearen 
Funktional 
 
nach 
 
fortsetzen. Dann kann man zeigen, dass 
 
ein isometrischer Isomorphismus ist. In diesem Sinne ist die Identifikation 
 
zu verstehen. 
Das Tensorprodukt mit L1-Räumen
Es seien  
ein Maßraum und 
 
ein Banachraum.  Sei 
 
der Banachraum aller Äquivalenzklassen 
messbarer 
Funktionen 
 
mit 
, 
wobei zwei messbare Funktionen äquivalent sind, wenn sie 
-fast 
überall übereinstimmen, das heißt, wenn sie höchstens innerhalb einer 
-Nullmenge 
verschiedene Werte annehmen. Nach der universellen Eigenschaft induziert die 
bilineare Abbildung 
, 
eine stetige lineare Abbildung 
. 
 Es gilt nun der Satz, dass diese Abbildung ein isometrischer 
Isomorphismus ist. Das 
schreibt sich kurz und prägnant als  
Banachalgebren
Seien  
und 
 
Banachalgebren. Dann 
setzt sich die Definition 
 
zu einer Multiplikation auf 
 
fort, die 
 
zu einer Banachalgebra macht, das heißt, die Norm 
 
ist submultiplikativ. 
Negative Aussagen
- Eine zu 
analoge Aussage für Räume stetiger Funktionen gilt nicht, dazu muss man das injektive Tensorprodukt heranziehen.
 - Im Allgemeinen ist das projektive Tensorprodukt reflexiver Räume nicht 
  wieder reflexiv. Ist 
der Folgenraum der quadrat-summierbaren Folgen mit den Einheitsvektoren
, so ist der von den Elementen
erzeugte abgeschlossene Unterraum von
isometrisch isomorph zum Folgenraum
der absolut-summierbaren Folgen. Da letzterer nicht reflexiv ist, kann auch
nicht reflexiv sein, obwohl der Hilbertraum
es ist.
 - Sieht man von trivialen Ausnahmen ab, so sind projektive Tensorprodukte von Hilberträumen (C*-Algebren) keine Hilberträume (C*-Algebren), wie durch das Beispiel des vorangegangenen Punktes belegt wird. Es gibt aber ein spezielles Hilbertraum-Tensorprodukt, das auch Ausgangspunkt für Tensorprodukte von C*-Algebren ist.
 
Lokalkonvexe Räume
Die Konstruktion des projektiven Tensorproduktes kann auf den Fall der lokalkonvexen Räume verallgemeinert werden.
Definition
Seien  
und 
 
abgeschlossene, absolutkonvexe 
Nullumgebungen in den lokalkonvexen Vektorräumen 
 
und 
. 
 
sei das Minkowski-Funktional 
der absolutkonvexen 
Hülle von 
. 
 Das projektive Tensorprodukt oder 
-Tensorprodukt 
 
ist der Tensorproduktraum mit dem System der Halbnormen 
, 
wobei 
 
und 
 
die abgeschlossenen, absolutkonvexen Nullumgebungen durchlaufen. 
Bezeichnen  
bzw. 
 
die Minkowski-Funktionale von 
 
bzw. 
, 
so gilt die Formel 
Daher verallgemeinert diese Definition das projektive Tensorprodukt normierter Räume.
Man kann zeigen, dass die so erklärte Topologie die feinste lokalkonvexe 
Topologie auf dem Tensorprodukt ist, die die natürliche bilineare Abbildung  
 
stetig macht. 
Die Vervollständigung von  
wird wie im Falle normierter Räume mit 
 
bezeichnet. 
Stabilitätseigenschaften
Viele Klassen lokalkonvexer Räume sind stabil gegenüber der Bildung des 
projektiven Tensorproduktes.  Gehören  
und 
 
beide zu einer der Klassen 
- normierte Räume
 - nukleare Räume
 - Schwartz-Räume
 - quasinormierbare Räume
 - (DF)-Räume
 - gDF-Räume,
 
so gehören auch  
und 
 
zu dieser Klasse. 
Das projektive Tensorprodukt tonnelierter 
Räume ist im Allgemeinen nicht wieder tonneliert.  Sind aber  
und 
 
metrisierbar und tonneliert, so ist auch 
 
metrisierbar und tonneliert. 
Siehe auch
- Vektorielles Maß: Tensorprodukte von Räumen von Maßen
 


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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 24.11. 2020